Änderung vom Steuerbescheid – was geht, was geht nicht?

Der Steuerbescheid war schon längst da, alles lief so, wie Sie es gewollt hatten. Doch plötzlich landet Monate später wieder ein Schreiben vom Finanzamt in Ihrem Briefkasten. Ein neuer, abgeänderter Steuerbescheid, und das auch noch mit einer saftigen Nachzahlung. Geht das einfach so? Nein, zumindest nicht immer. Wir erklären, wann ein Steuerbescheid bestandskräftig ist, zeigen zwei Beispiele, in denen das Finanzamt mit der Nachzahlung scheiterte und nennen Gründe für eine nachträgliche Änderung des Steuerbescheids.
Wann ist ein Steuerbescheid endgültig?
Ob sich ein Steuerbescheid ändern lässt, hängt zuerst einmal davon ab, ob der Steuerbescheid „endgültig“ ist (im Steuerdeutsch: „bestandskräftig“) oder nicht.
Wenn er es noch nicht ist, lässt er sich jederzeit ändern, ist er hingegen schon bestandskräftig, nur noch unter bestimmten Voraussetzungen.
Steuerbescheide sind bestandskräftig, wenn Sie nicht innerhalb eines Monats nach Erhalt des Steuerbescheids Einspruch eingelegt haben, der Steuerbescheid nicht vorläufig ist und er nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht. Was bedeutet das genau?
- Einspruchsfrist von einem Monat: Nur in diesem Zeitraum können Sie selbst was an Ihrem Steuerbescheid ändern.
- Vorläufigkeit des Steuerbescheids: Das gibt es sehr häufig, der Steuerbescheid bleibt in ausgewählten Punkten offen. Welche das sind, steht in den Erläuterungen zum Steuerbescheid. In der Regel betrifft das Punkte, die noch in Musterverfahren vor Gerichten geklärt werden müssen. Wichtig: Der Steuerbescheid ist nur in diesen Punkten vorläufig, der Rest ist bestandskräftig, wenn die Einspruchsfrist abgelaufen ist.
- Vorbehalt der Nachprüfung: Das betrifft nahezu ausschließlich Selbstständige. Diese müssen immer damit rechnen, dass Finanzbeamte auch Jahre später kommen, um in die „Bücher“ zu gucken und den Steuerbescheid abzuändern. Arbeitnehmer betrifft das wie geschrieben eher nicht.
So scheiterte das Amt mit Nachforderungen
Wir wissen jetzt also, dass es bei bestandskräftigen Steuerbescheiden nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, diese nachträglich zu ändern. Anhand der folgenden zwei Beispiele erhält man schon eine Ahnung, wann es nicht möglich ist.
- Rentnerin soll 140.000 Euro Steuern nachzahlen: Die Geschichte in Kürze. Das Finanzamt hatte entschieden, eine ihrer Renten (90.000 Euro) nur mit dem sogenannten Ertragsanteil von 17 Prozent zu besteuern. Die Frau zog ein paar Jahre später um, das neue Finanzamt änderte erstmals nichts. Fünf Jahre nach dem ersten Bescheid stellte die Beamten dann fest, dass die Rente doch voll hätte besteuert werden müssen. Grund: Die Rente kam vom Sohn, dem die alte Dame ihr Vermögen übertragen hatte. Das Finanzamt forderte für vier Jahre rückwirkend insgesamt 140.000 Euro Steuern nach. Die Rentnerin klagte vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz, mit Erfolg (Az. 5 K 1154/13)!Grund: Das neue Finanzamt hätte den Fall gleich beim ersten Mal gründlich prüfen können und müssen.
- Fehler bei der Datenübertragung: Ein Arbeitnehmer hatte in seiner Steuererklärung den Bruttolohn richtig angegeben. Sein Chef hatte bei der Übertragung dieser Daten jedoch einen Fehler (zugunsten seines Angestellten) gemacht. Das Finanzamt übernahm die falschen Daten des Arbeitgebers und schickte den Steuerbescheid raus. Monate später fiel dann doch noch jemandem im Amt der Fehler auf. Die Folge: abgeänderter Steuerbescheid, mehr Steuern für den Arbeitnehmer! Das Finanzgericht in Niedersachsen entschied: Das war falsch (Az.: 3 V 226/14).Grund: Das Finanzamt hätte schon bei der Bearbeitung des Falls die Abweichung zwischen den richtigen Angaben des Arbeitnehmers und den falschen des Arbeitgebers untersuchen müssen.
Wann darf das Finanzamt nachträglich einen bestandskräftigen Steuerbescheid ändern?
Wir haben an den beiden Beispielen gut sehen können, dass das Finanzamt nicht beliebig Steuerbescheide nachträglich ändern kann. In beiden Fällen hätten die Beamten nur gründlich bei der Bearbeitung des Steuerfalls sein müssen, denn die beiden Steuerzahler hatten nichts verheimlicht, alle Tatsachen lagen sozusagen auf dem Tisch.
Die Abgabenordnung (AO) sieht in §173 dann auch nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen Abänderungsmöglichkeiten vor:
- wenn dem Finanzamt nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekanntwerden, die zu einer höheren Steuer führen,
- wenn Sie dem Finanzamt ebenfalls nachträglich eine neue Tatsache präsentieren können und Sie kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Beweismittel erst jetzt auftauchen.
Einfach zusammengefasst: Das Finanzamt kann gemachte Fehler nicht ausbügeln. Nur wenn es während der Bearbeitung des Steuerfalls von etwas nicht wissen konnte, darf es später einen Steuerbescheid abändern.