Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Lizenzzahlungen

Stand: 2. Mai 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
2 Neuregelung
3 Zeitliche Anwendung
4 Aktuelle Hinweise/Rechtsprechung
5 Verwandte Lexikonartikel

1. Einleitung

Im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (BGBl I 2007, 630) wurden vom Gesetzgeber die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungstatbestände deutlich erweitert und darüber hinaus bestehende Korrespondenzprinzipien aufgehoben. Hiervon betroffen ist auch die gewerbesteuerliche Behandlung der Hinzurechnung von Lizenzzahlungen. Gerade bezogen auf die Lizenzzahlung wurde eine Änderung bzw. Ausweitung für notwendig erachtet, da die bis dato geltende Regelung als lückenhaft angesehen wurde. Dies bedeutet konkret, dass Zahlungen für die Überlassung von Rechten (insbes. Konzessionen und Lizenzen) regelmäßig nicht als Miet- und Pachtzahlungen angesehen werden konnten. Lizenzverträgen, die eine – wenn auch zeitlich befristete – Überlassung von gewerblichen Schutzrechten und von betrieblichen Erfahrungen, Geheimverfahren, ungeschützten Erfindungen, Rezepten u.a. (Know-how) zum Gegenstand hatten, wurden ungeachtet ihrer mannigfachen Erscheinungsformen überwiegend pachtfremde Elemente zugeordnet, so dass sie nicht als Pachtverträge anzusehen sind. Mithin schied eine Hinzurechnung über § 8 GewStG a.F. aus. Hintergrund der neu eingefügten Hinzurechnungsbesteuerung ist aus Sicht des Gesetzgebers die angestrebte Gewerbebesteuerung nach dem sog. objektivierten Gewerbeertrag zu ermöglichen.

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Der gleich lautende Ländererlass vom 2.7.2012, BStBl I 2012, 654, klärt Anwendungsfragen zur Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 GewStG auf. Mit ergänzendem koordinierten Ländererlass vom 6.4.2022, BStBl I 2022, 638 sind einzelne weitere Fragen – z.T. abweichend von dem Erlass vom 2.7.2012 – geklärt worden.

Durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz wird bei der Gewerbesteuer der Freibetrag für die Hinzurechnungstatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG auf 200 000 € erhöht und gilt unbefristet, § 8 Nr. 1 GewStG.

2. Neuregelung

Künftig werden derartige Lizenzzahlungen hingegen von § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG erfasst. Nach dessen Wortlaut werden die Lizenzzahlungen mit einem Viertel der Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten angesetzt. Diese führen sodann i.H.v. 25 % zu einer Erhöhung des Gewerbeertrages, soweit sie mit anderen Hinzurechnungstatbeständen den »Freibetrag« von 100 000 € überschreiten.

Als Rechte i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG gelten subjektive Rechte an immateriellen Wirtschaftsgütern, denen bereits unabhängig vom jeweiligen Überlassungsverhältnis ein eigenständiger Vermögenswert beizumessen ist und an denen eine geschützte Rechtsposition besteht. Demnach gehören insbesondere Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, Urheberrechte, Lizenzrechte und Namensrechte zu den Rechten i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG.

Eine zeitlich befristete Überlassung liegt auch dann vor, wenn bei Abschluss des Vertrages noch ungewiss ist, ob und wann die Überlassung endet (vgl. BFH Urteil vom 7.12.1977, BStBl II 1978, 355).

Beispiel 1:

Die X-GmbH zahlt im VZ 2020 insgesamt Zinsen i.H.v. 250 000 € und Lizenzzahlungen von 20 000 €. Der Ertrag vor Hinzurechnungen und Kürzungen beträgt 100 000 €.

Ausgangsertrag

100 000 €

Schuldzinsen i.S.d. § 8 Nr. 1 GewStG

250 000 €

zzgl. 1/4 der Lizenzzahlungen i.S.d. § 8 Nr. 1f GewStG

5 000 €

Zwischensumme

255 000 €

abzüglich »Freibetrag« gem. § 8 Nr. 1 GewStG

200 000 €

13 750 €

verbleiben (Ansatz zu 1/4)

55 000 €

113 750 €

Ein typischer Fall für die Hinzurechnung wäre beispielsweise gegeben, wenn ein Unternehmer im Rahmen eines Herstellungsprozesses an den Patentinhaber eines patentierten Herstellungsverfahrens eine Zahlung leisten muss.

Ausgenommen von der Berücksichtigung sind indes Konzessionen und Lizenzen, die ausschließlich dazu berechtigen, aus der Konzession oder Lizenz abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen (sog. Vertriebslizenzen oder auch Durchleitungsrechte). Ziel dieser Regelung ist es, dass regelmäßig nur selbst genutzte Recht betroffen sind. Damit verbleibt regelmäßig eine Hinzurechnung, wenn der Berechtigte die Rechte nicht selbst nutzt, sondern an Dritte weiterveräußert. Gleiches gilt für Rechte, die nicht weiterveräußert werden können. Dies gelte wiederum nicht, wenn mit der Weitergabe weitere Dienst- oder Werkleistungen verbunden seien. Da jedoch auch mit der reinen Weitergabe von Rechten oftmals kleinere Dienstleistungen verbunden sind, die wiederum nicht schädlich sein sollen, entsteht quasi ein Graubereich mit (ggf. noch erheblichen) Unsicherheiten in der Praxis.

Nach bislang überwiegender Literaturmeinung soll die zeitlich befristete Überlassung von Know-how nicht der Hinzurechnungsvorschrift des § 8 Nr. 1f GewStG unterfallen. Das Know-how ist demnach vor allem nicht mit den im Gesetz ausdrücklich erwähnten Lizenzen und Konzessionen vergleichbar. Eine Lizenz sei ein spezielles privates Erlaubnis- oder Nutzungsrecht. Eine Konzession sei eine öffentlich-rechtliche Genehmigung. Die Know-how-Entgelte könnten auch nicht unter die anderen Tatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG eingestuft werden. Dagegen vertrat die Finanzverwaltung im Entwurf des BMF-Schreibens zu § 8 Nr. 1 GewStG (vom 20.2.2008, IV B 7 – G – 1422/07/0006, LEXinform 5231297) die Auffassung, dass zu den Rechten i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG auch die Überlassung von Ideen, Know-how, Software, Kundenstamm oder Firmenwert gehören. Obgleich insoweit noch ein gewisses Restrisiko verblieb, konnte aus der Streichung der vorgenannten Überlassungen (Ideen, Know-how, Software, Kundenstamm und Firmenwert) aus der Rz. 33 des endgültigen BMF-Schreibens vom 4.7.2008 geschlossen werden, dass sich die Finanzverwaltung insoweit der bisher überwiegenden Literaturmeinung angeschlossen hat. Bestehende Restzweifel wurden spätestens mit dem Erlass des koordinierten Ländererlasses (vom 2.7.2012, 3 – G-1422/42, LEXinform 5234075, BStBl I 2012, 654) beseitigt. In diesem Schreiben ist nunmehr geregelt, dass Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Software regelmäßig der Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG unterliegen, wenn mit der zeitlich befristeten Überlassung das Recht auf Nutzung eingeräumt wird und auf Seiten des Überlassenden eine geschützte Rechtsposition an diesem Recht (z.B. Urheberrecht) besteht. Dem entgegen unterliegen Aufwendungen für die Überlassung ungeschützter Erfindungen, Know-how, Firmenwert, Kundenstamm und sonstiger ungeschützter geistiger Werte nach vorstehenden Grundsätzen nicht der Hinzurechnung. Eine Hinzurechnung kann nicht allein dadurch vermieden werden, dass einzelne Rechte nur für kurze Zeit überlassen werden.

Erfasst werden dagegen insbesondere: Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte, Urheberrechte, Lizenzrechte und Namensrechte. Eine Hinzurechnung kann nicht allein dadurch vermieden werden, dass einzelne Rechte nur für kurze Zeit überlassen werden (z.B. Vorführbefugnisse bei Kinobetreibern). Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG können auch vorliegen, wenn das Recht durch die öffentliche Hand überlassen wird (z.B. Glückspiellizenzen an Spielbanken oder Konzessionen für die Nutzung öffentlicher Verkehrsflächen an Energieversorger). Fraglich ist in diesem Zusammenhang auch die Berücksichtigung von Urheberrechtszahlungen, wenn diese nicht veräußerbare Rechte verkörpern, die mangels Veräußerbarkeit keinen fiktiven Finanzierungsanteil enthalten (vgl. ausführlich Franke/Gagaur, BB 2008, 1704 ff.)

Aufwendungen, die nach § 25 des Künstlersozialversicherungsgesetzes Bemessungsgrundlage für die Künstlersozialabgabe sind, sind nicht hinzuzurechnen. Es ist grds. nicht zu beanstanden, wenn die Bemessungsgrundlage für die Ausnahmeregelung auf der Grundlage eines zur Abwicklung der Vorgaben des Künstlersozialversicherungsgesetzes eingesetzten und von den maßgebenden Gremien dieser Sozialkasse nicht beanstandeten Verfahrens ermittelt wird. Die Künstlersozialabgabe selbst unterliegt nicht der Hinzurechnung.

Entgelte, die für die Nutzung des sog. Grünen Punktes an die Duale System Deutschland GmbH (DSD) entrichtet werden, erfüllen nicht den Tatbestand einer zeitlich befristeten Überlassung von Rechten nach § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG. Entsprechendes gilt für die Nutzung vergleichbarer Systeme zur Erfüllung der Verpflichtungen nach der Verpackungsverordnung; vgl. gleich lautender Ländererlass vom 2.7.2012, BStBl I 2012, 654, Rz. 33.

Zu beachten ist ferner, dass sich der EuGH mittlerweile mit der Frage befasst hat, ob die Zins- und Lizenzrichtlinie 2003/49/EG der deutschen Gewerbesteuerregelung entgegensteht, die für den gewinnmindernd behandelten Darlehenszinsaufwand eines deutschen Unternehmens an ein verbundenes Unternehmen eines anderen Mitgliedstaats eine Hinzurechnung zur gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage beim deutschen Darlehensnehmer vorsieht. Vorlagengeber war der BFH, der in seinem am 21.10.2009 veröffentlichten Beschluss vom 27.5.2009 [BFH/NV 2009, 2059, LEXinform 5009097] diese Frage als nicht eindeutig geklärt angesehen hatte.

Zu klären waren daher insbesondere folgende Rechtsfragen:

  1. Verstößt die Hinzurechnung der Dauerschuldzinsen gem. § 8 Nr. 1 GewStG gegen die Niederlassungsfreiheit?

  2. Unter welchen Umständen steht die Richtlinie 2003/49/EG (sog. Zins-/Lizenzgebührenrichtlinie) der Anwendung der Vorschrift des § 8 Nr. 1 GewStG entgegen?

Im Streitfall wurden die von einer inländischen Kapitalgesellschaft an ihre alleinige Anteilseignerin, eine in den Niederlanden ansässige Kapitalgesellschaft, gezahlten Darlehenszinsen entsprechend der im Streitjahr 2004 geltenden Regelung in § 8 Nr. 1 GewStG der gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlage zur Hälfte wieder hinzugerechnet. Mit BFH-Urteil vom 7.12.2011 hat der BFH (LEXinform 0179048) jedoch entschieden, dass die hälftige Hinzurechnung der Zinsen aus Darlehen der in den Niederlanden ansässigen Muttergesellschaft zum Gewinn einer Kapitalgesellschaft gem. § 8 Nr. 1 GewStG 2002 weder gegen die Richtlinie 2003/49 /EG des Rates vom 3.6.2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten (ABlEU 2003, Nr. L 157, 49) verstößt (Anschluss an das EuGH-Urteil vom 21.7.2011, C-397/09, Scheuten Solar Technology) noch gegen die unionsrechtliche Niederlassungsfreiheit und auch nicht gegen die Diskriminierungsverbote des Art. 24 DBA-Niederlande.

3. Zeitliche Anwendung

Die geänderten Regelungen sind erstmals auf Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2007 enden. Betroffene Unternehmen sollten beispielsweise prüfen, ob zur Vermeidung von umfangreichen Hinzurechnungen eine Aufsplittung bzw. direkte Zuordnung von Rechten aus einem Lizenzvertrag erfolgen kann.

4. Aktuelle Hinweise/Rechtsprechung

Zu beachten ist ferner, dass das FG Hamburg jüngst die ab dem Jahr 2008 wesentlich geänderte gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinsen, Mieten und Pachten wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz als verfassungswidrig eingestuft hat und daher das BVerfG zur Klärung der Frage angerufen hat. In Karlsruhe war die Frage mittlerweile unter dem Az. 1 BvL 8/12 anhängig.

Rechte i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG 2002 n.F. sind Immaterialgüterrechte (subjektive Rechte an unkörperlichen Gütern mit selbstständigem Vermögenswert), die eine Nutzungsbefugnis und entsprechende Abwehrrechte enthalten. Die Erlaubnis nach § 4 NGlüSpG ist als entsprechendes Recht anzusehen. Die Zahlung von Glückspielabgaben nach § 13 NGlüSpG durch eine GmbH, der das Land Niedersachsen ein Recht auf Veranstaltung oder Durchführung von Glücksspielen eingeräumt hat, ist als Aufwendung für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG 2002 n.F. anzusehen; vgl. BFH Beschluss vom 31.1.2012, I R 105/10.

Das Bundesverfassungsgericht hat die Vorlage des FG Hamburg als unzulässig verworfen (Beschluss vom 15.2.2016, 1 BvL 8/12). Das BVerfG begründete die Ablehnung damit, dass das FG Hamburg die Vorlage nicht hinreichend begründet hätte. Ebenfalls als unzulässig verworfen hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen die Hinzurechnung von einem Viertel der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen. Diese Fälle betreffen u.a. Aufwendungen für die Anmietung eines Betriebsgebäudes. Der Bundesfinanzhof hat in der vorinstanzlichen Entscheidung vom 4.6.2014 (I R 70/12) die Verfassungsmäßigkeit der anteiligen gewerbesteuerlichen Hinzurechnung der Aufwendungen für die Anmietung von geschäftlich genutzten Grundstücken bestätigt. Die vorläufig festgesetzten Gewerbesteuermessbescheide werden nun bestandskräftig.

Der BFH hält zumindest die Hinzurechnung der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, für verfassungsgemäß (BFH Urteil vom 4.6.2014, I R 70/12; veröffentlicht 24.9.2014). In einem weiteren Urteil kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass ein Erlass der aus der Hinzurechnung entstehenden Gewerbesteuer aus Billigkeitsgründen regelmäßig auch dann nicht geboten ist, wenn in Zwischen- oder Weitervermietungsfällen mehrfach eine Hinzurechnung vorzunehmen ist (BFH Urteil vom 4.6.2014, I R 21/13).

Beim BFH ist zudem unter dem Aktenzeichen I R 57/15 seit dem 20.10.2015 ein Verfahren mit der Frage anhängig, ob es sich bei dem Entgelt für die Überlassung von Ausstellungsflächen in Messehallen um Mietzinsen handelt, die zu einer gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG führen (Vorinstanz FG München vom 8.6.2015, 7 K 3250/12). In der anschließenden Revision entschied der BFH, dass die Hinzurechnung von Mietzinsen zur Ermittlung des Gewerbeertrages (§ 8 Nr. 1 Buchst. e GewStG) voraussetzt, dass sich jene Entgelte auf die Benutzung solcher unbeweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beziehen, die im Eigentum eines anderen stehen. Die aus diesem Gesetzeswortlaut abzuleitende fiktionale Annahme von Anlagevermögen als Tatbestandsvoraussetzung muss den konkreten Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen orientieren. Eine Geschäftstätigkeit als sog. Durchführungsgesellschaft schließt die Annahme von (fiktionalem) Anlagevermögen an den angemieteten Messeflächen aus; vgl. BFH vom 25.10.2016, I R 57/15.

Bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung wird für die Zuordnung eines gemieteten oder gepachteten WG zum Anlage- oder Umlaufvermögen das Eigentum des Mieters oder Pächters voraussetzungslos fingiert. Entsprechend ist auch die Dauer des fiktiv angenommenen Eigentums auf die tatsächliche Dauer des jeweiligen Miet- und Pachtverhältnisses zu begrenzen. Die Fiktion des Eigentums bedingt nicht die Annahme, dass die angemieteten oder gepachteten WG nicht lediglich für einen vorübergehenden Zeitraum erworben sein können. Aus der Fiktion des Eigentums folgt damit nicht zwangsläufig die Fiktion von Anlagevermögen. Die auf Basis des fiktiv angenommenen Eigentums vorzunehmende Zuordnung des WG zum Anlagevermögen oder zum Umlaufvermögen muss den konkreten Geschäftsgegenstand des Unternehmens berücksichtigen und sich so weit wie möglich an den betrieblichen Verhältnissen des Stpfl. orientieren. Das Geschäftsmodell eines Reiseveranstalters erfordert typischerweise keine langfristige Nutzung der von den Hoteliers überlassenen beweglichen und unbeweglichen WG, sondern eine zeitlich begrenzte Nutzung von WG, deren Produkteigenschaften kurzfristig an sich wandelnde Markterfordernisse angepasst werden können; vgl. BFH vom 25.7.2019, III R 22/16.

Dagegen hat der BFH (vgl. BFH Urteil vom 8.12.2016, IV R 24/11, BFH/NV 2017, 985) jedoch mittlerweile entschieden, dass Konzertveranstalter die Kosten für die tageweise Anmietung von Konzertsälen und anderen Veranstaltungsstätten bei der Gewerbesteuer anteilig ihrem Gewinn hinzurechnen müssen. Eine Hinzurechnung ist danach schon dann vorzunehmen, wenn das Unternehmen des Steuerpflichtigen auf das Vorhandensein entsprechender Räume angewiesen ist. Das gilt auch dann, wenn sehr unterschiedliche Immobilien nur für kurze Zeit angemietet werden. Nach Ansicht des BFH liegt in einem solchen Fall kein Sonderfall vor, in dem es nach den Grundsätzen des o.g. BFH-Urteils ausnahmsweise an fiktivem Anlagevermögen fehlt. So ist schon nicht ersichtlich, dass die Klägerin im Streitfall die Veranstaltungsimmobilien aufgrund von auftragsbezogenen Weisungen der Auftraggeber angemietet oder gepachtet hat.

Wird eine Zahlung an einen Plattformbetreiber nur für einen Vermittlungserfolg geschuldet, so kann diese, auch wenn der Vertrag die Begriffe »Rechteübertragung« und »Softwarenutzung« enthält, wie die Provision eines Handelsvertreters oder eines Handelsmaklers als Vergütung einer Dienstleistung zu würdigen sein. Derartige Entgelte eines Reiseveranstalters an den Plattformbetreiber für die Buchung von Reiseleistungen sind mithin keine Aufwendungen für die zeitlich befristete Überlassung von Rechten; vgl. BFH vom 26.4.2018, III R 25/16.

Im Rahmen der durch einen Datendienstleister erfolgten Überlassung von in einer Datenbank gespeicherten Börsen- und Wirtschaftsdaten, die vom Kunden abgerufen werden können, kommt einer etwaigen Rechteüberlassung nur untergeordnete Bedeutung zu, so dass die Voraussetzungen für eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. f Satz 1 GewStG nicht vorliegen. Die von der Klägerin geschlossenen Verträge stellen sich jeweils als gemischte Verträge dar, wobei eine Aufteilung der Einzelkomponenten in die Erbringung von Dienstleistungen einerseits und eine etwaige Übertragung von Rechten andererseits ausgeschlossen ist. Unter Berücksichtigung des Wortlauts der zwischen der Klägerin und der A bzw. der B geschlossenen Verträge, der technischen Abläufe sowie der rechtlichen Aspekte der Leistungserbringung und deren wirtschaftlichen Gehalt handelte es sich um die Erbringung von Dienstleistungen als Hauptleistung, wobei einer etwaigen Rechteüberlassung eine bloß untergeordnete Bedeutung zukam; vgl. Niedersächsisches FG vom 6.12.2018, 6 K 187/16.

Gehen angemietete WG wie Filmlocations oder Ausstattungsgegenstände gewissermaßen in das »Produkt« Film ein, weil sie nur in einem einzelnen Film verwendet werden können, so liegt kein Anlagevermögen vor. Kann das angemietete WG demgegenüber jedoch gleich einem Werkzeug für die Herstellung von verschiedenen Filmen verwendet werden, handelt es sich hierbei um fiktives Anlagevermögen; vgl. BFH vom 12.11.2020, III R 38/17.

Räumt der Produzent eines Spielfilmes (Lizenzgeber) dem Filmverleiher (Lizenznehmer) auch das Recht ein, den lizensierten Film in einer anderen Sprache zu synchronisieren oder zu untertiteln und diese Filmversion zu verwerten, handelt es sich nicht im Sinne der Rückausnahme des § 8 Nr. 1 Buchst. f GewStG um eine Lizenz, die ausschließlich dazu berechtigt, daraus abgeleitete Rechte Dritten zu überlassen (sog. Vertriebslizenzen oder Durchleitungsrechte); vgl. BFH vom 29.6.2022, III R 2/21.

5. Verwandte Lexikonartikel

Gewerbesteuer

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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