1 Ermittlung und Zurechnung der Einkünfte
2 Tatbestandsmerkmale des § 19 EStG
2.1 Allgemeines
2.2 Einnahmen
2.3 Einnahmen des Erblassers
3 Literaturhinweise
4 Verwandte Lexikonartikel
§ 19 EStG zählt beispielhaft auf, welche Einnahmen zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören. Nicht zu berücksichtigen sind dabei die nichtsteuerbaren Einnahmen und die steuerfreien Einnahmen i.S.d. § 3 EStG (H 19 [Arbeitslohn] LStH; → Steuerfreie Einnahmen nach dem EStG, ABC-Form). Die verbleibenden Einnahmen sind dann solche aus
aktivem Dienstverhältnis (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG) und/oder
Zuwendungen des ArbG an seinen ArbN und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltung),
früherem Dienstverhältnis (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und/oder
laufende Beiträge und laufende Zahlungen des ArbG aus einem bestehenden Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung für eine betriebliche Altersversorgung.
§ 19 EStG gilt für natürliche Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland sowie für Personen, die nach § 1 Abs. 2 oder Abs. 3 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind. Die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sind in § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG geregelt.
Bei Versorgungsbezügen (→ Versorgungsbezüge) i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 und 2 EStG sind ein → Versorgungsfreibetrag und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag zu berücksichtigen. Von dem danach verbleibenden Betrag sind die → Werbungskosten nach § 9 EStG, oder der → Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a Nr. 1 Buchst. a EStG bei aktiven Bezügen und nach § 9a Nr. 1 Buchst. b EStG bei Versorgungsbezügen abzuziehen.
Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Beschäftigte dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (§ 1 Abs. 2 LStDV). Der Begriff der nichtselbstständigen Arbeit ist unabhängig von anderen Rechtsgebieten, z.B. Sozialversicherungsrecht, geregelt, sodass die Auslegungen des Begriffs »nichtselbstständig« in anderen Rechtsgebieten nur bedingt heranzuziehen sind für das Lohnsteuerrecht.
Merkmale eines Dienstverhältnisses sind insbesondere:
Der ArbN schuldet für eine bestimmte Zeit oder auf Dauer seine persönliche Arbeitskraft (keinen Arbeitserfolg).
Der ArbN muss den Anweisungen des ArbG Folge leisten.
Der ArbG gibt die Arbeitszeit, den Arbeitsort und die Arbeitsmittel vor.
Fehlen eines Unternehmerrisikos auf Seiten des ArbN.
Abb.: Ermittlung der Einkünfte aus § 19 EStG im VZ 2023
Die Berücksichtigung der Pauschbeträge darf nicht zu einem negativen Ergebnis führen (§ 9a Satz 2 EStG), während die Berücksichtigung der tatsächlich nachgewiesenen Werbungskosten zu negativen Einkünften führen kann. Diese negativen Einkünfte sind zunächst mit positiven Einkünften anderer Einkunftsarten auszugleichen (→ Verlustabzug nach § 10d EStG). Soweit dies nicht möglich ist, kommt der Verlustabzug nach § 10d EStG in Betracht.
Der Begriff der nichtselbstständigen Arbeit ist in § 19 EStG nicht definiert. Die nichtselbstständige Arbeit ist geprägt durch die Begriffe
→ Arbeitnehmer (H 19.0 [Allgemeines]; [Zuordnung als Arbeitnehmer oder Selbstständiger] LStH; → Gesellschafter-Geschäftsführer),
→ Arbeitgeber (R 19.1 LStR; → Arbeitnehmerüberlassung),
Dienstverhältnis und
→ Arbeitslohn (R 19.3 LStR und H 19.3 LStH; → Sonstige Bezüge); Arbeitslohn ist hierbei die Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft.
Diese Begriffe sind in den §§ 1 und 2 LStDV näher erläutert. Siehe auch → Verträge zwischen Angehörigen.
Einkünfte aus § 19 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 EStG erzielt derjenige, der seine individuelle Arbeitskraft im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zur Verfügung stellt. Der Tatbestand der Einkunftserzielung wird wesentlich durch die Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestimmt.
Nach § 8 Abs. 1 EStG sind Einnahmen alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Stpfl. im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG zufließen. Die Bewertung der Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, erfolgt nach § 8 Abs. 2 oder Abs. 3 EStG (→ Sachbezüge). Sämtliche Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit stellen nach § 2 LStDV Arbeitslohn dar. Dabei ist es unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden.
Zum Arbeitslohn gehören auch Einnahmen im Hinblick auf ein künftiges Dienstverhältnis und Einnahmen aus einem früheren Dienstverhältnis, unabhängig davon, ob sie dem zunächst Bezugsberechtigten oder seinem Rechtsnachfolger zufließen. Bezüge, die ganz oder teilweise auf früheren Beitragsleistungen des Bezugsberechtigten oder seines Rechtsvorgängers beruhen, gehören nicht zum Arbeitslohn, es sei denn, dass die Beitragsleistungen Werbungskosten gewesen sind.
Maßgeblich ist das Zuflussprinzip des § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG. Bei der zeitlichen Berücksichtigung der Einnahmen ist zwischen laufendem Arbeitslohn und sonstigen Bezügen (→ Sonstige Bezüge) zu unterscheiden: Dabei gilt der laufende Arbeitslohn in dem Kj. als bezogen, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet. Dagegen wird der sonstige Bezug in dem Kj. bezogen, in dem er dem ArbN zufließt (§ 38 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG).
Unerheblich ist, ob die Einnahmen einmalig oder laufend zufließen oder ob ein Rechtsanspruch besteht. Übernimmt der Arbeitgeber die Lohnsteuer oder Kirchensteuer oder den Arbeitnehmeranteil zur Sozialversicherung, so zählen auch die von ihm übernommenen Beträge zum Arbeitslohn. Sie unterliegen ebenfalls dem Steuerabzug (→ Arbeitslohn).
Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis des Erblassers, die den Erben zufließen, sind bei diesen als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit zu versteuern (→ Gesamtrechtsnachfolge). Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 LStDV sind ArbN auch die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Dienstverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen. Als ArbN haben die Erben eine → Lohnsteuerkarte vorzulegen. Die Versteuerung erfolgt nach den steuerlichen Merkmalen derjenigen Person, der der Arbeitslohn zufließt (R 19.9 Abs. 1 LStR) und nicht mehr nach den steuerlichen Merkmalen des Verstorbenen. Eine Ausnahme davon ist beim Arbeitslohn im Sterbemonat gegeben (R 19.9 Abs. 1 Satz 2 LStR). Hier kann der Steuerabzug aus Vereinfachungsgründen noch nach den steuerlichen Merkmalen des Verstorbenen vorgenommen werden. Auch bei einer Erbengemeinschaft ist der Arbeitslohn an einen Erben auszuzahlen. Die Versteuerung ist nach dessen Besteuerungsmerkmalen durchzuführen. Die an die übrigen Anspruchsberechtigten weitergegebenen Beträge stellen im Kj. der Weitergabe negative Einnahmen dar. Handelt es sich dabei um Versorgungsbezüge i.S.d. § 19 Abs. 2 EStG, ist für die Berechnung der negativen Einnahmen zunächst vom Bruttobetrag der an die anderen Anspruchsberechtigten weitergegebenen Beträge auszugehen; dieser Bruttobetrag ist sodann um den Unterschied zwischen den beim Lohnsteuerabzug berücksichtigten Freibeträgen für Versorgungsbezüge und den auf den verbleibenden Anteil des Zahlungsempfängers entfallenden Freibeträgen für Versorgungsbezüge zu kürzen (R 19.9 Abs. 2 Satz 1 bis 3 LStR).
Für den Steuerabzug durch den Arbeitgeber gilt im Übrigen Folgendes:
Beim Arbeitslohn, der noch für die aktive Tätigkeit des verstorbenen Arbeitnehmers gezahlt wird, ist, wie dies bei einer Zahlung an den Arbeitnehmer der Fall gewesen wäre, zwischen laufendem Arbeitslohn, z.B. Lohn für den Sterbemonat oder den Vormonat, und sonstigen Bezügen, z.B. Erfolgsbeteiligung, zu unterscheiden.
Der Arbeitslohn für den Sterbemonat stellt, wenn er arbeitsrechtlich für den gesamten Lohnzahlungszeitraum zu zahlen ist, keinen Versorgungsbezug i.S.d. § 19 Abs. 2 EStG dar. Besteht dagegen ein Anspruch auf Lohnzahlung nur bis zum Todestag, handelt es sich bei den darüber hinausgehenden Leistungen an die Hinterbliebenen um Versorgungsbezüge. Dies gilt entsprechend für den Fall, dass die arbeitsrechtlichen Vereinbarungen für den Sterbemonat lediglich die Zahlung von Hinterbliebenenbezügen vorsehen oder keine vertraglichen Abmachungen über die Arbeitslohnbemessung bei Beendigung des Dienstverhältnisses im Laufe des Lohnzahlungszeitraums bestehen. Auch in diesen Fällen stellt nur der Teil der Bezüge, der auf die Zeit nach dem Todestag entfällt, einen Versorgungsbezug dar. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 sind die Freibeträge für Versorgungsbezüge nicht zu berücksichtigen.
Das Sterbegeld ist ein Versorgungsbezug und stellt grundsätzlich einen sonstigen Bezug dar. Dies gilt auch für den Fall, dass als Sterbegeld mehrere Monatsgehälter gezahlt werden, weil es sich hierbei dem Grunde nach nur um die ratenweise Zahlung eines Einmalbetrages handelt. Die laufende Zahlung von Witwen- oder Hinterbliebenengeldern i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG durch den Arbeitgeber ist demgegenüber regelmäßig als laufender Arbeitslohn (Versorgungsbezug) zu behandeln.
Soweit es sich bei den Zahlungen an die Erben oder Hinterbliebenen nicht um Versorgungsbezüge handelt, ist zu prüfen, ob der Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG) zum Ansatz kommt. Dabei ist auf das Lebensalter des jeweiligen Zahlungsempfängers abzustellen.
Gunsenheimer, Umfang und Besteuerung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Steuer & Studium 2008, 228.
→ Antragsveranlagungen zur Einkommensteuer
→ Bestechungs- und Schmiergelder
→ Betriebsveranstaltungen ab VZ 2015
→ Bewirtung und Mahlzeiten: Arbeitnehmer
→ Darlehen
→ Einkommensteuer-Veranlagungspflicht
→ Einkünfteermittlung bei der Einkommensteuer
→ Haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse
→ Pauschalierung der Lohnsteuer
→ Sozialversicherungsrechtliche Behandlung von Nebenbeschäftigungen
→ Vermögenswirksame Leistungen
→ Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen
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