Garantieleistungen in der Kfz-Wirtschaft

Stand: 2. Mai 2024

1. Zivilrechtliche Begriffsbestimmungen

1.1. Gewährleistung

Garantie und Gewährleistung sind unterschiedliche Rechtsbegriffe.

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Die Gewährleistung ist eine gesetzliche Regelung, die dem Käufer das Recht einräumt, dass der Verkäufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln liefert (§ 433 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 434 BGB). Liegt ein Sachmangel i.S.d. § 434 BGB vor, haftet der Verkäufer dem Kunden aus dem gesetzlichen Gewährleistungsrecht. Insbesondere kann der Käufer nach § 439 Abs. 1 BGB als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

Beim Verkauf eines Neufahrzeugs liegt der Mangel wohl nicht im Verantwortungsbereich des Händlers. Verantwortlich für eine mangelhafte Produktion ist der Hersteller. Da aber der Verkäufer (Händler) gegenüber dem Käufer zur Gewährleistung verpflichtet ist (§ 434 BGB) und somit der Händler auf seine Kosten den Mangel beseitigen muss (§ 439 Abs. 1 BGB), kann der Händler wiederum gegenüber dem Hersteller gem. § 445a Abs. 1 BGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen.

Ein Pkw-Kaufvertrag beinhaltet oftmals zwischen denselben Vertragsparteien neben der Bereitstellung digitaler Produkte die Bereitstellung anderer Sachen (Pkw). Für Verbraucherverträge hinsichtlich digitaler Produkte gelten die §§ 327 ff. BGB. Die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB sind jedoch nur auf diejenigen Bestandteile des Paketvertrags anzuwenden, welche die digitalen Produkte betreffen (§ 327a Abs. 1 BGB). Die Sachmängelrechte hierfür sind in § 327i Nr. 1 bis 3 BGB geregelt. Hinsichtlich der Mängel am Pkw selbst gelten die §§ 434 ff. BGB.

Die Gewährleistungsverpflichtung des Verkäufers ist nach § 438 BGB zeitlich befristet. Grds. verjähren die Mängelansprüche nach § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB in zwei Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Lieferung der Sache (§ 438 Abs. 2 BGB).

1.2. Garantie

Im Unterschied zur Gewährleistung handelt es sich bei der Garantie um eine eigenständige vertragliche Vereinbarung (§ 443 Abs. 1 BGB).

Geht der Verkäufer (s.u. den Gliederungspunkt »Händlergarantie«), der Hersteller (s.u. den Gliederungspunkt »Herstellergarantie«) oder ein sonstiger Dritter (s.u. den Gliederungspunkt »Garantiezusagen eines vom Autoverkäufer unabhängigen Wirtschaftsteilnehmers«) in einer Erklärung oder einschlägigen Werbung, die vor oder bei Abschluss des Kaufvertrags verfügbar war, zusätzlich zu der gesetzlichen Mängelhaftung insbes. die Verpflichtung ein, den Kaufpreis zu erstatten, die Sache auszutauschen, nachzubessern oder in ihrem Zusammenhang Dienstleistungen zu erbringen, falls die Sache nicht diejenige Beschaffenheit aufweist oder andere als die Mängelfreiheit betreffende Anforderungen nicht erfüllt, die in der Erklärung oder einschlägigen Werbung beschrieben sind (Garantie), stehen dem Käufer im Garantiefall unbeschadet der gesetzlichen Ansprüche die Rechte aus der Garantie gegenüber demjenigen zu, der die Garantie gegeben hat (Garantiegeber).

Beachte:

Die gesetzliche Gewährleistung bezieht sich auf die Mängelfreiheit der Sache im Zeitpunkt der Übergabe an den Käufer.

Bei einer Garantie ist der Zustand der Sache im Zeitpunkt des Übergangs an den Käufer egal, da die Funktionsfähigkeit für einen bestimmten Zeitraum garantiert wird.

Eine Einschränkung der gesetzlichen Gewährleistung kann mit der Garantie nicht vereinbart werden. Die Gewährleistungsrechte aus § 437 BGB bestehen neben der Garantie fort. So gilt bei einem Verbrauchsgüterkauf i.S.d. § 474 Abs. 1 BGB auch die Beweislastumkehr nach § 477 BGB.

Zeigt sich innerhalb eines Jahres seit Gefahrübergang ein von den Anforderungen nach § 434 oder § 475b BGB abweichender Zustand der Ware, so wird vermutet, dass die Ware bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Ware oder des mangelhaften Zustands unvereinbar (s.a. Eich u.a., Umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch zwischen Kfz-Händler und Hersteller bei Reparaturleistungen zugunsten des Kunden, UStB 2023, 327).

2. Allgemeine Grundsätze zur Übernahme von Garantieleistungen in der Kfz-Wirtschaft

Hinsichtlich der Übernahme der Garantieleistungen in der Kfz-Wirtschaft und deren vertraglichen Gestaltungen ist zu unterscheiden, ob die Garantieleistungen in Zusammenhang mit der Werksgarantie beim Kauf eines Neuwagens stehen oder mit dem Abschluss einer (zusätzlichen) Garantievereinbarung zwischen dem Händler und dem Kunden beim Kauf eines Neu- oder Gebrauchtfahrzeugs.

Wegen der Einzelheiten bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Garantieleistungen und Freiinspektionen in der Kraftfahrzeugwirtschaft vgl. BMF-Schreiben vom 3.12.1975 (BStBl I 1975, 1132). Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Garantieleistungen in der Reifenindustrie vgl. BMF vom 21.11.1974 (BStBl I 1974, 1021; s. Abschn. 1.3 Abs. 2 UStAE).

Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der entgeltlichen Garantiezusage eines Kfz-Händlers als Versicherungsleistung s. das BMF-Schreiben vom 11.5.2021 (BStBl I 2021, 781). Das BMF Schreiben vom 15.12.2010 (BStBl I 2010, 1502) wird aufgehoben (BMF vom 11.5.2021 unter II.3).

3. Garantieverhältnisse ohne zusätzliches Entgelt

3.1. Grundsätzliches

Bei dem Verkauf von Kraftfahrzeugen ist es üblich, innerhalb einer bestimmten Frist und/oder Fahrleistung für eine Fehlerfreiheit des Kraftfahrzeugs eine Garantie zu gewähren, die dem jeweiligen Stand der Technik entspricht. Die Schäden werden regelmäßig nicht von den Herstellern der Kraftfahrzeuge, sondern von Vertriebsfirmen beseitigt, die als Lieferer oder Vermittler in die Absatzkette eingeschaltet waren. Zur Durchführung der Reparaturen sind die Vertriebsfirmen allgemein nach einem mit dem Hersteller abgeschlossenen sog. Händlervertrag verpflichtet. Die Verpflichtung schließt auch Reparaturen an solchen Fahrzeugen ein, die von anderen Vertriebsfirmen abgesetzt worden sind.

Die Geschäftsabwicklung bei den erforderlichen Reparaturen ist nicht einheitlich. Im Regelfall baut die Vertriebsfirma das schadhafte Teil aus und ersetzt es durch ein fabrikneues Ersatzteil. Das schadhafte Teil wird dem Hersteller zugesandt, der es daraufhin untersucht, ob ein Garantie- bzw. Gewährleistungsfall vorliegt. Wird ein solcher Fall anerkannt, so ersetzt der Hersteller der Vertriebsfirma die aufgewendeten Lohn- und Materialkosten nach festgelegten Sätzen. Manche Vertriebsfirmen erhalten an Stelle der Materialgutschrift ein entsprechendes neues Ersatzteil (s. BMF vom 3.12.1975, BStBl I 1975, 1132 unter A.).

Hinweis:

Das BMF nimmt im Schreiben vom 3.12.1975 zu der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der »Gewährleistungsfälle« Stellung, gemeint sind aber »Garantieleistungsverpflichtungen«, wie sich aus der Titelzeile des Schreibens ergibt.

3.2. Träger der Gewährleistungspflicht bzw. Garantieverpflichtung

3.2.1. Allgemeiner Überblick

Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung hängt wesentlich davon ab, ob die Vertriebsfirma mit der Reparatur eine Leistung an das Herstellerwerk oder an den Fahrzeugkäufer bewirkt (s. BFH Urteil vom 16.7.1964, V 23/60, BStBl III 1964, 516).

Hinweis:

Eine Gewährleistungsverpflichtung besteht nach § 433 ff. BGB nur für den Verkäufer einer Sache.

3.2.2. Gesetzliche Gewährleistungsverpflichtung

Ist der Händler (die Vertriebsfirma) dem Fahrzeugkäufer zur Gewährleistung verpflichtet (§ 434 i.V.m. § 439 Abs. 1 BGB), so stellt die Durchführung der Reparatur (Nachbesserung) i.d.R. eine Leistung der Vertriebsfirma an den Fahrzeugkäufer dar. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung hängt davon ab, ob dieser Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht (s. BMF vom 3.12.1975, B.III.).

Beispiel 1:

Der Autoverkäufer V veräußert einen neuen Pkw des Herstellers H an den Kunden K. Nach einem Jahr tritt ein Sachmangel ein (Pkw verliert Öl). V repariert den Mangel in seiner Vertragswerkstatt. Die dafür anfallenden Kosten reicht V an den Hersteller weiter.

Lösung 1:

S.a. das Beispiel unter III.2 des Beitrags von Eich u.a., UStB 2023, 327.

Mit der Beseitigung des Mangels (§ 434 BGB) innerhalb der zweijährigen Gewährleistungsfrist (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) erfüllt die Vertriebsfirma V eine Gewährleistungsverpflichtung. Sie erhält hierfür vom Fahrzeugkäufer kein Entgelt, sondern macht ihrerseits Gewährleistungsansprüche im Wege des Regresses (§ 445a BGB) gegenüber dem Hersteller H geltend, die ihr nach dessen Verkaufsbedingungen zustehen.

In Gewährleistungsfällen ist die Erstattung der Material- und Lohnkosten, die ein Vertragshändler aufgrund vertraglicher Vereinbarungen für die Beseitigung von Mängeln an den bei ihm gekauften Gegenständen vom Hersteller ersetzt bekommt, echter Schadensersatz, wenn sich der Gewährleistungsanspruch des Kunden nicht gegen den Hersteller, sondern gegen den Vertragshändler richtet (vgl. BFH vom 16.7.1964, V 23/60 U, BStBl III 1964, 516). In diesen Fällen erfüllt der Händler mit der Garantieleistung unentgeltlich eine eigene Verpflichtung gegenüber dem Kunden aus dem Kaufvertrag und erhält aufgrund seiner Vereinbarung mit dem Herstellerwerk von diesem den durch den Materialfehler erlittenen, vom Werk zu vertretenden Schaden ersetzt (BFH vom 17.2.1966, V 58/63, BStBl III 1966, 261; s.a. Abschn. 1.3 Abs. 8 UStAE sowie BMF vom 3.12.1975 unter B.III.1.).

3.2.3. Herstellergarantie

Ist der Hersteller dem Fahrzeugkäufer zur Garantieleistung verpflichtet, so stellt die Durchführung der Reparatur eine Leistung des Herstellers an den Fahrzeugkäufer dar. Diese Leistung ist nicht umsatzsteuerbar, weil ihr kein Entgelt gegenübersteht. Der Hersteller bedient sich bei der Reparatur der Vertriebsfirma als seines Erfüllungsgehilfen. Die Vertriebsfirma bewirkt eine Leistung an den Hersteller. Soweit hierfür ein Entgelt gezahlt wird, unterliegt diese Leistung der Umsatzsteuer (BMF vom 3.12.1975, BStBl I 1975, 1132 unter B.II.). Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung zeigt die folgende Übersicht.

Beispiel 2:

Der Autoverkäufer V veräußert einen neuen Pkw des Herstellers H an den Kunden K. H und K vereinbaren eine Herstellergarantie. Innerhalb der Garantiezeit tritt ein Mangel ein. K hat deshalb einen eigenständigen Anspruch gegen H auf Reparatur. H erteilt den Reparaturauftrag an V, der den Mangel in seiner Vertragswerkstatt repariert. Die dafür anfallenden Kosten reicht V an den Hersteller weiter.

Lösung 2:

S.a. das Beispiel unter III.3 des Beitrags von Eich u.a., UStB 2023, 327.

Mit der Beseitigung des Mangels wird die Vertriebsfirma V als Erfüllungsgehilfe für den Hersteller tätig und führt eine eigene Leistung an diesen aus. Sie erhält hierfür vom Fahrzeugkäufer kein Entgelt, sondern macht ihrerseits die Kosten gegenüber dem Hersteller H geltend. Die für die Reparatur bei V entstandenen Kosten sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG gegenüber H als steuerbare Leistung zu behandeln.

Die Lohnkosten sind immer Bestandteil des Leistungsaustauschs.

Gewährt der Hersteller der Vertriebsfirma nur eine Gutschrift über die Lohnkosten und überlässt der Vertriebsfirma anstelle des bei der Gewährleistungsreparatur verwendeten Ersatzteils der Vertriebsfirma kostenlos ein entsprechendes Ersatzteil, dann sind die Entnahme des Ersatzteils aus dem Lager der Vertriebsfirma und die Rückgewähr eines entsprechenden Teils durch den Hersteller als nichtsteuerbare Hingabe und Rückgabe eines unentgeltlichen Sachdarlehens zu beurteilen. Eine zusätzliche Lieferung des Herstellers, die als Gegenleistung für die Leistung der Vertriebsfirma zu werten wäre, liegt nicht vor (BFH vom 14.7.1966, V 16/64, BStBl III 1966, 615). Der Umsatz der Vertriebsfirma erschöpft sich in der Arbeitsleistung, er bemisst sich nach dem Gutschriftsbetrag für die Lohnkosten.

Der Hersteller kann den in der Gutschrift über die Lohnkosten ausgewiesenen Steuerbetrag als Vorsteuer von seiner Steuerschuld abziehen. Durch die kostenlose Überlassung des Ersatzteils ergeben sich beim Hersteller keine umsatzsteuerlichen Auswirkungen. Da der Vorgang keine entgeltliche Lieferung darstellt, löst er eine zusätzliche Umsatzsteuerpflicht nicht aus. Andererseits liegt keine Entgeltsminderung vor (s. BMF vom 3.12.1975 unter B.III.3 und II.2.).

3.2.4. Händlergarantie

Ist die Vertriebsfirma dem Fahrzeugkäufer zur Garantieleistung verpflichtet, so stellt die Durchführung der Reparatur in der Regel eine Leistung der Vertriebsfirma an den Fahrzeugkäufer dar. Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung hängt davon ab, ob dieser Leistung eine Gegenleistung gegenübersteht (BMF vom 3.12.1975, BStBl I 1975, 1132 unter B.III.). Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung zeigt die folgende Übersicht.

Gewährt der Hersteller der Vertriebsfirma nur eine Gutschrift über die Lohnkosten und überlässt der Vertriebsfirma kostenlos ein entsprechendes Ersatzteil, so gilt die oben dargestellte Rechtslage entsprechend (s. Beispiel 2).

4. Garantiezusagen des Händlers gegen zusätzliches Entgelt

4.1. Grundsätzliches zur Car-Garantie

Beim Verkauf von Gebraucht- und Neuwagen bieten viele Händler eine Händlergarantie an. Das sich hieraus für den Händler ergebende Risiko kann durch die von der CG angebotenen Versicherungsverträge rückversichert werden. Dazu schließt der Händler mit der CG eine Garantieversicherung ab. Im Garantiefall kann sich der Käufer entweder an den Händler wenden oder eine Drittwerkstatt mit der Beseitigung eines Schadens beauftragen (Informationen unter www.cargarantie.com).

4.2. Car-Garantie als selbstständige Leistung

Die Garantiezusage eines Autoverkäufers, die beim Verkauf eines Kfz gegen gesondert vereinbartes und berechnetes Entgelt angeboten wird, stellt keine unselbstständige Nebenleistung zur Fahrzeuglieferung, sondern eine selbstständige Leistung des Händlers dar (BFH vom 14.11.2018, XI R 16/17, BStBl II 2021, 461; Abschn. 3.10 Abs. 6 Nr. 3 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 11.5.2021, BStBl I 2021, 781).

Beachte:

Mit Schreiben vom 11.5.2021 (BStBl I 2021, 781) nimmt das BMF Stellung zu den Garantiezusagen eines Kfz-Händlers als Versicherungsleistung. Gleichzeitig wird das bisherige BMF-Schreiben vom 15.12.2010 (BStBl I 2010, 1502) aufgehoben.

Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 11.5.2021 sind auf Garantiezusagen anzuwenden, die nach dem 30.6.2021 abgegeben wurden. Für vor dem 1.7.2021 abgegebene Garantiezusagen wird es nicht beanstandet, wenn die Grundsätze dieses Schreibens bereits angewendet wurden.

Nach den BMF-Schreiben vom 18.6.2021 (BStBl I 2021, 871) und vom 18.10.2021 (BStBl I 2021, 2142) werden die Anwendungsregelungen verlängert. Danach sind die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 11.5.2021 auf Garantiezusagen anzuwenden, die nach dem 31.12.2022 abgegeben wurden. Für vor dem 1.1.2023 abgegebene Garantiezusagen wird es nicht beanstandet, wenn die Grundsätze dieses Schreibens bereits angewendet wurden.

In seinem Schreiben vom 18.6.2021 (BStBl I 2021, 871) weist das BMF klarstellend darauf hin, dass die steuerlichen Grundsätze zu Garantiezusagen branchenunabhängig Geltung beanspruchen und daher über die Anwendung im Kfz-Bereich und für Kfz-Händler hinausgehen.

4.3. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Car-Garantie

4.3.1. Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer/Garantiegeber

Die umsatzsteuerliche Behandlung der Garantiegewährung hängt maßgeblich von der Ausgestaltung der Garantiebedingungen ab. Die als selbstständige Leistungen zu wertende Garantiezusage kann steuerfrei oder steuerpflichtig sein. Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Garantiezusage eines Autoverkäufers s. das BMF-Schreiben vom 11.5.2021 (BStBl I 2021, 783).

4.3.2. Absicherung des Verkäufers bei einem Versicherer

Der Verkäufer als Versicherer sichert sich seinerseits bei einem anderen Versicherer gegen den Eintritt von Garantiefällen ab (BMF vom 11.5.2021, BStBl I 2021, 781 unter Ziffer I Nr. 2).

4.3.3. Wahlrecht des Käufers

Es besteht ein Wahlrecht des Käufers/Garantienehmers zwischen Reparaturanspruch gegen den Verkäufer/Garantiegeber und Reparaturkostenersatzanspruch gegen einen anderen Versicherer.

Hat der Verkäufer hinsichtlich des Reparaturkostenersatzes einen Versicherungsvertrag abgeschlossen (s.o.), aus dem im Garantiefall Ansprüche des Käufers als versicherte Person gegen den Versicherer resultieren, findet auf einen dem Käufer und Garantienehmer hierfür in Rechnung gestellten höheren Betrag als denjenigen, den der Verkäufer an den Versicherer abführt, das BMF-Schreiben vom 29.11.2017 (BStBl I 2017, 1674) zu Verkaufsaufschlägen als Versicherungsentgelt entsprechende Anwendung.

Beachte:

Die Entscheidung des BFH vom 10.2.2010 (XI R 49/07, BStBl II 2010, 1109), wonach die Garantiezusage eines Autoverkäufers, die dem Garantienehmer im Garantiefall ein Wahlrecht zwischen einer Sachleistung/Reparatur durch den Händler oder einer Geldleistung eines Versicherungsunternehmens (Reparaturkostenersatz) einräumt, als ein durch die Einstandspflicht des Verkäufers geprägtes eigenständiges Leistungsbündel anzusehen ist und der Umsatzsteuer unterliegt, ist überholt.

4.4. Umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Garantieleistungen

4.4.1. Anspruch des Käufers auf Schadensbeseitigung durch den Händler

Mit einer vertraglichen entgeltlichen Garantiezusage eines Verkäufers, im Falle eines Schadens an der Kaufsache in der Weise für den Schaden einzustehen, dass der Käufer einen Anspruch auf Reparatur oder Reparaturkostenersatz gegen den Verkäufer erhält, wird zwischen Verkäufer und Käufer ein Versicherungsverhältnis i.S.d. VersStG begründet. Das für die Garantiezusage an den Verkäufer/Garantiegeber gezahlte Entgelt ist Versicherungsentgelt i.S.d. § 3 VersStG (BMF vom 11.5.2021 unter I.1.a.).

Die Leistungen aus entgeltlichen Garantiezusagen des Verkäufers (Versicherers) i.S.d. Ziffer I. Nr. 1 Buchst. a des BMF-Schreibens vom 11.5.2021, BStBl I 2021, 781) sind umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 10 Buchst. a UStG). Diese Leistungen umfassen die Gewährung des Versicherungsschutzes wie auch die Leistung des Verkäufers (Versicherers) an den Käufer im Schadensfall. Dies gilt sowohl für eine Geldzahlung als auch für eine Sachleistung im Schadensfall (BMF vom 11.5.2021 unter II.1.).

Hinweis:

Im Versicherungsteuerrecht wird nicht unterschieden zwischen Versicherungsleistungen, die in einer Geldleistung (z.B. Reparaturkostenersatz) oder in einer Naturalleistung (z.B. Reparatur) bestehen. Dies entspricht der Rspr. des EuGH zum Versicherungsumsatz, wonach die Leistung, zu deren Erbringung sich der Versicherer im Versicherungsfall verpflichtet, nicht in der Zahlung eines Geldbetrags bestehen muss, sondern auch in Beistandsleistungen entweder durch Geldzahlung oder Sachleistungen bestehen kann. Hierauf hat auch der BFH in seiner Entscheidung vom 14.11.2018 (XI R 16/17, BStBl II 2021, 461) hingewiesen.

Dies führt zwingend zu der Schlussfolgerung, dass ein Garantieversprechen gegen gesondertes Entgelt, im Garantiefall eine Naturalleistung (Reparatur) zu erbringen, nicht anders behandelt werden kann als ein Garantieversprechen, im Garantiefall eine Geldleistung zu erbringen. Diese Schlussfolgerung zieht das BMF-Schreiben vom 11.5.2021 in Ziff. I.1.a. (s. BMF vom 22.10.2021, III C 4 – S-6400/19/10002 :002, LEXinform 7013298).

Der Vorsteuerabzug des Verkäufers (Versicherers) aus Eingangsleistungen im Zusammenhang mit diesen steuerfreien Umsätzen (z.B. für den Abschluss der Garantie oder im Schadensfall für den Einkauf von Material für die Reparatur) ist ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG), wenn nicht im Einzelfall die Voraussetzungen für eine Rückausnahme nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b oder Nr. 2 Buchst. b UStG vorliegen (s. hierzu Abschn. 15.13 und 15.14 UStAE).

Hinweis:

Die im BMF-Schreiben vom 11.5.2021 unter Ziff. II dargestellten Folgen für den Vorsteuerabzug sind die zwingenden gesetzlichen Konsequenzen aus der Einordnung der Garantien als umsatzsteuerfreie Leistung. Vorsteuern, die im Zusammenhang mit diesen Ausgangsumsätzen stehen, sind nicht abzugsfähig. Wenn eine direkte Zuordnung der Eingangsleistung zu bestimmten Ausgangsumsätzen möglich ist, sind die Vorsteuern abhängig von der Art des Ausgangsumsatzes in vollem Umfang abzugsfähig oder in vollem Umfang nicht abzugsfähig. Wenn die Eingangsumsätze sowohl mit zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen als auch mit den umsatzsteuerfreien Garantieleistungen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind sie nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen. Diese Aufteilung kann im Wege einer sachgerechten Schätzung, hilfsweise – wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist – nach dem Verhältnis der Umsätze erfolgen (§ 15 Abs. 4 Satz 2 und 3 UStG). Die gesetzlichen Erleichterungen bei der Aufteilung der Vorsteuern nach § 43 UStDV sind vorliegend nicht einschlägig (s. BMF vom 22.10.2021, III C 4 – S-6400 / 19 / 10002 :002, LEXinform 7013298).

4.4.2. Anspruch des Käufers auf Schadensbeseitigung durch den Händler und Schadensbeseitigung durch eine Drittwerkstatt

Bei garantiebedingter Reparatur durch eine Drittwerkstatt liegt ein steuerpflichtiger Leistungsaustausch zwischen dieser Werkstatt und dem Käufer vor (Reparaturkostenersatzanspruch). Dies gilt auch bei unmittelbarer Zahlung durch die Versicherung an die Werkstatt im abgekürzten Zahlungsweg (s.a. BMF vom 3.12.1975, BStBl I 1975, 1132 unter B.III.).

5. Rechnungsstellung

5.1. Unterscheidung nach den Garantiezusagen

Bei der Rechnungsstellung sind folgende Fallgestaltungen zu unterscheiden:

  1. Garantiezusage als reine Eigengarantie (Variante 1): Die entgeltliche Zusage einer reinen Eigengarantie des Kfz-Händlers, bei der der Fahrzeugkäufer keinen Geldanspruch, sondern einen Sach- und/oder Dienstleistungsanspruch gegenüber dem Händler erhält ist nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfrei.

  2. Garantiezusage auch als Reparaturkostenversicherung (Variante 2): Der Kunde hat bei der Inanspruchnahme der Reparaturkostenversicherung einen Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten ausschließlich gegenüber der Garantieversicherung. Hier unterliegt die dafür gesondert in Rechnung gestellte Prämie nicht der USt, ist also umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG (s.o.).

5.2. Aufteilung des Kaufpreises

Die Garantiezusage des Händlers ist keine unselbstständige Nebenleistung zum Fahrzeugverkauf (Abschn. 3.10 Abs. 6 Nr. 3 UStAE). Veräußert ein Kfz-Händler daher einen Pkw einschließlich der Garantiezusage, muss er das Entgelt

  • in einen Kaufpreis für den Pkw und

  • eine Gebühr für die Garantiezusage

aufteilen.

Das gilt auch dann, wenn mit dem Kunden ein einheitlicher Preis für beide Leistungen vereinbart worden ist oder für die Garantiezusage kein besonderes Entgelt verlangt wird. Denn eine Garantiezusage wird – wirtschaftlich gesehen – niemals unentgeltlich abgegeben.

Hinweis:

Bei einem – wenn auch (etwa aus Unwissenheit) versehentlichen – Verzicht auf die Aufteilung droht ein insoweit unrichtiger – nämlich zu hoher – Umsatzsteuerausweis (§ 14c Abs. 1 Satz 1 UStG). Das heißt: Das FA verlangt die USt aus dem »überhöhten« – weil ohne Berücksichtigung der Garantie berechneten – Entgelt für den Gebrauchtwagenverkauf und darüber hinaus die USt auf die Garantiezusage. Die Folge wäre eine doppelte Besteuerung der Garantiezusage.

5.3. Folgen für die Rechnungsstellung bei Unternehmenskunden

Damit der Kunde unter den weiteren Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG die Vorsteuer ziehen kann, ist die Rechnung wie folgt auszustellen:

  • Regelbesteuert angekaufte Fahrzeuge: Die Entgelte für Fahrzeug und Garantiezusage müssen gesondert (netto) ausgewiesen werden.

  • Differenzbesteuert angekaufte Fahrzeuge: Das Entgelt für das Fahrzeug muss ausgewiesen werden, ferner das Entgelt für die Garantiezusage (netto).

5.4. Folgen für die Rechnungsstellung bei Privatkunden

Gegenüber Privatkunden muss die USt nicht ausgewiesen werden.

5.5. Fallstudien und Musterrechnungen

Die in der Praxis häufigsten Fallgestaltungen stellt Janzen (ASR 2011/04, 9 und 2011/06, 5) vor:

Beispiel 3: Differenzbesteuerung bei Verkauf inklusive Garantie und ohne Aufschlag zum bloßen Einkaufspreis

Kfz-Händler K hat ein Fahrzeug von einem Privatkunden für 10 000 € angekauft und für 11 000 € weiterverkauft. Für die Garantiezusage (Kombinationsmodell, s.u. nach der Lösung Beispiel 4) hat K sich bei einer Versicherungsgesellschaft für 200 € rückversichert.

Lösung 3:

K erbringt zwei eigenständige Leistungen:

  1. Lieferung des Fahrzeugs im Rahmen einer Differenzbesteuerung (§ 25a UStG),

  2. steuerfreie sonstige Leistung in Form der Garantiezusage.

Es ergeben sich die folgenden umsatzsteuerlichen Konsequenzen:

  • Da die Fahrzeuglieferung der Differenzbesteuerung unterliegt, ergibt sich eine Marge von 1 000 €, sodass für die Fahrzeuglieferung Umsatzsteuer i.H.v. 159,66 € entsteht (1 000 € : 119 × 19).

  • Die Garantiezusage ist i.H.v. 200 € steuerfrei.

Beispiel 4: Regelbesteuerung

Für ein Fahrzeug werden 20 000 € und für die Garantiezusage 200 € – jeweils netto – vereinbart.

Lösung 4:

Pkw

20 000 €

Garantiezusage (steuerfrei nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG)

200 €

20 000 €

zzgl. 19 % USt

3 800 €

23 800 €

zzgl. Garantiezusage

200 €

Summe

24 000 €

Erläuterung zum Kombinationsmodell:

Für das sog. Kombinationsmodell, bei dem dem Käufer/Garantienehmer im Garantiefall ein Wahlrecht eingeräumt wird, entweder die Reparatur durch seinen Händler durchführen zu lassen (Reparaturanspruch) oder die Reparatur bei einer anderen Werkstatt durchführen und sich die Kosten von einem Versicherungsunternehmen erstatten zu lassen (Reparaturkostenersatz), folgt, dass zwei voneinander unabhängige Versicherungsverhältnisse vorliegen, eines im Verhältnis zwischen Käufer und Händler, eines zwischen Händler und Versicherer. Kombiniert werden mithin zwei Versicherungsleistungen. Diese versicherungssteuerrechtliche Bewertung ist vorgreiflich und muss im Umsatzsteuerrecht im Hinblick auf die dortigen Steuerbefreiungsregelungen (§ 4 Nr. 10 Buchst. a und b UStG) nachvollzogen werden.

Aus Sicht des Durchschnittskunden besteht der Wert einer Garantie darin, dass er im Garantiefall die mit einer notwendigen Reparatur verbundenen Kosten nicht zu tragen hat, er also keinen finanziellen Schaden erleidet. Ob diese Kostenentlastung durch eine Erstattung der Reparaturkosten (Geldleistung) oder mittels einer (kostenlosen) Reparatur durch den Garantiegeber (Naturalleistung) erreicht wird, ist für ihn nicht entscheidend. Ebenso wenig kommt es ihm darauf an, ob der Garantiegeber Reparaturkosten selbst zu erstatten hat oder ihm einen entsprechenden Anspruch gegen ein Versicherungsunternehmen mittels Versicherungsvertrag für fremde Rechnung verschafft (s. BMF vom 22.10.2021, III C 4 – S-6400/19/10002 :002, LEXinform 7013298).

6. Garantiezusagen eines vom Autoverkäufer unabhängigen Wirtschaftsteilnehmers

Mit Urteil vom 16.7.2015 (C-584/13, UR 2015, 714, LEXinform 0589492) hat der EuGH über einen Fall entschieden, in dem ein vom Verkäufer eines Gebrauchtwagens unabhängiger Wirtschaftsteilnehmer mechanische Ausfälle bestimmter Teile eines Gebrauchtwagens gegen Zahlung eines Pauschalbetrags versichert. Diese Dienstleistung stellt nach Ansicht des EuGH einen steuerbefreiten Versicherungsumsatz i.S.d. Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL dar.

Mit BMF-Schreiben vom 30.11.2017 (BStBl I 2017, 1599) wird in Abschn. 4.10.1 ein Abs. 4 UStAE angefügt. Danach stellt die Dienstleistung eines von einem Kraftfahrzeughändler unabhängigen Wirtschaftsteilnehmers, die darin besteht, gegen Zahlung eines Pauschalbetrags mechanische Ausfälle bestimmter Teile eines Gebrauchtfahrzeugs zu versichern, einen nach § 4 Nr. 10 Buchst. a UStG steuerfreien Versicherungsumsatz dar.

7. Verschaffung von Versicherungsschutz in Leasingfällen

Nach einem Erlass des FinMin Mecklenburg-Vorpommern vom 25.5.2022 (S 7163 – 00000 – 2017/001-002, UR 2022, 556, LEXinform 7013249) sind die Verschaffung von Versicherungsschutz für ein Leasingobjekt und die im Leasing selbst bestehende Dienstleistung umsatzsteuerlich als eigenständige Leistungen anzusehen. Versichert der Leasinggeber das Leasingobjekt in diesen Fällen selbst und stellt er die Kosten der Versicherung dem Leasingnehmer gesondert in Rechnung, verschafft der Leasinggeber dem Leasingnehmer Versicherungsschutz. Diese Leistung ist unter den weiteren Voraussetzungen des Abschn. 4.10.2 UStAE nach § 4 Nr. 10 Buchst. b UStG umsatzsteuerfrei.

8. Literaturhinweise

Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer, Stichwörter: Garantie sowie Versicherungsleistungen und Versicherungsvertreter, 119. EL, Loseblatt; Eich u.a., Umsatzsteuerlicher Leistungsaustausch zwischen Kfz-Händler und Hersteller bei Reparaturleistungen zugunsten des Kunden, UStB 2023, 327; Langer u.a., Garantiezusagen: Versicherungsteuerpflicht ab 1.1.2023 – Steuerliche Fallstricke und offene Zweifelsfragen, NWB 41/2022, 2911.

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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