Kommissionsgeschäfte mit Gegenständen

Stand: 2. Mai 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Gemeinschaftsrecht
2 Zivilrecht
3 Kommissionsgeschäfte nach § 3 Abs. 3 UStG
3.1 Allgemeiner Überblick
3.2 Verkaufskommission
3.2.1 Allgemeiner Überblick
3.2.2 Zeitpunkt und Ort der Lieferungen
3.2.2.1 Allgemeine Grundsätze
3.2.2.2 Binnenmarktregelungen
3.2.3 Bemessungsgrundlage
3.2.4 Reihengeschäft
3.2.5 Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände
3.3 Einkaufskommission
3.3.1 Allgemeiner Überblick
3.3.2 Zeitpunkt und Ort der Lieferungen
3.3.3 Abgrenzung Werklieferung von Werkleistung
3.3.3.1 Werkunternehmer als Einkaufskommissionär
3.3.3.2 Werkunternehmer als Agent
3.3.3.3 Abgrenzung Lieferung und Werklieferung
3.3.4 Bemessungsgrundlage
4 Literaturhinweise
5 Verwandte Lexikonartikel

1. Gemeinschaftsrecht

Nach Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL gilt als »Lieferung von Gegenständen« die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen. Nach Art. 14 Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL gilt auch die Übertragung eines Gegenstandes aufgrund eines Vertrages über eine Einkaufs- oder Verkaufskommission als Lieferung von Gegenständen.

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Ähnlich aufgebaut – hier aber abzugrenzen – sind die Kommissionsgeschäfte mit Dienstleistungen (Art. 28 MwStSystRL, § 3 Abs. 11 UStG; → Dienstleistungskommission).

2. Zivilrecht

Nach § 383 HGB ist Kommissionär, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen.

Nach § 406 HGB gilt dies auch für denjenigen, der nicht Kommissionär ist, wenn er es übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen (sog. Gelegenheitskommission).

Der Kommissionär tritt im Außenverhältnis im eigenen Namen auf. Er unterscheidet sich dadurch vom Vermittler, der im Außenverhältnis im Namen des Auftraggebers (in fremdem Namen) auftritt. Im Innenverhältnis wird der Kommissionär auf fremde Rechnung tätig, weil er das Risiko des Geschäfts nicht trägt. Er muss den Weisungen des Kommittenten folgen und kann das Kommissionsgut bei Unverkäuflichkeit zurückgeben.

3. Kommissionsgeschäfte nach § 3 Abs. 3 UStG

3.1. Allgemeiner Überblick

Bei einem Kommissionsgeschäft i.S.d. § 383 HGB liegt gem. § 3 Abs. 3 UStG zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor; dabei gilt bei der Verkaufskommission der Kommissionär, bei der Einkaufskommission der Kommittent als Abnehmer. Das UStG geht damit vom handelsrechtlichen Kommissionsbegriff aus.

3.2. Verkaufskommission

3.2.1. Allgemeiner Überblick

Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 UStG liegt zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionär eine Lieferung vor. § 3 Abs. 3 UStG wandelt die Geschäftsbesorgung des Kommissionärs in eine gesetzlich fingierte Lieferkette von Waren um.

Abb.: Verkaufskommission

Der Kommissionär erwirbt durch den Kommissionsvertrag nicht das rechtliche oder wirtschaftliche Eigentum an der zu veräußernden Sache. Dieses wird in Erfüllung der Leistungspflicht des Kommissionärs direkt zwischen dem Kommittenten und dem Käufer übertragen (s.a. Abschn. 3.1. Abs. 3 Satz 7 UStAE). Hierbei fungiert der Kommissionär als (verdeckter) Stellvertreter der Kommittenten (Wenzel, NWB 14/2018, 945).

3.2.2. Zeitpunkt und Ort der Lieferungen

3.2.2.1. Allgemeine Grundsätze

Beim Kommissionsgeschäft liegt eine Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär erst im Zeitpunkt der Lieferung des Kommissionsgutes an den Abnehmer vor (vgl. Abschn. 3.1. Abs. 3 Satz 7 UStAE).

Beispiel 1:

Kommissionär K erhält vom Maschinenhersteller M (Kommittent) 5 Maschinen zum Verkauf. K soll die Maschinen im eigenen Namen für Rechnung des M für je 300 000 € an Kunden veräußern. Für die Besorgung soll K 5 % des Verkaufspreises als Provision erhalten. K gelingt es, lediglich 3 der Maschinen zu verkaufen; 2 Maschinen gibt er an M zurück.

Lösung 1:

Sachverhalt und Lösung s. Hahne, UR 2007, 677.

Hinsichtlich der 3 verkauften Maschinen werden Lieferungen von M an K fingiert. Das Entgelt – ggf. abzüglich USt, § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG – beträgt hierfür:

3 Maschinen à 300 000 € =

900 000 €

abzgl. 5 % Provision

./. 45 000 €

Entgelt

855 000 €

Der Zeitpunkt der Lieferung ist mit dem Zeitpunkt identisch, in dem K die Maschinen an die Kunden liefert.

Hinsichtlich der verbleibenden zwei Maschinen liegt keine umsatzsteuerrechtliche Lieferung vor. Die Rückgabe stellt folglich auch keine umsatzsteuerliche Rücklieferung dar.

Befördert im Falle eines Kommissionsgeschäftes der Kommittent das Kommissionsgut mit eigenem Fahrzeug an den im Ausland ansässigen Kommissionär, liegt eine Lieferung im Inland nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG nicht vor, weil die – anschließende – Übergabe des Kommissionsgutes an den Verkaufskommissionär keine Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG ist (Abschn. 3.12. Abs. 2 Satz 4, Abschn. 3.1. Abs. 3 Satz 7 UStAE unter Hinweis auf BFH Urteil vom 25.11.1986, V R 102/78, BStBl II 1987, 278).

Der Lieferort der Lieferung des Kommissionärs an den Käufer bestimmt sich grundsätzlich nach § 3 Abs. 6 UStG. Zum gleichen Zeitpunkt gilt auch die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär als ausgeführt. Der Ort dieser Lieferung bestimmt sich nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG. Die Lieferung wird dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet.

3.2.2.2. Binnenmarktregelungen

Gelangt das Kommissionsgut bei der Zurverfügungstellung an den Kommissionär vom Ausgangs- in den Bestimmungsmitgliedstaat, kann die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär nach dem Sinn und Zweck des innergemeinschaftlichen Verbringens bereits zu diesem Zeitpunkt als erbracht angesehen werden. Gleichzeitig ist demnach der innergemeinschaftliche Erwerb beim Kommissionär der Besteuerung zu unterwerfen (Abschn. 1a.2. Abs. 7, Abschn. 3.1. Abs. 3 Satz 8 UStAE; OFD Frankfurt vom 4.4.2014, S 7103a A – 8 – St 110, UR 2014, 786, LEXinform 5235012). S.a. die Erläuterungen unter → Innergemeinschaftlicher Erwerb.

Beispiel 2:

Lösung 2:

Mit dem Verbringen des Gegenstandes erbringt der Kommittent ausnahmsweise bereits am 12.1.15 eine Lieferung an den Kommissionär. Der Ort der Lieferung befindet sich nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Frankreich. Da die Ware in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt, handelt es sich um eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung. Beim Kommissionär liegt am 12.1.15 ein innergemeinschaftlicher Erwerb in Deutschland vor (§ 3d Satz 1 UStG). Durch einen Verzicht auf die Berücksichtigung des innergemeinschaftlichen Verbringens durch den Kommittenten ist eine Erfassung des französischen Kommittenten in Deutschland nicht erforderlich (Abschn. 3.1. Abs. 3 Satz 8 i.V.m. Abschn. 1a.2. Abs. 7 UStAE).

3.2.3. Bemessungsgrundlage

Entgelt für die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär bei der Verkaufskommission ist alles, was der Kommissionär aufgrund des ausgeführten Kommissionsgeschäfts an den Kommittenten als Erlös herausgibt. Das ist i.d.R. der vom Kunden bezahlte Kaufpreis abzüglich der Provision des Kommissionärs sowie weiterer Kosten, die beim Kommissionär in eigener Person entstanden sind und dem Kommittenten weiterberechnet werden.

Entgelt des Kommittenten bei der Verkaufskommission:

Erlös beim Kunden durch den Kommissionär

./.

Provision

./.

sonstige Kosten des Kommissionärs

=

Bruttoentgelt

Das Entgelt für die Lieferung des Kommissionärs an den Abnehmer (bei der Verkaufskommission) bestimmt sich nach den normalen Grundsätzen des Eigenhandelsgeschäfts. Gem. § 10 Abs. 1 UStG ist Entgelt alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer (Kommissionär) vom Leistungsempfänger oder von einem anderen als dem Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll, abzüglich der für diese Leistung gesetzlich geschuldeten USt.

Beispiel 3:

Sachverhalt s. Beispiel 1. K erhält allerdings auch für seine nicht erfolgreichen Verkaufsbemühungen in Bezug auf die 2 unverkäuflichen Maschinen eine vertraglich vereinbarte Entschädigung von 10 000 €.

Lösung 3:

Die Grundsätze der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Kommissionsgeschäften gem. § 3 Abs. 3 UStG finden hinsichtlich der Entschädigungsleistung keine Anwendung, da es insoweit zu keiner Lieferung des K an Kunden und somit auch nicht von M an K gekommen ist. K hat an M eine sonstige Leistung i.S.d. § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG erbracht.

Beispiel 4:

Sachverhalt s. Beispiel 1. Aufgrund eines Brandes bei K gehen 2 Maschinen unter. Die Versicherung zahlt einen Schadensersatz i.H.v. 500 000 €, den K in voller Höhe an M weiterleitet.

Lösung 4:

Geht das Kommissionsgut im Einflussbereich des Kommissionärs unter, ist eine Erfüllung der vorgesehenen Leistungen im Außenverhältnis nicht mehr möglich. Es kommt somit nicht zu einer Lieferung des Kommissionsguts vom Kommissionär K an den Kunden und somit liegt auch keine Lieferung des Kommissionsguts vom Kommittenten M an den Kommissionär K vor. Die Herausgabe der Versicherungsentschädigung ist umsatzsteuerlich als Schadensersatz zu qualifizieren.

Beispiel 5:

Sachverhalt s. Beispiel 1. Nach dem Verkauf der 3 Maschinen an den Kunden fällt die Forderung gegen den Kunden auf Bezahlung der Ware komplett aus. K hat dadurch keinen Anspruch auf eine Verkaufsprovision.

Lösung 5:

Der Ausfall des Entgelts lässt das umsatzsteuerliche Bestehen der erbrachten Leistungen unangetastet; das Kommissionsgeschäft i.S.d. § 3 Abs. 3 UStG bleibt daher bestehen. Gem. § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 UStG ändern sich bei der Uneinbringlichkeit des Entgelts die Bemessungsgrundlagen für die USt auf die erbrachten Leistungen. Sowohl M als auch K haben die USt aus den von ihnen erbrachten Leistungen zu berichtigen. K – als Empfänger der Lieferung des M – hat auch einen vorgenommenen Vorsteuerabzug gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 UStG zu korrigieren.

3.2.4. Reihengeschäft

Die Lieferungen im Zusammenhang mit einem Kommissionsgeschäft können auch zu einem → Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6a UStG) führen.

Abb.: Reihenkommissionsgeschäft

Bei der Verkaufskommission finden nach § 3 Abs. 3 UStG Lieferungen zwischen dem Kommittenten an den Kommissionär und vom Kommissionär an den Kunden statt. Die Verkaufskommission kann unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 6a UStG im → Reihengeschäft oder unter den Voraussetzungen des § 25b UStG als innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft ausgeführt werden. In der obigen Darstellung wird das Kommissionsgeschäft als innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft nach § 25b Abs. 1 UStG ausgeführt (→ Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft).

Beispiel 6 (Warenbewegung beginnt im Inland und endet im Drittland – Ausfuhr):

Der Pfälzer Winzer P (Landau) beauftragt am 15.3.15 den russischen Kommissionär K, 100 000 Liter Wein im eigenen Namen und auf Rechnung des P, in Moskau zu verkaufen. Am 15.6.15 verkauft K die 100 000 Liter an einen Abnehmer R in Russland.

  1. P bringt den Wein am 1.4.15 zu K nach Moskau. K bringt den Wein am 17.6.15 zu R.

  2. P bringt den Wein am 1.4.15 zu K nach Moskau. R holt den Wein am17.6.15 bei K ab.

  3. K holt den Wein am 1.4.15 bei P ab und befördert ihn nach Moskau. R holt den Wein bei K ab.

  4. P bringt den Wein am 17.6.15 – im Auftrag des K– direkt zu R nach Russland. Als K die Kommissionsware an R verkauft hat, teilt er dies dem P mit. P versendet dann die Ware von Landau nach Russland.

  5. R holt den Wein am 17.6.15 bei P ab und befördert ihn nach Russland.

  6. K holt den Wein am 17.6.15 bei P ab und befördert ihn direkt zu R. K ist in keinem EU-Mitgliedstaat steuerlich registriert.

Lösung 6:

Die Übergabe des Kommissionsguts an den Verkaufskommissionär ist keine Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG. Beim Kommissionsgeschäft liegt eine Lieferung des Kommittenten P an den Kommissionär K erst im Zeitpunkt der Lieferung des Kommissionsguts an den Abnehmer vor (Abschn. 3.1. Abs. 3 Satz 7 UStAE). Das Verbringen des Weines von P an K (Fall a und b) stellt ein rechtsgeschäftsloses Verbringen dar.

  1. Die Lieferung K an R gilt am 17.6.15 in Moskau als ausgeführt, da die Beförderung dort beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). Zum gleichen Zeitpunkt (17.6.15) gilt die Lieferung P an K (§ 3 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UStG) als ausgeführt. Der Ort der Lieferung zwischen P und K bestimmt sich nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG. Die Lieferung wird dort ausgeführt, wo sich der Gegenstand zur Zeit der Verschaffung der Verfügungsmacht befindet. Der Ort der Lieferung P an K befindet sich demnach in Russland. Beide Lieferungen sind nicht steuerbar. Die Regelungen der Ausfuhrlieferung kommen nicht zur Anwendung.

  2. S. Lösung a).

  3. S. Lösung a).

    In den Fällen a) bis c) ist kein Reihengeschäft gegeben, da § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG voraussetzt, dass eine Beförderung oder Versendung durch einen am Reihengeschäft beteiligten Unternehmer vorliegt. Diese Voraussetzung ist bei einer Beförderung oder Versendung durch mehrere beteiligte Unternehmer (gebrochene Beförderung oder Versendung) nicht erfüllt (Abschn. 3.14. Abs. 4 UStAE). Weiterhin muss der letzte Abnehmer bei Beginn der Warenbewegung aus dem Verfügungsbereich des ersten Unternehmers feststehen.

    Zu den Vereinfachungsregelungen bei einer gebrochenen Beförderung oder Versendung im Zusammenhang mit einem Reihengeschäft s. Abschn. 3.14. Abs. 19 UStAE.

  4. Die Lieferungen von im Kommissionsgeschäft veräußerten Waren können im Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6a Satz 1 UStG) ausgeführt werden.

    Am 17.6.15 wird die Kommissionsware vom Kommittenten P an den Kunden des Kommissionärs befördert, nachdem der Kommissionär K diese Ware an den Kunden R verkauft hat. Da der erste Unternehmer in der Reihe (P) die Ware unmittelbar an den letzten Abnehmer befördert, ist die Beförderung seiner Lieferung an den Abnehmer (Kommissionär K) zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 2 UStG). Lieferort ist der Ort, von dem aus der Transport beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG) und liegt somit in Landau/Pfalz. Die Lieferung ist steuerbar und nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerfrei. Es handelt sich um eine Ausfuhrlieferung, da der liefernde Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert hat. Da die Lieferung des K an R der Beförderungslieferung folgt, gilt diese Lieferung nach § 3 Abs. 7 Nr. 2 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung des Gegenstandes endet und liegt somit in Russland. Die Lieferung K an R ist nicht steuerbar.

  5. Da der letzte Abnehmer die Ware beim ersten Unternehmer abholt und den Warentransport durchführt, ist die Beförderung der Lieferung an ihn zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 3 UStG). Die Beförderungslieferung ist somit die von Kommissionär K an R. Lieferort ist der Ort, von dem aus der Transport beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG), und ist in Landau/Pfalz. Die Lieferung ist steuerbar und unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG steuerfrei. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist R ein ausländischer Abnehmer, da er seinen Wohnort im Ausland hat.

    Der Ort der Lieferung des P an K ist nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG ebenfalls in Landau/Pfalz, da die Lieferung des P der Beförderungslieferung des K vorangeht und die Beförderung in Landau beginnt. Die Lieferung des P ist steuerbar. Sie ist nicht nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG steuerfrei, da es sich bei der Lieferung von P an K um keine Lieferung mit Warenbewegung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG handelt.

  6. Holt ein Abnehmer, der zugleich Lieferer ist, die Ware bei dem ersten Unternehmer ab und befördert oder versendet er sie unmittelbar an den letzten Abnehmer, ist ihm die Beförderung oder Versendung der Lieferung zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 4 Alt. 1 UStG), es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat (§ 3 Abs. 6a Satz 4 Alt. 2 UStG).

    Da der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet gelangt, kann der Zwischenhändler (Kommissionär K) nach § 3 Abs. 6a Satz 6 UStG den Nachweis i.S.d. § 3 Abs. 6a Satz 4 Alt. 2 UStG dadurch führen, dass K gegenüber dem leistenden Unternehmer (Kommittent P) bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine USt-IdNr. oder Steuer-Nr. verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung (Deutschland) erteilt wurde.

    Da K nicht nachweist, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert (§ 3 Abs. 6a Satz 4 i.V.m. Satz 6 UStG), ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 4 Alt. 1 UStG). Die Lieferung P an K ist die bewegte Lieferung. Der Ort dieser Lieferung bestimmt sich nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG und liegt in Landau/Pfalz. Als Befreiungsvorschrift für die Ausfuhrlieferung ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG zu prüfen, da der Abnehmer den Liefergegenstand in Drittlandsgebiet befördert hat. K ist gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG ein ausländischer Abnehmer.

    Der Ort der Lieferung des K an R ist nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in Russland, weil dort die Beförderung endet. Die Lieferung ist nicht steuerbar.

Beispiel 7 (Warenbewegung beginnt im Drittland und endet im Inland – Einfuhr):

Der schweizerische Hersteller H von Computerteilen beauftragt am 15.3.15 den französischen Kommissionär K, Computerteile im eigenen Namen und auf Rechnung des H in Deutschland zu verkaufen.

Der deutsche Unternehmer A aus Aachen bestellt bei dem französischen Kommissionär K Computerteile. H befördert am 17.6.15 die Computerteile im Auftrag des K unmittelbar zu A nach Aachen. A lässt die Teile in den freien Verkehr überführen, nachdem ihm S die Computerteile übergeben hat, und entrichtet die deutsche EUSt (Lieferkondition »unverzollt und unversteuert«).

Lösung 7:

Die Lieferungen von im Kommissionsgeschäft veräußerten Waren können im Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6a Satz 1 UStG) ausgeführt werden.

Am 17.6.15 wird die Kommissionsware vom Kommittenten S an den Kunden des Kommissionärs befördert, nachdem der Kommissionär K diese Ware an den Kunden A verkauft hat. Da der erste Unter-nehmer in der Reihe (S) die Ware unmittelbar an den letzten Abnehmer befördert, ist die Beförderung seiner Lieferung an den Abnehmer (Kommissionär K) zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 2 UStG). Lieferort ist der Ort, von dem aus der Transport beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG), er liegt somit in der Schweiz. Die bewegte Lieferung des S unterliegt bei der Einfuhr nach Deutschland der deutschen EUSt. Eine Verlagerung des Lieferorts nach § 3 Abs. 8 UStG kommt nicht in Betracht, da S als Lieferer der Beförderungslieferung nicht zugleich Schuldner der EUSt ist.

Die zweite Lieferung (K an A) ist eine ruhende Lieferung. Sie gilt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in Deutschland als ausgeführt (Ende der Beförderung), da sie der Beförderung nachfolgt. K führt eine nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfreie Lieferung aus, da seine Lieferung in der Lieferkette der Einfuhr durch den Abnehmer A vorausgeht (Abschn. 3.14. Abs. 16 UStAE).

Eine Einfuhr für das Unternehmen des A ist gegeben, da der Unternehmer A den eingeführten Gegenstand im Inland zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abfertigt und danach im Rahmen seiner unternehmerischen Tätigkeit zur Ausführung von Umsätzen einsetzt. Diese Voraussetzung ist bei Unternehmer A gegeben, da er im Zeitpunkt der Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr die Verfügungsmacht über den Gegenstand besitzt (Abschn. 15.8. Abs. 4 Satz 1 und 2 UStAE).

A kann die entstandene EUSt nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG als Vorsteuer abziehen, da er zum Zeit-punkt der Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr die Verfügungsmacht innehat (Abschn. 15.8. Abs. 5 Satz 2 UStAE).

Beispiel 7 Abwandlung 1:

S befördert die Computerteile im Auftrag des K unmittelbar an A nach Deutschland. K lässt die Teile in den freien Verkehr überführen und entrichtet die deutsche EUSt.

Lösung 7 Abwandlung 1:

S.a. das Beispiel 2 unter Abschn. 3.14. Abs. 16 UStAE.

Es liegt wie oben ein Reihengeschäft vor, bei dem die bewegte Lieferung des S an K mit Beginn der Beförderung in der Schweiz (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG) und die ruhende Lieferung des K an A am Ende der Beförderung in Deutschland ausgeführt wird (§ 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG). Im Zeitpunkt der Überführung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr hat K die Verfügungsmacht über die eingeführten Computerteile, weil die Lieferung von S an ihn bereits in der Schweiz und seine Lieferung an A erst mit der Übergabe der Waren an A im Inland als ausgeführt gilt. Die angefallene EUSt kann daher von K als Vorsteuer abgezogen werden. Die Lieferung des K an A ist nicht nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfrei, da sie innerhalb der Lieferkette der Einfuhr durch K nachgeht.

Hinweis:

Zur Vorsteuerabzugsfähigkeit von EUSt im Rahmen einer Verkaufskommission hat das FG Köln mit Urteil vom 23.9.2020 (9 K 327/17, EFG 2021, 929, LEXinform 5023825, rkr.) entschieden, dass die EUSt im Rahmen der Verkaufskommission vom Verkaufskommissionär als Vorsteuer gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG abgezogen werden kann, wenn der Verkaufskommissionär nach den allgemeinen Regeln des § 3 Abs. 6 bzw. Abs. 8 UStG zum Zeitpunkt der Überführung der Gegenstände in den freien Verkehr die Verfügungsmacht innehatte.

Für die Verkaufskommission ergibt sich die Besonderheit, dass umsatzsteuerrechtlich keine Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG zwischen dem Kommittenten und dem Verkaufskommissionär vorliegt, da es sich lediglich um eine Geschäftsbesorgung in Form eines Verkaufs in eigenem Namen, aber auf fremde Rechnung handelt.

Die Fiktion der Lieferung gem. § 3 Abs. 3 EStG knüpft an die tatsächliche Übergabe der Ware an den Verkaufskommissionär bzw. den Beförderer oder Versender und damit unmittelbar an die Regelungen der § 3 Abs. 6 und Abs. 8 UStG an, um sowohl den Übergang der Verfügungsmacht als auch den Ort und Zeitpunkt der Lieferung zu bestimmen.

Beispiel 7 Abwandlung 2:

K befördert die Computerteile selbst unmittelbar an A nach Deutschland. Die Computerteile werden bei Grenzübertritt im Namen des K zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr abgefertigt.

Lösung 7 Abwandlung 2:

S.a. das Beispiel 3 unter Abschn. 3.14. Abs. 16 UStAE(E).

Die Warenbewegung ist nach § 3 Abs. 6a Satz 4 2. Halbsatz i.V.m. Satz 7 UStG der zweiten Lieferung K an A zuzuordnen, da die Computerteile im Namen des Zwischenhändlers K zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr angemeldet wurden. Die Vermutung des § 3 Abs. 6a Satz 4 1. Halbsatz UStG gilt somit als widerlegt und K tritt im Rahmen des Reihengeschäfts nicht als Abnehmer, sondern als Lieferer auf. Lieferort der (bewegten) Lieferung des K an A ist nach § 3 Abs. 8 UStG Deutschland, da K als Lieferer der Beförderungslieferung zugleich Schuldner der EUSt ist.

Die erste Lieferung (S an K) ist eine ruhende Lieferung. Sie gilt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG in der Schweiz als ausgeführt (Beginn der Beförderung), da sie der Beförderung vorangeht. Im Zeitpunkt der Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr hat K die Verfügungsmacht über die eingeführten Computerteile, weil die Lieferung von S an ihn bereits in der Schweiz und seine Lieferung an A erst nach der Einfuhr im Inland als ausgeführt gilt. Die angefallene EUSt kann daher von K als Vorsteuer abgezogen werden.

Die Lieferung des K an A ist nicht nach § 4 Nr. 4b UStG steuerfrei, da sie innerhalb der Lieferkette der Einfuhr durch K nachgeht.

S.a. → Reihengeschäft unter dem Gliederungspunkt »Abschließende Beispiele«.

Beispiel 8:

Winzer W aus Edenkoben beauftragt am 14.4.24 den Antiquitätenhändler A aus Landau/Pfalz einen 200 Jahre alten Bauernschrank, der bisher im Wohnzimmer des W stand und nur privat genutzt wurde, im Namen des A, aber für Rechnung des W, zu verkaufen. A erhält eine Provision i.H.v. netto 15 %. Am 14.4.24 bringt W den Schrank zu A nach Landau.

A verkauft den Schrank am 24.4.24 an einen privaten Käufer K aus Edesheim/Pfalz und erteilt ihm sofort folgende Rechnung:

Verkauf Bauernschrank

3 440,00 €

USt darauf

753,60 €

zu zahlen

4 193,60 €

Der Kunde K zahlt sofort in bar. Nach Abzug seiner Provision überweist A dem W den restlichen Betrag. Wie vertraglich vereinbart, rechnet A über die von W an ihn erbrachte Lieferung mittels Gutschrift am 5.5.24 wie folgt ab:

Erlös beim Kunden

3 440,00 €

abzgl. Provision von 15 %

./. 516,00 €

abzgl. sonstige Kosten

0,00 €

Bemessungsgrundlage für die fiktive Lieferung durch W

2 924,00 €

USt darauf 19 %

555,56 €

W widerspricht der Gutschrift nicht.

K beauftragt einen Fuhrunternehmer F aus Edesheim/Pfalz den Bauernschrank bei A in Landau abzuholen. F bringt am 4.5.24 den Schrank zu K nach Edesheim und berechnet dafür 250 €.

Lösung 8:

Der Verkauf des Bauernschranks wird im Rahmen einer Verkaufskommission durchgeführt (§ 383 Abs. 1 HGB); W ist Kommittent, A Kommissionär. Nach § 3 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 UStG wird zwischen W und A eine Lieferung fingiert. Zwischen A und K findet ebenfalls eine Lieferung statt. Der Transport zu A im Mai stellt noch keine Lieferung dar, da dem A keine Verfügungsmacht verschafft werden soll. Es handelt sich lediglich um ein rechtsgeschäftsloses Verbringen.

Lieferung A:

Mit dem Verkauf führt A eine bewegte Lieferung an K aus. Ort der Versendungslieferung ist Landau, da dort die Versendung im Auftrag des Käufers beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. Satz 3 und 4 UStG). Zeitpunkt ist nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG mit Beginn der Versendung in Landau am 4.5.24. Landau ist Inland, die Lieferung damit steuerbar und auch steuerpflichtig. Bemessungsgrundlage ist das Entgelt: 4 193,60 € ./. 669,56 € USt = 3 524,04 €. Der Steuersatz beträgt 19 %. Die Umsatzsteuer i.H.v. 669,56 € entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums Mai. Steuerschuldner ist A.

Allerdings hat A in seiner Rechnung (unrichtig) einen zu hohen Umsatzsteuerbetrag ausgewiesen. Er schuldet den zu hoch ausgewiesenen Betrag von 753,60 € ./. 669,56 € = 84,04 € nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG (Abschn. 14c.1. Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 UStAE). Diese Steuer entsteht nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung am 24.4.24 (Abschn. 13.7. Satz 1 und 2 UStAE).

Als Antiquitätenhändler ist A Wiederverkäufer i.S.d. § 25a Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 UStG. Als Wiederverkäufer gelten Unternehmer, die im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit üblicherweise Gebrauchtgegenstände erwerben und sie danach, gegebenenfalls nach Instandsetzung, im eigenen Namen wieder verkaufen (gewerbsmäßige Händler; Abschn. 25a. Abs. 2 UStAE). Die → Differenzbesteuerung ist anzuwenden, soweit der Wiederverkäufer A nicht unter den Voraussetzungen des § 25a Abs. 8 UStG auf deren Anwendung verzichtet. Der Verzicht ist an keine besondere Form gebunden. Die Option erfolgt z.B. dadurch, dass der Unternehmer den Umsatz der Regelbesteuerung unterwirft, so wie A dies durch die Erteilung der Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis getan hat (Abschn. 25a.1. Abs. 21 i.V.m. Abschn. 9.1. Abs. 3 UStAE).

Ohne den Verzicht auf die Anwendung der Differenzbesteuerung hätte A die Bemessungsgrundlage für den Verkauf des Bauernschranks an K wie folgt zu ermitteln:

Als Bemessungsgrundlage ist der Betrag anzusetzen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt; die in dem Unterschiedsbetrag enthaltene USt ist herauszurechnen.

Verkaufspreis an K

3 440,00 €

Einkaufspreis von B

2 924,00 €

Differenzbetrag

516,00 €

Die USt des A beträgt 516 € : 119 × 19 =

82,39 €

Nach § 14a Abs. 6 UStG muss die Rechnung die Angabe «Gebrauchtgegenstände/Sonderregelung» enthalten. Die Vorschrift auf den gesonderten Steuerausweis in einer Rechnung findet keine Anwendung (§ 14a Abs. 6 Satz 2 UStG).

Die Kunstgegenstände, Sammlungsstücke oder Antiquitäten-Sonderregelung des § 25a Abs. 2 UStG kommt bei A nicht zur Anwendung, da die Voraussetzung des § 25a Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht erfüllt ist. A hat den Schrank als Antiquität nicht in das Gemeinschaftsgebiet selbst eingeführt. Antiquitäten sind andere Gegenstände als Kunstgegenstände und Sammlungsstücke, die mehr als 100 Jahre alt sind (Position 9706 00 00 Zolltarif; Abschn. 25a.1. Abs. 6 Satz 4 UStAE).

Lieferung W:

Mit der Lieferung des A an K liegt zeitgleich eine unbewegte Lieferung von Kommittent W an den Kommissionär A vor (§ 3 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 i.V.m. Abschn. 3.1. Abs. 3 Satz 7 UStAE). Diese Lieferung ist jedoch nicht steuerbar, da W den Schrank nicht im Rahmen seines Unternehmens (Privatvermögen) geliefert hat. Als Bemessungsgrundlage wäre das Entgelt anzusetzen, also alles, was der Kommissionär A gegenüber dem Kommittenten aufzuwenden hat. Das wäre der an den Kommittenten aus dem Weiterverkauf abzuführende Kaufpreis abzüglich der ihm zustehenden Provision und ggf. Aufwendungsersatz.

Erlös beim Kunden durch den Kommissionär A

3 440,00 €

abzgl. Provision von 15 %

./. 516,00 €

abzgl. sonstige Kosten

0,00 €

Bemessungsgrundlage für die fiktive Lieferung durch den Kommittenten W an den Kommissionär A

2 924,00 €

Die am Leistungsaustausch Beteiligten können frei vereinbaren, ob der leistende Unternehmer W oder der in § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG bezeichnete Leistungsempfänger A abrechnet. Die Vereinbarung hierüber muss vor der Abrechnung getroffen sein und kann sich aus Verträgen oder sonstigen Geschäftsunterlagen ergeben. Sie ist an keine besondere Form gebunden und kann auch mündlich getroffen werden (Abschn. 14.3. Abs. 2 UStAE). Nach § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG ist der Kommissionär A allerdings nicht berechtigt, für die Lieferung des Kommittenten W eine Gutschrift zu erteilen (Abschn. 14.3. Abs. 1 Satz 1 UStAE), da W die Lieferung nicht im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

Die Gutschrift wird wirksam, da W nicht widerspricht (Abschn. 14.3. Abs. 3 UStAE). Erst mit dem Widerspruch verliert die Gutschrift die Wirkung als Rechnung (Abschn. 14.3. Abs. 4 Satz 2 UStAE). Die unberechtigt erteilte und nicht widersprochene Gutschrift führt dazu, dass der Empfänger der Gutschrift die unberechtigt ausgewiesene Steuer nach § 14c Abs. 2 UStG schuldet (Abschn. 14.3. Abs. 1 Satz 5 UStAE). Es handelt sich um einen unberechtigten Steuerausweis nach Abschn. 14c.2. Abs. 2 Nr. 4 UStAE. Nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG entsteht die USt i.H.v. 555,56 € im Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung am 5.5.24.

Transport F:

Es handelt sich um eine Beförderungsleistung des F an K (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG). Der Ort dieser Beförderung bestimmt sich nach § 3b Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Satz 1 UStG, da die sonstige Leistung für die Privatperson K erbracht wird. Leistungsort ist demnach die Beförderungsstrecke von Landau nach Edesheim; damit ist die sonstige Leistung steuerbar und steuerpflichtig. Zeitpunkt der Beförderungsleistung ist der 4.5.24. Das Entgelt (netto) beträgt 210,08 €, die USt demnach 39,92 €. Sie entsteht mit Ablauf Mai. F schuldet diese USt.

3.2.5. Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände

Der BFH hat mit Urteilen vom 6.10.2005 (V R 20/04, BStBl II 2006, 931) und vom 30.3.2006 (V R 9/03, BStBl II 2006, 933) zur Veräußerung eines zur Sicherung übereigneten Gegenstandes durch den Sicherungsgeber im eigenen Namen, jedoch für Rechnung des Sicherungsnehmers, entschieden (Abschn. 1.2. Abs. 1a UStAE; → Verschaffung der Verfügungsmacht unter dem Gliederungspunkt »Sicherungsübereignung«).

3.3. Einkaufskommission

3.3.1. Allgemeiner Überblick

Nach § 3 Abs. 3 Satz 1 UStG liegt zwischen dem Kommissionär und dem Kommittenten eine Lieferung vor.

Abb.: Einkaufskommission

3.3.2. Zeitpunkt und Ort der Lieferungen

Zeit und Ort der beiden Lieferungen bestimmen sich nach den allgemeinen Regeln. Die Lieferung des Kommissionärs an den Kommittenten ist in dem Zeitpunkt ausgeführt, in dem der Kommittent die Verfügungsmacht an dem Kommissionsgut erhalten hat. Je nach Ausgestaltung des Kommissionsvertrags kann bereits dann dem Kommittenten die Verfügungsmacht verschafft werden, wenn der Kommissionär das Kommissionsgut erhält. Der Lieferort für die Lieferung des Kommissionärs an den Kommittenten bestimmt sich in diesem Fall nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG.

3.3.3. Abgrenzung Werklieferung von Werkleistung

3.3.3.1. Werkunternehmer als Einkaufskommissionär

Eine Werklieferung liegt vor, wenn der Werkhersteller für das Werk selbstbeschaffte Stoffe verwendet, die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen sind. Besteht das Werk aus mehreren Hauptstoffen, bewirkt der Werkunternehmer bereits dann eine Werklieferung, wenn er nur einen Hauptstoff oder einen Teil eines Hauptstoffes selbst beschafft hat, während alle übrigen Stoffe vom Besteller beigestellt werden (Abschn. 3.8. Abs. 1 Satz 1 und 2 UStAE). Hat der Werkunternehmer an der Beschaffung der Werkstoffe als Kommissionär mitgewirkt, so ist die Stoffbeschaffung noch dem Werkunternehmer zuzurechnen (Abschn. 3.8. Abs. 4 Satz 1 und 2 UStAE).

3.3.3.2. Werkunternehmer als Agent

Hat der Werkunternehmer an der Beschaffung der Werkstoffe als Agent mitgewirkt, so ist die Stoffbeschaffung dem Auftraggeber zuzurechnen (Abschn. 3.8. Abs. 4 Satz 3 und 4 UStAE).

3.3.3.3. Abgrenzung Lieferung und Werklieferung

Mit Urteil vom 22.8.2013 (V R 37/10, BStBl II 2014, 128) hat der BFH anlässlich eines Verfahrens, das in der Hauptsache die Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger bei Bauleistungen betraf, zum Begriff der Werklieferung Stellung genommen (→ Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers unter dem Gliederungspunkt »Bauleistereigenschaft von Bauträgern«). Nach Rz. 35 des BFH-Urteils V R 37/10 liegen Werklieferungen vor, wenn der Unternehmer dem Abnehmer nicht nur die Verfügungsmacht an einem Gegenstand verschafft (§ 3 Abs. 1 UStG), sondern zusätzlich einen fremden Gegenstand be- oder verarbeitet. Nicht ausreichend für die Annahme einer Werklieferung ist dagegen die Be- oder Verarbeitung eigener Gegenstände des Leistenden.

Mit BMF-Schreiben vom 1.10.2020 (BStBl I 2020, 983) hat die Finanzverwaltung die vom BFH im o.a. Urteil aufgestellten Grundsätze übernommen und Abschn. 3.8. Abs. 1 Satz 1 UStAE entsprechend geändert.

Beispiel 9:

Händler A aus Hamburg bestellt am 15.6.15 bei der Stoffhandlung und Schneiderei B in München Ballettuniformen. B hat die Stoffe nicht vorrätig. A beauftragt daher den B die Stoffe im eigenen Namen für Rechnung des A zu besorgen.

B bestellt die Stoffe bei S in Bern (Schweiz). B holt am 19.6.15 die Stoffe bei S in Bern ab. B fertigt davon die Ballettuniformen und bringt sie am 20.7.15 mit eigenem Lkw zu A nach Hamburg.

Lösung 9:

B handelt als Kommissionär (eigener Name, fremde Rechnung, § 383 BGB). Es liegt gem. § 3 Abs. 3 UStG ein Kommissionsgeschäft vor. Liefergegenstand dieses Kommissionsgeschäftes sind die Stoffe. S liefert die Stoffe am 19.6.15 an B. Der Ort befindet sich gem. § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in Bern (Befördern durch den Abnehmer).

Da B die Stoffe nicht an A weiterliefert, sondern aus seinen Stoffen die bestellten Ballettuniformen herstellt, tätigt B an A eine Lieferung und keine Werklieferung. Eine Werklieferung liegt nur vor, wenn der Werkhersteller für das Werk einen fremden Gegenstand be- oder verarbeitet (Abschn. 3.8. Abs. 1 Satz 1 UStAE i.d.F. des BMF-Schreibens vom 1.10.2020, BStBl I 2020, 983). In diesem Fall liegt eine Lieferung der Stoffe von S an B und eine weitere Lieferung der Ballettuniformen von B an A vor. Der Ort befindet sich gem. § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in München.

Hinweis zur Anwendungsregelung:

Die Grundsätze des BMF-Schreibens vom 1.10.2020 (BStBl I 2020, 983) sind in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird hinsichtlich aller bis vor dem 1.1.2021 entstandener gesetzlicher Umsatzsteuer – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs und Fälle des § 13b UStG – nicht beanstandet, wenn die Unternehmer Lieferungen entsprechend der bisherigen Fassung des Abschn. 3.8. Abs. 1 Satz 1 UStAE behandelt haben.

Mit Schreiben vom 11.3.2021 (BStBl I 2021, 380) wird die Nichtbeanstandungsregelung für Umsätze vor dem 1.7.2021 (bisher Umsätze vor dem 1.1.2021) verlängert.

Für Umsätze vor dem 1.7.2021 könnte B eine Werklieferung tätigen. Da der Werkunternehmer B an der Beschaffung der Werkstoffe als Kommissionär mitgewirkt hat, ist die Stoffbeschaffung noch dem Werkunternehmer B zuzurechnen (Abschn. 3.8. Abs. 4 Satz 1 und 2 UStAE). In diesem Fall liegt eine Lieferung der Stoffe von S an B und eine Werklieferung von B an A vor (Abschn. 3.8. Abs. 4 Satz 1, 2 und 5 UStAE). Der Ort befindet sich gem. § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG in München.

3.3.4. Bemessungsgrundlage

Entgelt für die Lieferung des Kommissionärs an den Kommittenten bei der Einkaufskommission ist alles, was der Kommissionär aufgrund des Kommissionsgeschäfts vom Kommittenten für die Leistung erhält. Das ist i.d.R. der an den Verkäufer zu zahlende Kaufpreis, die Provision des Kommissionärs sowie die sonstigen beim Kommissionär entstandenen und an den Kommittenten weiterberechneten Kosten.

Entgelt des Kommissionärs bei der Einkaufskommission:

Kaufpreis der Verkäufers

+

Provision

+

sonstige Kosten des Kommissionärs

=

Bruttoentgelt

Durchlaufende Posten, die nach § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG nicht zum Entgelt gehören, liegen i.d.R. nicht vor, da es sich nach der Legaldefinition des durchlaufenden Postens in § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG nur dann um einen durchlaufenden Posten handelt, wenn er nicht nur auf fremde Rechnung vereinnahmt und verausgabt wird, sondern dies auch im fremden Namen geschieht. Der Kommissionär handelt aber gerade im eigenen Namen.

Das Entgelt für die Lieferung eines Unternehmers an den Kommissionär (Einkaufskommission) ist alles, was der Verkäufer vom Kommissionär für die Leistung erhält, abzüglich der USt.

Beispiel 10:

Der russische Weinhändler R (Moskau) beauftragt am 15.3.15 den russischen Kommissionär K, 100 000 Liter Wein im eigenen Namen und auf Rechnung des R, in Deutschland zu kaufen.

  1. Am 1.4.15 erwirbt K den Wein bei P in Landau/Pfalz und P bringt den Wein am 1.4.15 zu K nach Moskau. K bringt den Wein am 17.6.15 zu R und verschafft ihm bei Ankunft die Verfügungsmacht.

  2. Am 1.4.15 erwirbt K den Wein bei P. P bringt den Wein am 1.4.15 zu K nach Moskau. R holt den Wein am 17.6.15 bei K ab; K verschafft dem R bei Abholung die Verfügungsmacht an dem Wein.

  3. Am1.4.15 erwirbt K den Wein bei P. K holt den Wein am 15.4.15 bei P ab und befördert ihn nach Moskau. Am 17.6.15 holt R den Wein bei K ab.

  4. Am1.4.15 erwirbt K den Wein bei P. Am gleichen Tag überträgt K dem R das Eigentum an dem Wein. P bringt den Wein am 17.6.15 – im Auftrag des R – direkt zu R nach Russland.

  5. Am1.4.15 erwirbt K den Wein bei P. Am gleichen Tag überträgt K dem R das Eigentum an dem Wein. R holt den Wein am 17.6.15 bei P ab und befördert ihn nach Russland.

  6. K holt den Wein – im Auftrag des R – am 17.6.15 bei P ab und befördert ihn direkt zu R. K ist in Deutschland für Umsatzsteuerzwecke nicht registriert.

Lösung 10:

Die Übergabe des Kommissionsguts an den Einkaufskommissionär ist ebenso eine Lieferung i.S.d. § 3 Abs. 1 UStG wie die Übergabe des Kommissionsguts an den Abnehmer. Zeit und Ort beider Lieferungen bestimmen sich nach den allgemeinen Regeln.

  1. Die Lieferung P an K ist am 1.4.15 in Landau/Pfalz ausgeführt, da die Beförderung dort beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). Die Lieferung ist steuerbar und unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG als Ausfuhrlieferung steuerfrei, da der Unternehmer den Liefergegenstand ins Drittlandsgebiet befördert.

    Die Lieferung K an R ist am 17.6.15 in Moskau ausgeführt und somit nicht steuerbar.

  2. S. Lösung a).

  3. Die Lieferung P an K ist am 1.4.15 in Landau/Pfalz ausgeführt, da die Beförderung dort beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG). Die Lieferung ist steuerbar und unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr.2 UStG als Ausfuhrlieferung steuerfrei, da der Abnehmer – als ausländischer Abnehmer nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG – den Liefergegenstand ins Drittlandsgebiet befördert.

    Die Lieferung K an R ist am 17.6.15 in Moskau ausgeführt und somit nicht steuerbar.

  4. Die Lieferungen von im Kommissionsgeschäft veräußerten Waren können im → Reihengeschäft (§ 3 Abs. 6a Satz 1 UStG) ausgeführt werden.

    Am 17.6.15 wird die Kommissionsware vom Veräußerer P an den Abnehmer des Kommissionärs (Kommittent R) befördert. Da der erste Unternehmer in der Reihe (P) die Ware unmittelbar an den letzten Abnehmer befördert, ist die Beförderung der Lieferung seiner Lieferung an Kommissionär K zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 2 UStG). Lieferort ist der Ort, von dem aus der Transport beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG) und liegt somit in Landau/Pfalz. Die Lieferung vom 1.4.15 ist steuerbar und nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerfrei. Es handelt sich um eine Ausfuhrlieferung, da der liefernde Unternehmer den Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet befördert hat.

    Da die Lieferung des K an R der Beförderungslieferung folgt, gilt diese Lieferung vom 1.4.15 nach § 3Abs. 7 Nr. 2 UStG dort als ausgeführt, wo die Beförderung des Gegenstandes endet und liegt somit in Russland. Die Lieferung K an R ist nicht steuerbar.

  5. Da der letzte Abnehmer die Ware beim ersten Unternehmer abholt und den Warentransport durchführt, ist die Beförderung der Lieferung an ihn zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 3 UStG). Die Beförderungslieferung ist somit die von Kommissionär K an R. Lieferort ist der Ort, von dem aus der Transport beginnt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG) und ist in Landau/Pfalz. Die Lieferung ist steuerbar und unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG steuerfrei. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG ist R ein ausländischer Abnehmer, da er seinen Wohnort im Ausland hat.

    Der Ort der Lieferung des P an K ist nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG ebenfalls in Landau/Pfalz, da die Lieferung des P der Beförderungslieferung des K vorangeht und die Beförderung in Landau beginnt. Die Lieferung des P ist steuerbar. Sie ist nicht nach § 4 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG steuerfrei, da es sich bei der Lieferung von P an K um keine Lieferung mit Warenbewegung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG handelt.

  6. Holt ein Abnehmer, der zugleich Lieferer ist, die Ware bei dem ersten Unternehmer ab und befördert oder versendet er sie unmittelbar an den letzten Abnehmer, ist die Beförderung oder Versendung der Lieferung an ihn zuzuordnen (§ 3 Abs. 6a Satz 4 Alt. 1 UStG), es sei denn, er weist nach, dass er den Gegenstand als Lieferer befördert oder versendet hat (§ 3 Abs. 6a Satz 4 Alt. 2 UStG).

    Gelangt der Gegenstand der Lieferung in das Drittlandsgebiet, ist von einem ausreichenden Nachweis nach Satz 4 auszugehen, wenn der Zwischenhändler (Kommissionär K) gegenüber dem leistenden Unternehmer (P) bis zum Beginn der Beförderung oder Versendung eine USt-IdNr. oder Steuernummer verwendet, die ihm vom Mitgliedstaat des Beginns der Beförderung oder Versendung (Deutschland) erteilt wurde (§ 3 Abs. 6a Satz 4 Alt. 2 i.V.m. Satz 6 UStG).

    Hat K den Gegenstand nicht als Lieferer, sondern als Abnehmer befördert, ist die Lieferung P an K die bewegte Lieferung. Der Ort dieser Lieferung bestimmt sich nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG und liegt in Landau/Pfalz. Als Befreiungsvorschrift für die Ausfuhrlieferung ist § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG zu prüfen, da der Abnehmer den Liefergegenstand ins Drittlandsgebiet befördert hat. K ist gem. § 6 Abs. 2 Nr. 1 UStG ein ausländischer Abnehmer.

    Der Ort der Lieferung des K an R ist nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG in Russland, weil dort die Beförderung endet. Die Lieferung ist nicht steuerbar.

    Hätte K den Gegenstand als Lieferer befördert, wäre die Lieferung P an K die ruhende Lieferung. Die Lieferung K an R wäre die bewegte Lieferung. Der Ort dieser Lieferung würde sich nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG bestimmen und läge in Landau/Pfalz. Als Befreiungsvorschrift für die Ausfuhrlieferung wäre § 6 Abs. 1 Nr. 1 UStG zu prüfen, da der Lieferer den Liefergegenstand ins Drittlandsgebiet befördert hat.

    Der Ort der Lieferung des P an K wäre nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 1 UStG in Landau/Pfalz, weil dort die Beförderung beginnt. Die Lieferung wäre steuerbar und steuerpflichtig, da es sich bei der Lieferung von P an K um keine Lieferung mit Warenbewegung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG handelt.

Beispiel 11:

Möbelhändler M aus Mannheim erhält vom Möbelhändler L aus Ludwigshafen den Auftrag, in Deutschland antike Möbel für ihn einzukaufen.

Für jedes gekaufte Möbelstück erhält M eine Provision von 500 € zzgl. Umsatzsteuer.

  1. Am 15.4.24 kauft M ein Möbelstück vom Möbelhändler V in Köln für 4 000 € zzgl. Umsatzsteuer ein. M holt das Möbelstück bei V in Köln ab und befördert es mit eigenem Transporter zu seinem Möbellager. Am 2.5.24 holt L das Möbelstück bei M ab.

    M und L haben im Voraus vereinbart, dass das Eigentum sofort mit dem Erwerb durch M auf L übergehen soll.

  2. Am 16.5.24 kauft M einen Schrank vom Möbelhändler W in Wuppertal für 5 000 € zzgl. Umsatzsteuer ein. Über den Eigentumsübergang haben M und L nichts vereinbart.

    M bringt den Schrank zunächst in sein Lager nach Mannheim, wo L den Schrank am 2.6.24 abholt.

  3. Am 17.6.24 kauft M eine Couch vom Möbelhändler X in Rosenheim für 2 500 € zzgl. Umsatzsteuer ein. Über den Eigentumsübergang haben M und L nichts vereinbart.

    M bringt die Couch nach dem Einkauf bei X unmittelbar zu L nach Ludwigshafen.

  4. Am 18.7.24 kauft M ein Kanapee vom Privatmann Y in Stuttgart für 3 500 €. Über den Eigentumsübergang haben M und L nichts vereinbart.

    M bringt das Kanapee nach dem Einkauf bei Y unmittelbar zu L nach Ludwigshafen.

Abwandlung:

L aus Ludwigshafen ist Privatmann. L erteilt dem M aus Mannheim den Auftrag, als Kommissionär antike Möbelstücke in ganz Deutschland einzukaufen.

Am 19.8.24 kauft M einen Schrank vom Möbelhändler Z in Zwickau für 20 000 € zzgl. Umsatzsteuer. Über den Eigentumsübergang haben M und L nichts vereinbart. M bringt den Schrank nach dem Einkauf bei Z unmittelbar zu L nach Ludwigshafen.

Lösung 11:

L und M haben einen Kommissionsvertrag geschlossen (§ 383 BGB). Der Einkauf in eigenem Namen für Rechnung des L erfolgt im Rahmen einer Einkaufskommission.

Mit den Einkäufen der Möbel im eigenen Namen liegen nach § 3 Abs. 1 UStG Lieferungen von den Verkäufern an M vor. Die fingierten Weiterlieferungen von M an L nach § 3 Abs. 3 UStG gelten mit der Eigentumsübertragung der Möbelstücke von M an L als ausgeführt.

  1. Verkäufer V tätigt an M eine Lieferung des Möbelstücks. Nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG ist die Lieferung mit Beginn der Beförderung (Abhollieferung) am 15.4.24 ausgeführt. Die Lieferung gilt dort als ausgeführt, wo die Beförderung beginnt. Der Lieferort Köln ist im Inland (§ 1 Abs. 2 UStG). Die Lieferung des Verkäufers an den Kommissionär M ist steuerbar (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) und steuerpflichtig. Als Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG das vom Kommissionär M entrichtete Entgelt i.H.v. 4 000 € anzusetzen.

    Die Verschaffung der Verfügungsmacht vom Kommissionär M auf den Kommittenten L erfolgt zeitgleich mit dem Erwerb durch den Kommissionär M vom Verkäufer V am 15.4.24. Der Ort dieser Lieferung bestimmt sich nach § 3 Abs. 7 Satz 1 UStG, da das Möbelstück zu diesem Zeitpunkt nicht an L übergeben wird und befindet sich in Köln, da sich das Möbelstück bei der Weiterlieferung dort befindet. Auch diese Lieferung ist steuerbar und steuerpflichtig. Als Bemessungsgrundlage sind hier 4 500 € anzusetzen. Entgelt ist alles, was der Kommissionär M vom Kommittenten L für die Lieferung des Möbelstücks erhält oder erhalten soll, also der Kaufpreis des Möbelstücks, zuzüglich der Provision und ggf. eines Aufwendungsersatzes.

  2. Verkäufer W tätigt an den Kommissionär M eine Lieferung des Schranks. Nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG ist die Lieferung mit Beginn der Beförderung (Abhollieferung) am 16.5.24 ausgeführt. Die Lieferung gilt dort als ausgeführt, wo die Beförderung beginnt. Der Lieferort Wuppertal ist im Inland (§ 1 Abs. 2 UStG). Die Lieferung des Verkäufers W an den Kommissionär M ist steuerbar (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) und steuerpflichtig. Als Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG das vom Kommissionär M entrichtete Entgelt i.H.v. 5 000 € anzusetzen.

    Da Kommissionär M und Kommittent L hinsichtlich der Eigentumsübertragung keine Vereinbarung getroffen haben, findet die Eigentumsübertragung nach § 929 Satz 1 BGB erst mit der Übergabe des Schranks an den Kommittenten L statt. Es liegen daher zwei zeitlich aufeinanderfolgende Lieferungen vor. Bei der Lieferung des M an L handelt es sich ebenfalls um eine bewegte Lieferung nach § 3 Abs. 6 Satz 1 und 2 UStG, die am 2.6.24 in Mannheim als ausgeführt gilt. Die Lieferung ist steuerbar und steuerpflichtig. Als Bemessungsgrundlage sind hier 5 500 € anzusetzen.

  3. Der Kommissionär M liefert an den Kommittenten L, indem er die Couch direkt vom ersten Unternehmer X an den letzten Abnehmer L befördert. Nach § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG finden die Lieferungen im Rahmen eines Reihengeschäfts statt. Da der mittlere Unternehmer M die Couch befördert, ist die 1. Lieferung X an M die bewegte Lieferung, wenn M die Couch als Abnehmer der Lieferung befördert (§ 3 Abs. 6a Satz 4 Halbsatz 1 UStG). Da Kommissionär M und Kommittent L hinsichtlich der Eigentumsübertragung keine Vereinbarung getroffen haben, findet die Eigentumsübertragung nach § 929 Satz 1 BGB erst mit der Übergabe der Couch an den Kommittenten L statt. Kommissionär M liefert daher als Abnehmer, da bei Beginn der Beförderung M noch nicht die Verfügungsmacht auf L übertagen hatte. Die Lieferung des Verkäufers X an den Kommissionär M ist die bewegte Lieferung und gilt mit Beginn der Beförderung am 17.6.24 in Rosenheim als ausgeführt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 und 2 UStG). Als Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG das vom Kommissionär M entrichtete Entgelt i.H.v. 2 500 € anzusetzen.

    Die Lieferung des Kommissionärs M an den Kommittenten L ist als nachfolgende Lieferung die unbewegte Lieferung. Die Lieferung gilt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG am 17.6.24 in Ludwigshafen als ausgeführt, da die Beförderung des Gegenstands dort endet. Die Lieferung ist steuerbar und steuerpflichtig. Als Bemessungsgrundlage sind hier 3 000 € anzusetzen.

  4. Der Kommissionär M liefert an den Kommittenten L, indem er das Kanapee direkt vom Verkäufer Y an den letzten Abnehmer L befördert. Da der erste Beteiligte in der Reihe kein Unternehmer ist, liegt kein Reihengeschäft vor. Nach § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG muss der Gegenstand der Lieferung vom »ersten Unternehmer« an den »letzten Abnehmer« gelangen. Die Lieferung Y an den Kommissionär M ist nicht steuerbar, da Y lt. Sachverhalt kein Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG ist.

    Die Lieferung des Kommissionärs M an den Kommittenten L ist eine Beförderungslieferung, die nach § 3 Abs. 6 Satz 1 und 2 UStG am 18.7.24 in Stuttgart als ausgeführt gilt. Die Lieferung ist steuerbar und steuerpflichtig. Als Bemessungsgrundlage sind hier 4 000 € anzusetzen.

Lösung Abwandlung:

Der Kommissionär M liefert an den Kommittenten L, indem er den Schrank direkt vom ersten Unternehmer, Verkäufer Z, an den letzten Abnehmer L befördert. Nach § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG finden die Lieferungen im Rahmen eines Reihengeschäfts statt. Nach § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG muss der Gegenstand der Lieferung vom »ersten Unternehmer« an den »letzten Abnehmer« gelangen. Wie in der Lösung zu 3. erläutert, ist die Lieferung der Verkäufers Z an den Kommissionär M die bewegte Lieferung und gilt mit Beginn der Beförderung am 19.8.24 in Zwickau als ausgeführt (§ 3 Abs. 6 Satz 1 und 2 UStG). Als Bemessungsgrundlage ist nach § 10 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStG das vom Kommissionär M entrichtete Entgelt i.H.v. 20.000 € anzusetzen.

Die Lieferung des Kommissionärs M an den Kommittenten L ist als nachfolgende Lieferung die unbewegte Lieferung. Die Lieferung gilt nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG am 19.8.24 in Ludwigshafen als ausgeführt, da die Beförderung des Gegenstands dort endet. Die Lieferung ist steuerbar und steuerpflichtig. Als Bemessungsgrundlage sind hier 20 500 € anzusetzen.

4. Literaturhinweise

Schneider, ABC-Führer Umsatzsteuer (Loseblatt); Hahne, Leistungsstörungen bei der Abwicklung umsatzsteuerlicher Kommissionsgeschäfte, UR 2007, 677; Wenzel, Das Kommissionsgeschäft im Umsatzsteuerrecht, NWB 14/2018, 945.

5. Verwandte Lexikonartikel

Dienstleistungskommission

Innergemeinschaftliche Lieferung

Innergemeinschaftlicher Erwerb

Reihengeschäft

Verschaffung der Verfügungsmacht

 

Redaktioneller Hinweis:

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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