Quellensteuer

Stand: 2. Mai 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Quellensteuer ist ein Sammelbegriff für die Erhebung von Steuern.
  • Sie setzt sich beispielsweise aus der Erhebung der Lohnsteuer und der Kapitalertragssteuer zusammen.
  • Kommt es zur Erhebung der Einkommenssteuer eines Steuerpflichtigen, wird dieser Quellensteuer mit der zu zahlenden Einkommenssteuer verrechnet.

Inhaltsverzeichnis

1 Überblick
2 Lohnsteuerverfahren – Überblick
2.1 Überblick zu den (aktuellen) Verwaltungsanweisungen betreffend ELStAM
2.1.1 Allgemeiner Überblick über das Lohnsteuerabzugsverfahren
2.1.2 Besonderheiten bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern
2.1.3 Sonstiges
2.2 Lohnsteuerabzug im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale
2.3 Pauschalierungsverfahren
2.4 Haftungsverfahren gem. § 42d EStG
2.4.1 Grundzüge
2.4.2 Entleiherhaftung gem. § 42d Abs. 6 bis Abs. 8 EStG
2.5 Lohnsteuerpflichten durch Dritte
2.6 Lohnsteuer-Nachschau
3 Kapitalertragsteuer
4 Das Abzugsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen
4.1 Einleitung
4.2 Ausnahmen vom Quellensteuerabzug nach § 50 Abs. 2 Satz 2 EStG
4.3 Abzugsverfahren
4.3.1 Zweck der Norm
4.3.2 Aufsichtsratsvergütung (§ 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG)
4.3.3 Quellensteuer bei Vergütungen nach § 50a Abs. 1 EStG
4.3.3.1 Gesetzliche Ausgangssituation
4.4 Verfahrensrecht bei § 50a EStG
4.4.1 Grundsatz
4.4.2 Anordnung Steuerabzug
5 Aktuelle Entwicklungen
6 Literatur
7 Verwandte Lexikonartikel

1. Überblick

Mit Quellensteuern werden die Steuern charakterisiert, bei denen sich der Staat eines speziellen Verfahrens, des sog. Quellenabzugsverfahren, bedient. Im Gegensatz zum Veranlagungsverfahren, bei dem die Steuererhebung mittels Steuererklärung erfolgt, bedient sich der Staat hier einer Privatperson (beliehener Unternehmer), die für ihn die Steuern erhebt (einbehält) und abführt (= Entrichtungspflichtiger). An der Person des Steuerschuldners ändert sich dadurch nichts; die Quellensteuern bleiben direkte Steuern (i.U. beispielsweise zur Umsatzsteuer) und haben insoweit den Charakter von Vorauszahlungen des Steuerschuldners. Die Bezeichnung Quellensteuer ist darauf zurückzuführen, dass die zwischengeschaltete abführungspflichtige Privatperson gleichzeitig der Vertragspartner des Steuerschuldners ist und damit am nächsten an dessen Einkunftsquelle ist (Nähe-Prinzip). Beide Personen, der → Steuerschuldner wie der Entrichtungspflichtige, werden, um das Verfahren effektiv zu gestalten, zu einem Haftungsverbund vereint.

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In drei Bereichen gibt es Quellensteuern:

  1. im Lohnsteuerrecht

  2. bei der Kapitalertragsteuer

  3. im internationalen Steuerrecht, z.B. bei den Aufsichtsratsvergütungen.

Ebenfalls unter den Begriff Quellensteuer fallen im DBA-Recht die Steuern, die der sog. Quellenstaat einbehält. Auf diese DBA-Quellensteuern wird bei den internationalen Steuerfragen eingegangen (→ Ausländische Einkünfte, → Doppelbesteuerung).

2. Lohnsteuerverfahren – Überblick

2.1. Überblick zu den (aktuellen) Verwaltungsanweisungen betreffend ELStAM

Im BMF-Schreiben vom 19.12.2012 (BStBl I 2012, 1258 – Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale; Startschreiben) wurde als Starttermin für das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM-Verfahren) der 1.11.2012 festgelegt. ArbG konnten ab diesem Zeitpunkt mit Wirkung ab dem 1.1.2013 die ELStAM (Elektronische LohnSteuerAbzugsMerkmale) der Arbeitnehmer abrufen (siehe BMF vom 19.12.2012, BStBl I 2012, 1258). Die alte Lohnsteuerkarte auf Papier wurde letztmals für das Jahr 2010 ausgestellt. In den Jahren 2011 und 2012 galten Übergangsvorschriften (vgl. § 52b EStG a.F.). Ab dem Kj. 2013 muss der ArbG die ELStAM beim FA anfordern und diese für den Lohnsteuerabzug anwenden (BMF vom 19.12.2012, BStBl I 2012, 1258 sowie BMF vom 8.11.2018, BStBl I 2018, 1137, Rz. 3 und Rz. 4 – Ausnahme u.a.: stattgegebener Härtefallantrag gem. § 39e Abs. 7 EStG).

U.a. die folgenden BMF-Schreiben sind für das aktuelle Lohnsteuerabzugsrecht von zentraler Bedeutung:

  • BMF vom 19.12.2012 (BStBl I 2012, 1258) – Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale; Startschreiben zum erstmaligen Abruf und zur Anwendung ab dem Kj. 2013

  • BMF vom 8.11.2018 (BStBl I 2018, 1137) – Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM); Lohnsteuerabzug im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (BStBl I 2018, 1137) – dieses BMF-Schreiben ist ab dem Kj. 2019 anzuwenden und ersetzt das BMF-Schreiben vom 7.8.2013, BStBl I 2013, 951 (vgl. Rz. 144 des BMF-Schreibens vom 8.11.2018, BStBl I 2018, 1137)

  • BMF vom 7.11.2019 (BStBl I 2019, 1087) – Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM); Abruf der Lohnsteuerabzugsmerkmale im ELStAM-Verfahren für gem. § 1 Abs. 4 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtige ArbN ab dem 1.1.2020 (BStBl I 2019, 1087). Dieses BMF-Schreiben ist ab dem 1.1.2020 anzuwenden (vgl. Punkt 5 des BMF-Schreibens vom 7.11.2019, BStBl I 2019, 1087)

Gem. § 39 Abs. 4 EStG sind Lohnsteuerabzugsmerkmale also

  • Nr. 1: Steuerklasse (§ 38b Abs. 1 EStG) und Faktor (§ 39f EStG),

  • Nr. 2: Zahl der Kinderfreibeträge bei den Steuerklassen I bis IV (§ 38b Abs. 2 EStG),

  • Nr. 3: Freibetrag und Hinzurechnungsbetrag (§ 39a EStG),

  • Nr. 4: Höhe der monatlichen Beträge für die private Krankenversicherung und private Pflege-Pflichtversicherung unter den Voraussetzungen § 3 Nr. 62 EStG (Buchstabe a)) und i.S.v. § 10 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG (Buchst. b)),

  • Nr. 5: Mitteilung, dass der von einem ArbG gezahlte Arbeitslohn nach einem DBA von der Lohnsteuer freizustellen ist (Antrag der ArbN oder ArbG erforderlich).

2.1.1. Allgemeiner Überblick über das Lohnsteuerabzugsverfahren

Gem. § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG wird bei Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gem. § 19 EStG (→ Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit) die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), soweit der Arbeitslohn von einem ArbG (vgl. an dieser Stelle auch R 19.1 LStR), der die im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt (siehe § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 EStG), gezahlt wird. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der Lohnsteuer gerade nicht um eine besondere Steuerart handelt (Krüger in Schmidt, § 38 EStG, 38. Auflage. 2019, Rn. 1), sondern materiell-rechtlich um eine Vorauszahlung auf die Jahreseinkommensteuer des ArbN (vgl. BFH vom 20.7.2005, VI R 165/01, BStBl II 2005, 890; BFH vom 29.4.1992, VI B 152/91, BStBl II 1992, 752).

Der ArbG i.S.d. § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG hat nach § 38 Abs. 3 EStG die Pflicht, die Lohnsteuer für Rechnung des ArbN bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (vgl. R 38.3 LStR; zur Aufzeichnungspflicht beim Lohnsteuerabzug: siehe § 41 EStG und zur Anmeldung und Abführung der Lohnsteuer: siehe § 41a EStG). Jeder Arbeitslohn, der von einem ArbG i.S.v. § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG gezahlt wird, unterliegt also der Lohnsteuer (so R 38.1 Satz 1 LStR). Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um laufende oder einmalige Bezüge handelt und in welcher Form diese gewährt werden; so explizit R 38.1 Satz 2 LStR. Unerheblich ist zudem, ob der ArbN zur Einkommensteuer veranlagt wird oder eben nicht (so R 38.1 Satz 3 LStR). Ob Lohnsteuer einzubehalten ist, ist bei laufendem Arbeitslohn anhand der Verhältnisse des laufenden Lohnzahlungszeitraums zu entscheiden (R 38.1 Satz 4 LStR – aber Ausnahme beachten: permanente Lohnsteuer-Jahresausgleich gem. § 39b Abs. 2 Satz 12 ff EStG, R 39b.8 LStR).

Für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs werden gem. § 39 Abs. 1 EStG auf Veranlassung des ArbN von der Finanzverwaltung elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale gebildet (mit Verweis auf die Vorschriften § 39a Abs. 1 und Abs. 4, § 39e Abs. 1 i.V.m. § 39e Abs. 4 Satz 1 und nach § 39e Abs. 8 EStG). In der Norm § 39e EStG sind Regelungen zum Verfahren zur Bildung und Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale zu finden.

Die Bildung der Steuerklasse und der Kinderfreibeträge nach § 38b Abs. 2 Satz 1 EStG erfolgt gem. § 39e Abs. 1 Satz 1 EStG grds. automatisiert durch das BZSt.

Soweit Lohnsteuerabzugsmerkmale nicht nach § 39e Abs. 1 Satz 1 EStG automatisiert gebildet werden oder davon abweichend zu bilden sind, ist nach § 39 Abs. 1 Satz 2 EStG das FA für die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale nach den § 38b und § 39a EStG sowie die Bestimmung der Geltungsdauer zuständig. Dies gilt auch für die Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale. § 39 Abs. 2 EStG ist zu beachten.

Gem. § 39 Abs. 1 Satz 4 EStG stellt die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale eine gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen i.S.v. § 179 Abs. 1 AO dar. Die Bildung und Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale sind nach § 39 Abs. 1 Satz 5 EStG dem ArbN bekannt zu geben (zu beachten sind § 39 Abs. 1 Sätze 6 ff EStG sowie § 39e Abs. 6 EStG). Nach § 39 Abs. 1 Satz 6 EStG richtet sich die Bekanntgabe nach § 119 Abs. 2 AO und § 39e Abs. 6 EStG. Gem. § 119 Abs. 2 AO kann die Bekanntgabe folglich schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erfolgen. Insbes. § 39e Abs. 6 Satz 3 EStG ist damit zu beachten. Danach gelten die Lohnsteuerabzugsmerkmale gegenüber dem ArbN als bekannt gegeben, sobald der ArbG dem ArbN den Ausdruck der Lohnabrechnung mit den nach § 39e Abs. 5 Satz 2 EStG darin ausgewiesenen elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen ausgehändigt oder elektronisch bereitgestellt hat. Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist nach § 39 Abs. 1 Satz 7 EStG grds. nicht erforderlich (Ausnahme: § 39 Abs. 1 Satz 8 EStG).

Allgemein gilt, dass für alle Fälle der vom ArbG einbehaltenen LSt der ArbN beim LSt-Abzug nach § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG Steuerschuldner ist und bleibt. Die einzige Ausnahme hierzu stellt das Pauschalierungssystem dar (vgl. § 40 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 EStG; → Pauschalierung der Lohnsteuer).

Gem. § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG entsteht die Lohnsteuer in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem ArbN zufließt. Voraussetzung für den Lohnsteuerabzug ist der Zufluss von Arbeitslohn (vgl. R 38.2 Abs. 1 Satz 1 LStR). Erfüllt der ArbG beispielsweise eine Lohnverwendungsabrede, die mit dem ArbN getroffen wurde, ist der Arbeitslohn zugeflossen (so R 38.2 Abs. 1 Satz 3 LStR).

In § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG ist geregelt, dass Einnahmen innerhalb des Kj. als bezogen gelten, in dem sie dem Stpfl. zugeflossen sind. Dabei ist allerdings die besondere Regelung in § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG betreffend Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen. Dabei erfolgt eine Unterscheidung zwischen laufendem Arbeitslohn (§ 38a Abs. 1 Satz 2 EStG) und sonstigen Bezügen (§ 38a Abs. 1 Satz 3 EStG samt Definition). Was unter dem Begriff des laufenden Arbeitslohns zu verstehen ist, ergibt sich aus R 39b.2 Abs. 1 LStR. Darunter fallen unter anderem Monatsgehälter, Wochen- und Tagelöhne. In zeitlicher Hinsicht ist also zu beachten, dass der laufende Arbeitslohn nach § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG in dem Kj. als bezogen gilt, in dem der Lohnzahlungszeitraum endet (vgl. R 39b.5 Abs. 2 LStR; für Fälle der Pauschalierung der Lohnsteuer: § 40 Abs. 3 Satz 2 EStG). In den Fällen des § 39b Abs. 5 Satz 1 EStG tritt gem. § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG der Lohnabrechnungszeitraum an die Stelle des Lohnzahlungszeitraums. Für sonstige Bezüge, also Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird, ist § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG zu beachten (vgl. auch BFH vom 24.8.2017, VI R 58/17, BStBl II 2018, 72). Danach wird dieser Arbeitslohn in dem Kj. bezogen, in dem er dem ArbN zufließt. Für sonstige Bezügen gilt also gem. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG der Zuflussgrundsatz von § 11 EStG (s.a. R 39b.6 Abs. 1 LStR). Für laufenden Arbeitslohn hingegen enthält § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG eine besondere Regelung; danach wird das Zuflussprinzip durch die besondere Regelung in § 38a Abs. 1 Satz 2 EStG verdrängt.

Als Konsequenz der bestehenbleibenden Schuldnerschaft des ArbN nach § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG wird dieser nach § 46 EStG auch zur ESt veranlagt. Dabei ist allerdings § 46 Abs. 2 EStG zu beachten. Eine Veranlagung ist in Fällen, in denen das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit besteht, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, nur unter den in § 46 Abs. 2 EStG genannten Fällen durchzuführen. Die Aufzählung in der Vorschrift § 46 Abs. 2 EStG ist dabei abschließend (Paetsch in Frotscher/Geurts, § 46 EStG, Rz. 4; siehe auch → Einkommensteuer-Veranlagungspflicht). An dieser Stelle wird insbesondere auf die → Antragsveranlagungen zur Einkommensteuer (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG) hingewiesen.

Kommt eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 EStG nicht in Betracht, so gilt die Einkommensteuer, die auf die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit entfällt, für den Stpfl. durch den LSt-Abzug als abgegolten (aber: § 46 Abs. 4 Satz 1 a.E. EStG ist zu beachten).

Gem. § 46 Abs. 4 Satz 2 EStG bleibt § 42b EStG. also der Lohnsteuer-Jahresausgleich, davon unberührt. In § 42b EStG ist unter bestimmten Voraussetzungen ein Lohnsteuer-Jahresausgleich vorgesehen; die Durchführung eines solchen Lohnsteuer-Jahresausgleichs durch den ArbN ist unter den in § 42b Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 bis Nr. 6 EStG vorgesehenen Fallgestaltungen allerdings nicht möglich (§ 42b EStG, vgl. BMF vom 8.11.2018, BStBl I 2018, 1137, Rz. 132).

Im Veranlagungsfall wird die einbehaltene LSt auf die festzusetzende Einkommensteuer angerechnet (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) i.V.m. § 38 Abs. 1 EStG). Dabei ist zu beachten, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes eine Anrechnung der Abzugssteuer nur dann möglich ist, wenn diese erhoben wurde. Dafür muss die Abzugssteuer tatsächlich und vorschriftsmäßig vom Abzugspflichtigen einbehalten oder von diesem im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung übernommen worden sein (so BFH vom 18.6.1993, VI R 67/90, BStBl II 1994, 182).

Die LSt-Anmeldung ist gem. § 41a Abs. 1 Satz 2 EStG nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln. In Satz 3 des § 41a Abs. 1 EStG ist eine Härtefallregelung zu finden; auf Antrag kann das FA zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung verzichten. Dabei ist allerdings § 41a Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 EStG zu beachten. (→ Lohnsteueranmeldung). Gem. § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ist der ArbG zudem verpflichtet, die im Lohnsteuer-Anmeldezeitraum insgesamt einbehaltene und übernommene Lohnsteuer an das Betriebsstättenfinanzamt abzuführen. Ggf. ist § 41a Abs. 3 EStG zu beachten. Die Abführung hat spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldezeitraums zu erfolgen. Mit der Zahlung muss der ArbG folgende Informationen angeben oder durch sein Kreditinstitut angeben lassen: Steuernummer, Bezeichnung der Steuer und den Lohnsteuer-Anmeldezeitraum (so R 41a.2 Satz 2 LStR).

2.1.2. Besonderheiten bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern

Bei Ehegatten ist zudem Folgendes zu beachten:

Gem. § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG wirkt bei Ehegatten, die nach § 26, § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind, die Auszahlung an einen Ehegatten auch für und gegen den anderen Ehegatten.

Betreffend die Erstattungsberechtigung bei zusammen veranlagten Ehegatten sind die Ausführungen zum Punkt 2 im BMF vom 14.1.2015, BStBl I 2015, 83 zu beachten.

Wurde zusammen veranlagten Ehegatten Einkommensteuer erstattet, die im Wege des Steuerabzugs vom Arbeitslohn (Lohnsteuer) oder von den Kapitalerträgen eines der Ehegatten einbehalten worden ist, sind die auf diese Weise geleisteten Vorauszahlungen auf Rechnung des betreffenden ArbN bzw. Kapitalertragsgläubigers abgeführt worden. Folglich ist derjenige Ehegatte erstattungsberechtigt, von dessen Einnahmen die Abzugssteuer einbehalten wurde (BFH vom 17.2.2010, VII R 37/08, BFH/NV 2010, 1078; BMF vom 14.1.2015, BStBl I 2015, 83, Punkt 3.1 mit Verweis auf das Urteil des BFH vom 19.10.1982, VII R 55/80, BStBl II 1983, 162). (→ Erstattungsanspruch)

Bei Wahl der Steuerklassen III/V oder bei der Steuerklasse IV mit Faktor (§ 39f EStG) besteht eine Pflichtveranlagung zur Einkommensteuer nach § 46 Abs. 2 Nr. 3a EStG; diesbezüglich besteht kein verfassungsrechtlich bedeutsames Vollzugsdefizit (vgl. Urteil des FG Düsseldorf vom 17.3.2010, 15 K 2978/08 E, EFG 2010, 878, rk.). Siehe ausführlicher: → Einkommensteuer-Veranlagungspflicht

Hinweis zur Steuerklassenwahl:

Auf Grund der Urteile des BVerfG vom 7.5.2013 (2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07), welche die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Ehegattensplitting für verfassungswidrig erklärt haben, hat der Gesetzgeber mit Gesetz (»Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes in Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Mai 2013« vom 15.7.2013, BGBl I 2013, 2397) die Anwendung der entsprechenden Vorschriften auf diese Gruppe geregelt (§ 2 Abs. 8 EStG). Gem. § 2 Abs. 8 EStG sind die Regelungen des EStG zu Ehegatten und Ehen auch auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden. Damit sind die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Ehegatten für den Lohnsteuerabzug auch für Lebenspartner einer Lebenspartnerschaft einschlägig.

Durch das JStG 2009 (Jahressteuergesetz 2009 vom 19.12.2008, BGBl I 2008, 2794) wurde das Faktorverfahren zum LSt-Abzug eingeführt. Die Vorschrift § 39f EStG wurde dabei neu ins Gesetz eingefügt. Danach können unbeschränkt einkommensteuerpflichtige, nicht dauernd getrennt lebende Ehegatten, die in die Steuerklasse IV gehören, auf Antrag beider Ehegatten anstelle der Steuerklassenkombination III/V als Lohnsteuerabzugsmerkmal jeweils die Steuerklasse IV erhalten i.V.m. einem Faktor (stets < 1), so § 39f Abs. 1 Satz 1 EStG. Wird ein Faktor eingetragen und erwirtschaften beide Ehegatten ganz oder teilweise aus Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, so ist gem. § 46 Abs. 2 Nr. 3a EStG eine Veranlagung durchzuführen (Pflichtveranlagung). § 2 Abs. 8 EStG ist zu beachten.

Mit dem Dritten Gesetz zur Entlastung insbes. der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Drittes Bürokratieentlastungsgesetz) vom 22.11.2019 (BGBl I 2019, 1746) wurde § 39 Abs. 6 Satz 3 EStG angepasst. Der Begriff »einmalig« wurde mit Wirkung ab dem 1.1.2020 aus dem Gesetz gestrichen (vgl. Artikel 76 Abs. 1 des Drittes Bürokratieentlastungsgesetzes vom 22.11.2019). Ab dem 1.1.2020 ist damit ein mehrmaliger Wechsel der Steuerklasse im Laufe eines Kj. möglich. Dabei ist allerdings § 39 Abs. 6 Satz 6 EStG zu beachten. Für die Berücksichtigung der Änderung im laufenden Kj. ist der Antrag nach § 39 Abs. 6 Satz 3 EStG spätestens bis zum 30.11. zu stellen.

Bis dahin war ein Wechsel der Steuerklassenkombination grundsätzlich nur einmal jährlich zulässig (so auch explizit: BMF vom 8.11.2018, BStBl I 2018, 1137, Rz. 16 – aber Ausnahmen waren zu beachten). Dies war durch den Begriff »einmalig« in § 39 Abs. 6 Satz 3 EStG explizit angeordnet.

Ab dem 1.1.2020 sieht § 39 Abs. 6 Satz 3 EStG eine derartige Einschränkung hingegen nicht mehr vor. Diese Änderung hat auch für das Faktorverfahren Bedeutung. In § 39f Abs. 3 Satz 1 EStG wird auf die Vorschrift § 39 Abs. 6 Satz 3 und Satz 5 EStG verwiesen (Wortlaut des Gesetzes beachten).

Mit dem Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (Bürokratieentlastungsgesetz) vom 28.7.2015 (BStBl I 2015, 1400) wurde die Vorschrift § 39f Abs. 1 EStG um die Sätze 9 bis 11 erweitert. Der berechnete Faktor gilt nun für bis zu zwei Kj. (§ 39f Abs. 1 Satz 9 EStG). Sätze 9 bis 11 des § 39f EStG sind erstmals für den Veranlagungszeitraum 2019 anzuwenden. (siehe auch → Lohnsteuerermäßigungsverfahren, Kap. 13.2 mit Rechenbeispielen)

Ergänzend wird insbes. auf das »Merkblatt zur Steuerklassenwahl für das Jahr 2023 bei Ehegatten oder Lebenspartnern, die beide Arbeitnehmer sind« des BMF vom 14.2.2023 verwiesen.

2.1.3. Sonstiges

Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2003 – StÄndG 2003) vom 15.12.2003 (BGBl I 2003, 2645) wurde die Vorschrift § 38 EStG um einen Absatz 3a ergänzt. Bis dahin war nur der ArbG durch die Vorschriften für den Lohnsteuerabzug berechtigt und verpflichtet, vom Arbeitslohn Lohnsteuer einzubehalten, anzumelden und abzuführen (vgl. BT-Drs. 15/1562, 31 und 34).

Durch § 38 Abs. 3a EStG werden – bei Erfüllung der entsprechenden Tatbestandsmerkmale – Dritte zum Lohnsteuerabzug verpflichtet (vgl. BT-Drs. 15/1562, 31 und 34).

Gem. § 38 Abs. 3a Satz 1 EStG hat ein Dritter die Pflichten des ArbG zu erfüllen, soweit sich aus einem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis tarifvertragliche Ansprüche des ArbN auf Arbeitslohn unmittelbar gegen den Dritten mit Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland richten und von diesem durch Zahlung von Geld erfüllt werden (vgl. auch BMF vom 27.1.2004, BStBl I 2004, 173, Punkt 3).

§ 38 Abs. 3a Satz 2 EStG sieht vor, dass das FA (§ 38 Abs. 3a Satz 4 EStG) in anderen Fällen zulassen kann, dass ein Dritter die Pflichten des ArbG im eigenen Namen erfüllt (R 38.5 LStR). Die entsprechenden Voraussetzungen dafür sind in Satz 3 der Norm § 38 Abs. 3a EStG zu finden.

2.2. Lohnsteuerabzug im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale

Im BMF-Schreiben vom 8.11.2018, BStBl I 2018, 1137 sind eine Vielzahl von Informationen zum Lohnsteuerabzug im Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale zu finden. Dieses Schreiben ist ab dem Kj. 2019 anzuwenden (so explizit Rz. 144 des BMF-Schreibens vom 8.11.2018, BStBl I 2018, 1137). Außerdem wird das BMF-Schreiben vom 7.8.2013, BStBl I 2012, 951 dadurch ersetzt (BMF vom 8.11.2018, BStBl I 2018, 1137, Rz. 144).

Hinweis:

Das BMF gibt die Muster für die elektronische Lohnsteuerbescheinigung regelmäßig per BMF-Schreiben bekannt.

Das BMF nimmt im Schreiben vom 8.11.2018, BStBl I 2018, 1137 Stellung zu folgenden Themen:

  • Verfahren der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (Rz. 1 bis Rz. 3),

  • Bildung und Inhalt der ELStAM (Rz. 4 bis Rz. 32),

  • Durchführung des Lohnsteuerabzugs (Rz. 33 bis Rz. 117),

  • Verfahrensrecht (Rz. 118 bis Rz. 121),

  • Härtefallregelung (Rz. 122 bis Rz. 131),

  • Betrieblicher Lohnsteuer-Jahresausgleich (§ 42b EStG) (Rz. 132),

  • Lohnsteuer-Ermäßigungsverfahren (Rz. 133 bis Rz. 139)

und

  • Sonstiges (Rz. 140 bis Rz. 144).

Insbes. die folgenden Punkte des BMF-Schreibens vom 8.11.2018, BStBl I 2018, 1137 sind hervorzuheben (Dabei ist allerdings zu beachten, dass es sich hierbei jedoch nicht um eine abschließende Darstellung handelt.):

  • Die Finanzverwaltung ist für die Bildung und Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale und deren Bereitstellung für den Abruf durch den ArbG zuständig (Rz. 1).

  • Der ArbG ist bei Aufnahme des Dienstverhältnisses zur Anmeldung des ArbN und Anforderung der ELStAM verpflichtet (Rz. 2). Eine Ausnahme gilt allerdings, wenn dem Antrag des ArbG auf Anwendung der Härtefallregelung seitens des FA zugestimmt wird (Rz. 2; sowie Härtefallregelung: Rz. 122–Rz. 131). Der entsprechende Antrag ist gem. § 39e Abs. 7 Satz 4 EStG nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck jährlich zu stellen. Zu den notwendigen Angaben eines solchen Antrags ist die Rz. 126 des BMF-Schreibens vom 8.11.2018, BStBl I 2018, 1137 zu beachten.

  • Die Bildung der ELStAM erfolgt grds. für jeden ArbN automatisiert durch das BZSt (§ 39e Abs. 1 Satz 1 EStG) auf Veranlassung des ArbG (Rz. 4). Gem. § 39e Abs 1 Satz 1 EStG werden grds. die Steuerklasse und die Kinderfreibeträge (die für die Steuerklassen I bis IV zu berücksichtigen sind) gebildet. Lohnsteuerabzugsmerkmale (wie beispielsweise nach § 39a Abs. 1 oder Abs. 2 EStG), die das FA auf Antrag des Stpfl. bildet, sind gem. § 39e Abs. 1 Satz 2 EStG, sind vom FA dem BZSt für Zwecke der Bereitstellung für den automatisierten Abruf durch den ArbG mitzuteilen (Rz. 4).

    Dabei werden Lohnsteuerabzugsmerkmale für jedes Dienstverhältnis gebildet (Rz. 9).

  • Bei Eheschließungen werden die Verheirateten programmgesteuert in die Steuerklasse IV eingestuft (Rz. 14), wenn sie unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und nicht dauernd getrennt lebend sind (vgl. § 39e Abs. 3 Satz 3 EStG). Eine abweichende Steuerklassekombination muss beim Finanzamt beantragt werden (Rz. 15, § 39 Abs. 6 Satz 3 EStG).

    Bei Scheidungen gilt Entsprechendes; automatisiert wird für den ArbN für das auf die Scheidung folgenden Kj. die Steuerklasse I gebildet (Rz. 19). Für weitere Besonderheiten wie Todesfälle und Auslandssachverhalte sowie dauerndes Getrenntleben: vgl. Rz. 20 ff.

  • Aufgrund der Urteile des BVerfG vom 7.5.2013 (2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06, 2 BvR 288/07), welche die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften beim Ehegattensplitting für verfassungswidrig erklärt haben, hat der Gesetzgeber mit Gesetz (BGBl I 2013, 2397) die Anwendung der entsprechenden Vorschriften auf diese Gruppe geregelt (§ 2 Abs. 8 EStG). Damit sind die gesetzlichen Rechte und Pflichten von Ehegatten für den Lohnsteuerabzug auch für Lebenspartner einer Lebenspartnerschaft einschlägig (siehe auch Rz. 24 bis Rz. 26). Der Familienstand »verheiratet« und der Familienstand »Lebenspartnerschaft« werden im ELStAM-Verfahren identisch behandelt (so ausdrücklich auch Rz. 24).

  • Zur Berücksichtigung von Kindern sind die Rz. 27 bis Rz. 32 zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung soll vom Jahr der Geburt bis zum Ablauf des Jahres, in dem es zum Wegfall der Berücksichtigungsvoraussetzungen kommt, erfolgen (Rz. 27).

  • In den Antragsfällen nach § 38b Abs. 2 Satz 2 EStG ist die mehrjährige Berücksichtigung von Kindern im Lohnsteuerabzugsverfahren möglich, wenn nach den tatsächlichen Verhältnissen zu erwarten ist, dass die Voraussetzungen bestehen bleiben (§ 38b Abs. 2 Satz 3 EStG). Hierunter fallen z.B. auch Pflegekinder und weitere im BMF-Schreiben vom 8.11.2018, BStBl I 2018, 1137 unter der Rz. 31 genannte Fälle.

  • Nachfolgend – also ab der Rz. 33 – setzt sich die Finanzverwaltung mit der Durchführung des Lohnsteuerabzugs auseinander.

Ergänzend wird an dieser Stelle auf den Beitrag → Lohnsteuerabzug und auf die LStR sowie die LStH verwiesen.

2.3. Pauschalierungsverfahren

Ausführliche Informationen zu dieser Thematik können dem Beitrag → Pauschalierung der Lohnsteuer entnommen werden.

2.4. Haftungsverfahren gem. § 42d EStG

Die gesetzliche Regelung des § 42d EStG dient dazu, die ordnungsgemäße Besteuerung sicherzustellen (BFH vom 9.10.1992, VI R 47/91, BStBl II 1993, 169 mit Hinweis auf die Entscheidung des BVerfG vom 17.2.1977, 1 BvR 33/76, BVerfGE 44, 103). Steuerausfälle sollen vermieden werden (so Krüger in Schmidt, EStG, 38. Aufl. 2019, § 42d EStG, Rz. 2).

Gem. § 42d Abs. 1 EStG haftet der ArbG wie folgt:

  • Nr. 1: für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat;

  • Nr. 2: für die Lohnsteuer, die er beim Lohnsteuer-Jahresausgleich zu Unrecht erstattet hat;

  • Nr. 3: für die Einkommensteuer (Lohnsteuer), die auf Grund fehlerhafter Angaben im Lohnkonto oder in der Lohnsteuerbescheinigung verkürzt wird;

  • Nr. 4: für die Lohnsteuer, die in den Fällen des § 38 Abs. 3a EStG der Dritte zu übernehmen hat.

2.4.1. Grundzüge

In § 42d EStG ist eine Regelung zur Haftung des ArbG und der Haftung bei Arbeitnehmerüberlassung zu finden. Es empfiehlt sich bei der Prüfung der entsprechenden Haftungstatbestände insbesondere die folgenden Punkte zu beachten (Dabei ist allerdings zu beachten, dass es sich nicht um eine abschließende Darstellung handelt.):

  1. Die steuerliche Haftung setzt immer eine Steuerschuld des ArbN voraus (Gebot der Akzessorietät). Demnach kann der ArbG also nur für die Steuerschuld des ArbN haften. Die Tragweite der Akzessorietät ist allerdings umstritten (siehe ausführlicher → Haftung).

    Nach Ansicht des BFH haftet der ArbG für die Lohnsteuer, die vom ArbG laut gesetzlicher Verpflichtung einzubehalten ist (BFH vom 22.7.1993, VI R 116/90, BStBl II 1993, 775). Eine Haftung für zu Unrecht zu hoch einbehaltene, jedoch nicht abgeführte Lohnsteuer lehnt der BFH hingegen unter Bezugnahme auf den Wortlaut und den Zweck der Haftungsvorschrift ab (BFH vom 22.7.1993, VI R 116/90, BStBl II 1993, 775).

    Außerdem stellt sich die Frage, ob die → Haftung des ArbG auf die Jahreslohnsteuer limitiert ist oder ob die endgültige Einkommensteuerschuld des ArbN die Obergrenze darstellt.

    Nach Ansicht des FG Düsseldorf vom 21.10.2009 (7 K 3109/07 H(L), NWB DokID: SAAAD-52231) ist die Haftungsschuld nach § 42d EStG ausschließlich von der Lohnsteuerschuld und damit auch von der Jahreslohnsteuer abhängig und nicht von der letztendlich entstandenen Einkommensteuerschuld.

    Das FG Berlin-Brandenburg folgt in seinem Urteil vom 11.10.2018 mit dem Az. 4 K 4263/17 (juris) allerdings nicht dieser Meinung. Vielmehr stimmt das FG der Ansicht, dass die Höhe der endgültigen Einkommensteuerschuld der ArbN in tatbestandlicher Hinsicht ohne Relevanz für die Haftungsinanspruchnahme des ArbG sei, weil dessen Haftungsschuld ausschließlich die Lohnsteuer betreffe, nicht zu (FG Berlin-Brandenburg vom 11.10.2018, 4 K 4263/17, juris). Der Ansicht, dass die Haftungsschuld in ihrem Entstehen akzessorisch lediglich von der Höhe der Jahreslohnsteuer und nicht von der letztendlich entstandenen Einkommensteuerschuld des ArbN abhänge, könne aus Sicht des FG nicht gefolgt werden (FG Berlin-Brandenburg vom 11.10.2018, 4 K 4263/17, juris). Diese enge Auffassung führe laut FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 11.10.2018, 4 K 4263/17, juris) dazu, dass die Inanspruchnahme des ArbG als Haftungsschuldner nach § 42d EStG regelmäßig ermessensfehlerhaft wäre. Insbesondere in Fallgestaltungen, in denen die Steuer beim ArbN deshalb nicht nachgefordert werden kann, weil die Veranlagungen bestandskräftig sind und die Voraussetzungen des § 173 AO nicht vorliegen. Außerdem werde laut FG zu wenig beachtet, dass aufgrund des Akzessorietätsgrundsatzes eine enge Bindung der anzumeldenden Lohnsteuer mit der endgültigen Einkommensteuerschuld des ArbN bestehe (FG Berlin-Brandenburg vom 11.10.2018, 4 K 4263/17, juris).

    Der BFH hat auf Revision der Klägerin das angefochtene Urteil des FG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 2.9.2021, VI R 47/18, BFH/NV 2022, 99 aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben. Das FA hat aus Sicht des BFH das eingeräumte Auswahlermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt. Mit der oben aufgeworfenen Rechtsfrage beschäftigt sich der BFH infolgedessen allerdings nicht.

  2. Grds. hängt die Haftung des ArbG nicht von einem Verschulden des ArbG ab (so R 42d.1 Abs. 4 Satz 1 LStR). Im Rahmen des Ermessens ist jedoch einzubeziehen, ob ein geringfügiges Verschulden oder ein schuldloses Verhalten des ArbG gegeben sind (so R 42d.1 Abs. 4 Satz 2 LStR).

  3. Gem. § 42d Abs. 3 Satz 1 EStG sind ArbG und ArbN Gesamtschuldner, soweit die Haftung des ArbG reicht.

    Dabei ist zu beachten, dass neben dem ArbG noch andere Haftungsschuldner für den ArbN in Betracht kommen können (wie § 69 bis § 77 AO, vgl. R 42d.1 Abs. 2 LStR). Zwischen den Haftungsvorschriften besteht gerade keine Rangordnung (BFH vom 2.9.2021, VI R 47/18, BFH/NV 2022, 99). Die Tatbestandsmerkmale der entsprechenden Normen sind zu prüfen. Sodann sind der ArbG und die anderen Haftungsschuldner gleichartige Gesamtschuldner i.S.d. § 44 AO (R 42d.1 Abs. 2 und Abs. 3 LStR). Dabei ist unter Berücksichtigung des Urteils des BFH vom 2.9.2021, VI R 47/18, BFH/NV 2022, 99 insbes. die Thematik des Auswahlermessens zu berücksichtigen.

  4. Bei Vorliegen der Grundtatbestände von § 42d Abs. 1 EStG (Hauptfall: Fehler bei Lohnsteuereinbehaltung und -abführung) kommt es gem. § 42d Abs. 2 EStG in den dort genannten seltenen Fällen zu einem Haftungsausschluss. Ist der Tatbestand des § 42d Abs. 2 EStG also erfüllt, haftet der ArbG ausnahmsweise nicht.

    Von praktischer Bedeutung dürfte allenfalls § 41c Abs. 4 EStG sein, wenn der ArbG einen vorschriftswidrigen LSt-Einbehalt erkennt und dies dem Betriebsstättenfinanzamt unverzüglich anzeigt (siehe auch R 41c.2 LStR). Dies ist jedoch nicht möglich, wenn eine LSt-Anmeldung vorsätzlich fehlerhaft abgegeben worden war und dies dem ArbG zuzurechnen ist (BFH vom 21.5.2010, VI R 29/08, BStBl II 2010, 833). Im letztgenannten Urteil stellte der BFH zudem klar, dass sich der ArbG nicht auf mangelnde eigene Kenntnis der Unrichtigkeit der Lohnsteueranmeldung berufen kann, wenn er diese Pflicht durch einen Dritten (im Streitfall ein ArbN) erbringen lässt und dieser ArbN die LSt vorsätzlich falsch berechnet und abführt. Nach dem Urteil des BFH vom 21.5.2010 (VI R 29/08, BStBl II 2010, 833) ist zudem ein Haftungsausschluss des ArbG für den Fall, dass der ArbN Lohnsteuern hinterzieht, nicht gegeben.

    In diesem Zusammenhang ist auch das BFH-Urteil vom 7.7.2004 (VI R 171/00, BStBl II 2004, 1087) von Bedeutung. Der BFH hat die Verwaltungsauffassung (R 41a.1 Abs. 4 Satz 3 LStR) bestätigt, dass bei (theoretischem) Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen gem. § 42d Abs. 1 EStG (im Fall: Nichteinreichen der LSt-Anmeldung durch eine ausländische KapG) auch ein Schätzungsbescheid gegenüber dem ArbG möglich sei. Diese Art der Steuerfestsetzung entbindet die Verwaltung von Ermessensüberlegungen, wie sie im Haftungsverfahren erforderlich sind. Der Nachteil dieser Vorgehensweise ist offenkundig: Gegen die Höhe des Schätzungsbescheides können beliebig viele materiell-rechtliche Einwendungen vorgetragen werden. Vgl. zum Umfang der Haftung bei Gesellschafter-Geschäftsführern als ArbG sowie bei durch den Steuerberater des ArbG verspätetet abgegebenen Lohnsteueranmeldungen auch die Urteile des FG Berlin-Brandenburg vom 11.8.2010 (9 K 9059/08) sowie des FG Rheinland-Pfalz vom 10.12.2013 (3 K 1632/12), wonach eine Begrenzung der Haftung auf einen (von mehreren) Geschäftsführern nach bei einer schriftlich fixierten Geschäftsaufteilung in Betracht kommt.

    Hinweis: Diese nur gegenüber dem ArbG im LSt-Haftungsverfahren mögliche Steuerfestsetzung entbindet die Verwaltung von Ermessensüberlegungen, wie sie im Haftungsverfahren erforderlich sind.

  5. Gem. § 42d Abs. 3 EStG sind neben der materiellen Erkenntnis der Gesamtschuld zwischen ArbG und ArbN die Ermessensgrundsätze gem. § 5 AO zu berücksichtigen. Hieraus ergibt sich folgende Prüfungsfolge für die ermessensgerechte Inanspruchnahme des ArbG:

    a) Beim Entschließungsermessen ist zu prüfen, ob der ArbG überhaupt in Anspruch genommen werden kann. Insbes. geringfügiges Verschulden oder schuldloses Verhalten des ArbG sind bei Inanspruchnahme des ArbG im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen (R 42d.1 Abs. 4 Satz 2 LStR).

    Hinweis: Ggf. liegt im Einzelfall eine »Ermessensreduzierung auf null« vor.

    b) Kommen sowohl ArbG als auch ArbN in Betracht, ist im Rahmen des Auswahlermessens zu prüfen, ob nicht vorrangig der ArbN belangt werden muss. An dieser Stelle ist auch zu prüfen, ob Dritte vorrangig – also vor dem ArbG – in Anspruch zu nehmen sind. Auf die Problematik des Auswahlermessens hat auch der BFH in seinem Urteil vom 2.9.2021, VI R 47/18, BFH/NV 2022, 99 hingewiesen.

    Die Entscheidung zum Auswahlermessen, also Inanspruchnahme des ArbG vor dem ArbN und Dritter, hängt wesentlich von den Gesamtumständen des Einzelfalls ab (R 42d.1 Abs. 4 Satz 3 LStR). Dabei ist der gesetzgeberische Zweck des Lohnsteuerverfahrens zu beachten, also durch den Abzug an der Quelle den schnellen Eingang der LSt in einem vereinfachten Verfahren sicherzustellen (R 42d.1 Abs. 4 Satz 3 LStR).

  6. Die Festsetzungsfrist für den LSt-Haftungsbescheid endet gem. § 191 Abs. 3 Satz 4 AO nicht vor Ablauf der Frist für die LSt. Der BFH hat mit Urteil vom 6.3.2008 (VI R 5/05, BStBl II 2008, 597) entschieden, dass diese Frist mit der LSt-Anmeldung zu laufen beginnt. Nicht maßgebend ist hingegen die Einkommensteuererklärung des betroffenen ArbN (BFH vom 6.3.2008, VI R 5/05, BStBl II 2008, VI R 5/05; AEAO zu § 191 AO, Tz. 9, Satz 4).

Hinweis:

Hat der ArbG zum Verfahren des Lohnsteuerabzuges eine sog. Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) beim zuständigen Finanzamt eingeholt und ist nach dieser verfahren, so scheidet eine Haftung des ArbG, sofern die Anrufungsauskunft fehlerhaft war, aus (BFH vom 16.11.2005, VI R 23/02, BStBl II 2006, 210). Gleiches gilt im Lohnsteuerabzugsverfahren nach der Rspr. auch gegenüber dem ArbN. Das Finanzamt kann die vom ArbG aufgrund einer (unrichtigen) Anrufungsauskunft nicht einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer vom ArbN nicht nach § 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 EStG nachfordern (BFH vom 17.10.2013, VI R 44/12, BStBl II 2014, 892).

2.4.2. Entleiherhaftung gem. § 42d Abs. 6 bis Abs. 8 EStG

Bei erlaubter als auch bei unerlaubter → Arbeitnehmerüberlassung (siehe auch BFH vom 2.4.1982, VI R 34/79, BStBl II 1982, 502) ist grundsätzlich der Verleiher der ArbG i.S.d. Lohnsteuerrechts (R 42d.2 Abs. 1 Satz 1 LStR). Um einer damit verbundenen Regelungslücke vorzubeugen, erklärt § 42d Abs. 6 EStG den Entleiher zum Haftungsschuldner. Voraussetzung ist allerdings u.a., dass eine Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 AÜG vorliegt (Einzelheiten bei R 42d.2 LStR). Die Haftung des Entleihers richtet sich nach denselben Grundsätzen wie die Haftung des ArbG (so R 42d.2 Abs. 2 Satz 2 LStR).

Hinweis:

Im Rahmen des Gesetzes zur Umsetzung sowie Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.2012 (BGBl I 2013, 1809) wurde § 42d Abs. 6 Satz 1 EStG hinsichtlich des Begriffes der »gewerbsmäßigen« Überlassung durch einen Verweis auf § 1 Abs. 1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) ersetzt. Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes – Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28.4.2011 (BGBl I 2011, 642) wurde bereits § 1 AÜG angepasst. Der Begriff »gewerbsmäßig« wurde dabei durch den Terminus »im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit« ersetzt.

Tritt der Entleiher als ArbG auf, indem er im Rahmen einer illegalen ArbN-Überlassung den Lohn im eigenen Namen auszahlt, bestimmt § 42d Abs. 7 EStG die Haftungsschuld für den Verleiher, um auch in diesem Falle eine nahtlose Inanspruchnahme aller Beteiligten (Verleiher/Entleiher/ArbN) zu ermöglichen.

2.5. Lohnsteuerpflichten durch Dritte

In bestimmten Konstellationen (§ 38 Abs. 3a EStG) werden LSt-Pflichten auf Dritte übertragen (s.a. R 42d.3 LStR); in Satz 2 des § 42d Abs. 9 EStG wird klarstellt, dass sodann eine Gesamtschuldnerschaft zwischen ArbG, Dritten und ArbN besteht (R 42d.3 Satz 2 LStR). Die Frage der Inanspruchnahme stellt auch hier eine Ermessensentscheidung dar (R 42d.3 Satz 3 LStR und H 42d.3 »Ermessensausübung« LStR; Krüger in Schmidt, EStG, 38. Auflage. 2019, § 42d EStG, Rn. 76). Dabei ist eine vollständige Abwägung der Interessen aller Beteiligten vorzunehmen (R 42d.3 Satz 3 LStR). Zudem sind die durch Recht und Billigkeit gezogenen Grenzen zu berücksichtigen (so R 42d.3 Satz 3 LStR).

Zur Haftung des ArbG bei Lohnsteuerabzugspflicht durch Dritte vgl. das BFH-Urteil vom 20.3.2014 (VI R 43/13, BStBl II 2014, 592). Nur wenn der Dritte die LSt für den ArbG nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat, kommt in Fällen des § 38 Abs. 3a EStG eine Haftung des ArbG gem. § 42d Abs. 9 Satz 4 i.V.m. § 42d Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 EStG in Betracht. An einem derartigen Fehlverhalten – also der nicht vorschriftsmäßigen Einbehaltung und Abführung der LSt – fehlt es, wenn beim Lohnsteuerabzug entsprechend einer Lohnsteueranrufungsauskunft gem. § 42e EStG (mit Hinweis auf das Urteil des BFH vom 17.10.2013, VI R 44/12, BStBl II 2014, 892) oder in Übereinstimmung mit den Vorgaben der zuständigen Finanzbehörden der Länder oder des Bundes verfahren wird.

2.6. Lohnsteuer-Nachschau

Durch das AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.2013 (BGBl I 2013, 1809) wurde mit Wirkung zum 30.6.2013 ein neuer § 42g EStG eingeführt, der das Haftungsverfahren und die Lohnsteueraußenprüfung flankiert. Er beinhaltet eine sog. LSt-Nachschau, die der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer dient und ein besonderes Verfahren zur zeitnahen Aufklärung steuererheblicher Sachverhalte ist (§ 42g Abs. 1 EStG).

Weitere Informationen zur Lohnsteuer-Nachschau können der Kommentierung sowie dem BMF-Schreiben vom 16.10.2014, BStBl I 2014, 1408 entnommen werden.

Die Lohnsteuer-Nachschau kann ohne vorherige Ankündigung während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten erfolgen (§ 42g Abs. 2 EStG) und ohne vorherige Prüfungsanordnung auch zu einer Lohnsteueraußenprüfung übergeleitet werden (§ 42g Abs. 4 EStG).

Die Lohnsteuer-Nachschau ist keine Prüfung i.S.d. § 193 ff. AO, so dass auch die Vorschriften für eine Außenprüfung nicht anwendbar sind (s.a. BMF vom 16.10.2014, BStBl I 2014, 1408, Rz. 2). Sie dient der zeitnahen kursorischen Kontrolle, die die Außenprüfung nicht verdrängen soll. Vertiefte Ermittlungen sind weiterhin einer Außenprüfung vorbehalten.

3. Kapitalertragsteuer

Die KapESt (→ Kapitalertragsteuer) verfolgt – vergleichbar der LSt – das Ziel, an der Quelle die Einkünfte aus Kapitalanlagen zu erfassen. Diese besondere Erhebungsform der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ist in den Vorschriften § 43 bis § 45e EStG geregelt.

Der Gläubiger der Kapitalerträge ist in den in § 44 Abs. 1 Satz 1 EStG genannten Fällen der Schuldner der KapESt.

Die Berechnungs- und Zahlstellenfunktion für die Beteiligungserträge übernimmt die in § 44 Abs. 1 Satz 3 und Satz 4 EStG bezeichnete Stelle.

Detaillierte Informationen zur Abgeltungsteuer können u.a. dem BMF-Schreiben vom 19.5.2022, BStBl I 2022, 742 (ergänzt durch das BMF-Schreiben vom 11.7.2023) entnommen werden. Zur Ausstellung von Steuerbescheinigungen für Kapitalerträge nach § 45a Abs. 2 und Abs. 3 EStG ist das BMF-Schreiben vom 23.5.2022, BStBl I 2022, 860 zu beachten.

Im Übrigen wird auf die ausführlichen Artikel → Kapitalertragsteuer und → Abgeltungsteuer sowie → Kirchensteuer verwiesen. Dort sind auch Informationen zum Freistellungsauftrag zu finden.

4. Das Abzugsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen

4.1. Einleitung

Auch Personen, die in Deutschland nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, können inländische Einkünfte i.S.v. § 49 EStG erwirtschaften.

Bei beschränkt Steuerpflichtigen wird die Einkommensteuer entweder im Rahmen einer Veranlagung oder durch einen Steuerabzug an der Quelle erhoben. Für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn (§§ 38 ff. EStG), vom Kapitalertrag (§§ 43 ff. EStG) oder gem. § 50a EStG unterliegen, greift bei beschränkt Stpfl. grundsätzlich die Abgeltungswirkung gem. § 50 Abs. 2 Satz 1 EStG. Diese Besteuerung wird als »Bruttobesteuerung« bezeichnet, da bei ihr der Abzug von Erwerbsaufwand (Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben) nicht zugelassen ist.

Die Abgeltungswirkung des § 50 Abs. 2 Satz 1 EStG gilt jedoch in den in Satz 2 der entsprechenden Vorschrift genannten Fallgestaltungen gerade nicht.

4.2. Ausnahmen vom Quellensteuerabzug nach § 50 Abs. 2 Satz 2 EStG

Gem. § 50 Abs. 2 Satz 1 EStG gilt die Einkommensteuer für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn oder vom Kapitalertrag oder dem Steuerabzug aufgrund des § 50a EStG unterliegen, bei beschränkt Stpfl. als abgegolten. Diese Abgeltungswirkung tritt lt. gesetzlicher Regelung gem. § 50 Abs. 2 Satz 2 EStG jedoch nicht ein:

  • für Einkünfte eines inländischen Betriebs (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 EStG);

  • bei nachträglich festgestelltem Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen der Sonderfälle der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht nach § 1 Abs. 2 und § 1 Abs. 3 sowie § 1a EStG – § 39 Abs. 7 EStG ist dabei sinngemäß anzuwenden (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG);

  • bei unterjährigem Wechsel der persönlichen Steuerpflicht nach § 2 Abs. 7 Satz 3 EStG (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 EStG);

  • für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 EStG):

    • wenn als Lohnsteuerabzugsmerkmale ein Freibetrag nach § 39a Abs. 4 EStG gebildet worden ist und der im Kj. insgesamt erzielte Arbeitslohn höher ist als die Summe aus dem Grundfreibetrag (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG), dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) EStG) und dem Sonderausgaben-Pauschbetrag (§ 10c Satz 1 EStG) (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. a EStG)

    oder

    • bei Beantragung der Veranlagung zur Einkommensteuer (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG) (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. b EStG)

    oder

    • in Fällen des § 46 Abs. 2 Nr. 2, Nr. 5 und Nr. 5a ESG (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchst. c EStG)

  • für Einkünfte, die dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 EStG unterlegen haben, wenn die Veranlagung zur Einkommensteuer beantragt wird (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 EStG);

  • für Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 49 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Buchst. a EStG, auf die § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG zur Anwendung kommt, wenn die Veranlagung zur Einkommensteuer beantragt wird (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 EStG).

Sofern es hierdurch zu einer Veranlagung kommt, greifen die Sondervorschriften des § 50 EStG für beschränkt Stpfl.; insbes. die Regelung des § 50 Abs. 1 EStG ist zu beachten. Dies führt u.a. dazu, dass beschränkt Steuerpflichtigen einige Vergünstigungen, die unbeschränkt Steuerpflichtigen gewährt werden, nicht zustehen. § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG ist zu beachten.

Hinweis:

Mit Urteil vom 6.12.2018 hat der Gerichtshof der Europäischen Union zur Rechtssache C-480/17 »Montag« entschieden (BFH/NV 2019, 190; DStR 2018, 2622). Dabei hat sich der EuGH mit der Frage beschäftigt, ob die Nichtberücksichtigung von Pflichtbeiträgen an eine berufsständische Altersversorgungseinrichtung bei beschränkt Stpfl. gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV verstößt. Dies hat der EuGH bejaht; insofern wird auf die Ausführungen des EuGH im Urteil verwiesen.

Infolgedessen hat das BMF eine Übergangsregelung bis zur gesetzlichen Neuregelung mittels BMF-Schreiben vom 26.6.2019, BStBl I 2019, 624 veröffentlicht. In dem BMF-Schreiben ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein Sonderausgabenabzug bei beschränkt Stpfl. für Pflichtbeiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen möglich ist.

Mit dem Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020) vom 21. Dezember 2020, BGBl I 2020, 3096 wurde § 50 EStG dann um einen Absatz 1a ergänzt. In § 50 Abs. 1a EStG ist nun geregelt, unter welchen Voraussetzungen Beiträge an berufsständischen Versorgungseinrichtungen als Sonderausgaben berücksichtigt werden können. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in BT-Drs. 19/22850, 94 f. verwiesen. § 50 Abs. 1a EStG ist gem. § 52 Abs. 46 Satz 2 EStG erstmals auf Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2020 geleistet werden.

4.3. Abzugsverfahren

4.3.1. Zweck der Norm

§ 50a EStG sieht für die im Gesetz explizit genannten Einkünfte das Steuerabzugsverfahren vor.

Die in § 50a EStG genannten Steuerpflichtigen verfügen im Regelfall über keine dauerhaften Bezüge, so dass sich der Staat des Sicherungsinstruments des Quellensteuerabzugs bedient. Auch hier wird die ESt nach den Bruttoeinnahmen bemessen (Ausnahme: § 50a Abs. 3 EStG). Bzgl. der Reisekosten, die vom Schuldner übernommen werden, ist § 50a Abs. 2 Satz 2 EStG zu beachten. Die Aufzählung in § 50a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 EStG hat hierbei abschließenden Charakter.

4.3.2. Aufsichtsratsvergütung (§ 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG)

Von der Vorschrift § 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG werden Vergütungen an beschränkt stpfl. Mitglieder des Aufsichtsrats, des Verwaltungsrats oder anderen mit der Überwachung der Geschäftsführung von Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen i.S. des § 1 KStG beauftragten Personen sowie von anderen inländischen Personenvereinigungen des privaten und öffentlichen Rechts, bei denen die Gesellschafter nicht als Mitunternehmer anzusehen sind, für die Überwachung der Geschäftsführung gewährt werden (§ 49 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Der Begriff »inländisch« ist dabei in § 73a Abs. 1 EStDV legaldefiniert.

Dabei ist zu beachten, dass das Verständnis des Terminus der Aufsichtsratsvergütung in § 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG und in § 10 Nr. 4 KStG gleich ist (vgl. Loschelder in Schmidt, 38. Auflage 2019, § 50a EStG, Rz. 14).

Die Steuer beträgt 30 % der Vergütungen, also der gesamten Einnahmen (§ 50a Abs. 2 Satz 1 EStG), wobei Betriebsausgaben grundsätzlich nicht abzugsfähig sind. Dem Steuerabzug unterliegt der volle Betrag der Aufsichtsratsvergütungen (→ Aufsichtsratsvergütung) gem. § 50a Abs. 2 Satz 1 EStG. Bezüglich der Reisekostenvergütungen, die vom Schuldner der Vergütung ersetzt oder übernommen werden, ist § 50a Abs. 2 Satz 2 EStG zu beachten.

4.3.3. Quellensteuer bei Vergütungen nach § 50a Abs. 1 EStG

4.3.3.1. Gesetzliche Ausgangssituation

Unabhängig von der Einkunftsqualifikation nach § 2 Abs. 1 EStG werden nach § 50a Abs. 1 EStG im Ergebnis alle im Gesetz genannten Aktivitäten dem Quellensteuerabzug unterworfen.

Gem. § 50a Abs. 1 EStG unterliegen dem Steuerabzug die folgenden Einkünfte aus

  • inländischen künstlerischen, sportlichen, artistischen, unterhaltenden und ähnlichen Darbietungen (§ 50a Abs. 1 Nr. 1; vgl. hierzu BMF vom 25.11.2010, BStBl I 2010, 1350, in dem die Finanzverwaltung umfassend zum Steuerabzug nach § 50a EStG Stellung nimmt; die Grundsätze des Schreibens vom 25.11.2010 sind laut Rz. 118 auf alle Vergütungen nach § 50a EStG, die nach dem 31.12.2008 zufließen, anzuwenden); in § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG wird auch auf Nebenleistungen Bezug genommen;

  • der inländischen Verwertung von Darbietungen i.S. des § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 bis Nr. 4 und Nr. 6 EStG); ergänzend wird auf die Rz. 19 und Rz. 20 des BMF-Schreibens vom 25.11.2010, BStBl I 2010, 1350 verwiesen;

  • der Überlassung oder Nutzung oder des Rechts auf Nutzung von Rechten, u.a. insbes. von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, von gewerblichen technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen (§ 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG, vgl. hierzu auch BMF vom 27.10.2017, BStBl I 2017, 1448 – beschränkte Steuerpflicht und Steuerabzug bei grenzüberschreitender Überlassung von Software und Datenbanken; sowie BMF vom 3.4.2019, BStBl I 2019, 256 – Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG und BMF vom 2.8.2022, BStBl I 2022, 1253 – Steuerabzug nach § 50a EStG bei Softwareauftragsentwicklung). Die Begriffe »Urheberrechte« und »gewerbliche Schutzrechte« sind in § 73a Abs. 2 und Abs. 3 EStDV legaldefiniert.

    Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) wurde der Tatbestand der Norm § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG erweitert. Danach unterfallen auch Einkünfte, die aus der Verschaffung der Gelegenheit, einen Berufssportler über einen begrenzten Zeitraum vertraglich zu verpflichten, erzielt werden (wie Transferentschädigungen an Berufssportler), unter § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG.

und

  • Aufsichtsratsvergütungen; siehe unter 4.3.2. (§ 50a Abs. 1 Nr. 4 EStG).

Die Verweise in den Nr. 1 bis Nr. 4 des § 50a Abs. 1 EStG in Klammern auf die zentrale Vorschrift § 49 EStG sind zudem zu beachten.

Der Steuerabzug für die in § 50a Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 EStG aufgezählten Einkünfte beträgt einheitlich 15 % (§ 50a Abs. 2 Satz 1 EStG). Vom Schuldner der Vergütung ersetzte oder übernommene Reisekosten gehören nur insoweit zu den Einnahmen, als die Fahrt- und Übernachtungsauslagen die tatsächlichen Kosten und die Vergütungen für Verpflegungsmehraufwand die Pauschbeträge nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG übersteigen (so § 50a Abs. 2 Satz 2 EStG).

Für Aufsichtsratsvergütungen ist ein Steuersatz von 30 % vorgesehen (§ 50a Abs. 2 Satz 1 EStG). Ein Abzug von Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist aber weiterhin nicht vorgesehen. § 50a Abs. 3 und § 50 Abs. 2 Satz 2 EStG sind jedoch zu beachten.

Zur Besteuerung der Einkünfte bei beschränkt stpfl. Künstlern im Arbeitnehmerverhältnis wird u.a. auf die BMF-Schreiben vom 31.7.2002 (BStBl I 2002, 707) und vom 28.3.2013 (BStBl I 2013, 443) verwiesen.

In § 50a Abs. 2 Satz 3 EStG ist für Einkünfte i.S.v. § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG eine Geringfügigkeitsgrenze geregelt, wonach ein Steuerabzug nicht erhoben wird, wenn die Einnahmen je Darbietung 250 € nicht übersteigen.

Nach Abs. 3 besteht aber die (eingeschränkte) Möglichkeit, die Werbungskosten oder die Betriebsausgaben von der Bemessungsgrundlage des Steuerabzugs abzuziehen, wenn dies vom Steuerpflichtigen beantragt wird. Allerdings beträgt dann der Steuersatz 30 % (so § 50a Abs. 3 Satz 4 Nr. 1 EStG). Nur für beschränkt steuerpflichtige Körperschaften bleibt es bei einem Steuersatz von 15 % (so § 50a Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 EStG).

Voraussetzungen für den Abzug der Betriebsausgaben/Werbungskosten ist zunächst, dass dies durch den Schuldner der Vergütung vorgenommen wird. Möglich ist dies bei den Einnahmen in den Fällen des § 50a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 EStG. Abziehbar sind nur die mit den Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben oder Werbungskosten. Zudem ist erforderlich,

  • dass der beschränkt Steuerpflichtige dem Schuldner der Vergütung diese Betriebsausgaben/Werbungskosten in einer für das Bundeszentralamt für Steuern nachprüfbaren Form nachgewiesen hat

  • oder dass die Aufwendungen vom Schuldner der Vergütung übernommen worden sind (§ 50a Abs. 3 Satz 1 EStG).

Weiterhin muss der beschränkt Stpfl. EU-/EWR-Bürger sein und in einem dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 50a Abs. 3 Satz 2 EStG). Für beschränkt stpfl. Körperschaften ist § 50a Abs. 3 Satz 3 EStG zu beachten.

4.4. Verfahrensrecht bei § 50a EStG

4.4.1. Grundsatz

Entsprechend der im Quellensteuerrecht üblichen Dreieckskonstellation begegnen sich bei § 50a EStG neben dem Finanzamt als Steuer-Gläubiger der Vergütungsgläubiger (beschränkt stpfl. Sportler, Aufsichtsratsmitglied etc.) und der Vergütungsschuldner (Veranstalter bzw. KapG – zumeist Inländer).

Gem. § 50a Abs. 5 Satz 2 EStG hat der Vergütungsschuldner den Steuerabzug für Rechnung des Gläubigers, also den Steuerschuldner, vorzunehmen (BMF vom 25.11.2010, BStBl I 2010, 1350, Rz. 40).

Die einbehaltene Steuer ist nach § 50a Abs. 5 Satz 3 EStG beim BZSt anzumelden und an das BZSt abzuführen.

Gem. § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG haftet der Vergütungsschuldner für die Einhaltung und Abführung der Steuer (BMF vom 25.11.2010, BStBl I 2010, 1350, Rz. 56 ff). § 73g EStDV ist zu beachten.

4.4.2. Anordnung Steuerabzug

§ 50a Abs. 7 EStG räumt dem Fiskus die Möglichkeit ein, grds. einen »Sicherungseinbehalt« i.H.v. 25 % der gesamten Einnahmen (15 % bei Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, siehe § 50a Abs. 7 Satz 2 EStG) vorzunehmen. Die Höhe des Steuerabzugs kann hiervon abweichend jedoch auch an die voraussichtlich geschuldete Steuer angepasst werden (§ 50a Abs. 7 Satz 2 EStG). Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung.

Insbes. § 73e EstDV ist zu beachten. Ergänzend sind die Ausführungen des BMF-Schreibens vom 2.8.2002, BStBl I 2002, 710 zu berücksichtigen.

Der BFH (Urteil vom 24.3.1999, I B 113/98, BFH/NV 1999, 1314) gibt dem Vergütungsgläubiger einen (Dritt-)Rechtsbehelf gegen diese Anordnung.

5. Aktuelle Entwicklungen

Mit dem Gesetz zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer Gesetze vom 25. Juni 2021 wurde das Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb (Steueroasen-Abwehrgesetz – StAbwG) beschlossen. Ab wann dieses Gesetz anzuwenden ist, ergibt sich aus § 13 StAbwG.

Zudem ist die Verordnung zur Änderung der Steueroasen-Abwehrverordnung vom 16.12.2022, BGBl I 2022, 2413 zu beachten. Dort ist eine Aufzählung nicht kooperativer Steuerhoheitsgebiete zu finden.

Am 30.11.2023 hat das BMF zudem den Entwurf eines BMF-Schreibens »Grundsätze zur Anwendung des Steueroasen-Abwehrgesetzes« veröffentlicht und an bestimmte Verbände versandt. Bis zum 9.1.2024 haben die Verbände Gelegenheit, Stellung zum Entwurf des BMF-Schreibens zu nehmen.

Vom StAbwG erfasst sind Geschäftsbeziehungen eines Stpfl. oder Beteiligungsverhältnisse in oder mit Bezug zu einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet, § 7 Satz 1 StAbwG. Was unter einem nicht kooperativen Staat oder Gebiet zu verstehen ist, ergibt sich aus der Begriffsdefinition in § 2 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 oder § 6 StAbwG. Die Rechtsfolgen aus einem solchen Geschäftsvorgang i.S.v. § 7 Satz 1 StAbwG ergeben sich aus den folgenden Vorschriften:

  • § 8 StAbwG: Verbot des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs,

  • § 9 StAbwG: Verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung,

  • § 10 StAbwG: Quellensteuermaßnahmen,

  • § 11 StAbwG: Maßnahmen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen.

Im Zusammenhang mit dem Quellensteuerabzug ist also § 10 StAbwG zu beachten. Die Vorschrift § 10 Abs. 2 StAbwG ordnet die teilweise entsprechende Anwendung der Norm § 50a EStG an. Dies gilt für die folgenden Vergütungen i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 StAbwG:

  • Einkünfte aus Finanzierungsbeziehungen (Nr. 1) – für Inhaberschuldverschreibungen ist die besondere gesetzliche Regelung zu beachten;

  • Einkünfte aus Versicherungs- oder Rückversicherungsprämien (Nr. 2);

  • Einkünfte aus der Erbringung von Dienstleistungen, soweit diese nicht bereits unter § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 StAbwG fallen (Nr. 3) – Nutzungsüberlassungen gelten hingegen nicht als Erbringung von Dienstleistungen;

  • Einkünfte aus dem Handel von Waren oder Dienstleistungen i.S.d. Nr. 3 (Nr. 4);

  • Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung oder Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches Buch oder Register eingetragen sind (Nr. 5).

6. Literatur

Druen, Grenzen der Steuerentrichtungspflichten, FR 2004, 1134; Seer, Reform des (Lohn-)StAbzugs, FR 2004, 1037; Sradj/Mertes, KapESt, DStR 2003, 1681; Grams/Molenaar, Rezension der Gerritse-Entscheidung, DStZ 2003, 761; Schnitger, Das Ende der Bruttobesteuerung beschränkt Steuerpflichtiger, FR 2003, 745; Preißer/von Rönn/Schultz-Assberg, Die Unternehmensteuerreform 2008, 2007; Schmidt/Wänger, Änderungen bei der Abgeltungsteuer durch das Jahressteuergesetz 2008, NWB 2008, Fach 3, 14939.

7. Verwandte Lexikonartikel

Abgeltungsteuer

Aufsichtsratsvergütung

Erstattungsanspruch

Kapitalertragsteuer

Kirchensteuer

Körperschaftsteuer

Lohnsteuer

Lohnsteueranmeldung

Lohnsteuerbescheinigung

Pauschalierung der Lohnsteuer

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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