Schuldzinsen

Stand: 16. Dezember 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Sie können beruflich bedingte Schuldzinsen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben (Selbstständige) steuerlich geltend machen.
  • Sie können private Schuldzinsen nicht steuerlich geltend machen.
  • Abziehbare Schuldzinsen können z.B. Zinsen aus Darlehen oder Krediten, Zinsen aus Vermietung und Verpachtung von Immobilien sein.

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeines
2 Der einkommensteuerrechtliche Zinsbegriff
3 Berücksichtigung von Schuldzinsen als Werbungskosten
3.1 Kein Werbungskostenabzug bei Anwendung der Abgeltungsteuer
3.2 Schuldzinsen zum Erwerb einer Beteiligung i.S.d. § 17 EStG
3.2.1 Abzug als Werbungskosten
3.2.2 Tarifoption § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG
4 Berücksichtigung von Schuldzinsen als Betriebsausgaben
4.1 Darlehensverbindlichkeit als Betriebsvermögen
4.2 Nichtabzugsfähige Schuldzinsen
4.2.1 Verwaltungsanweisungen
4.2.2 Einteilung der Schuldzinsen
4.2.2.1 Allgemeines
4.2.2.2 Regelungsinhalt
4.2.2.3 Zeitlicher Anwendungsbereich
4.2.2.4 Ermittlung der betrieblichen Schuldzinsen
4.2.2.5 Eingeschränkter Schuldzinsenabzug nur bei Überentnahmen
4.2.2.6 Überentnahme in einem Verlustjahr
4.2.2.7 Überentnahmen nur in den Vorjahren
4.2.2.8 Überentnahmen bei Einnahmeüberschussrechnern
4.2.3 Maßgeblicher Gewinn für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG
4.2.4 Ausnahme vom eingeschränkten Schuldzinsenabzug
4.2.5 Schuldzinsen zur Finanzierung von Umlaufvermögen
4.2.6 Schuldzinsenabzug bei Mitunternehmerschaften
4.2.7 Schuldzinsenabzug bei Umwandlungsvorgängen
4.3 Schuldzinsenabzug nach Betriebsaufgabe/-veräußerung
4.3.1 Wirtschaftlicher Zusammenhang mit Gewinneinkunftsarten
4.3.2 Schuldzinsen als nachträgliche Betriebsausgaben
4.4 Einbringung privater Verbindlichkeit in vermögensverwaltende Personengesellschaft
5 Schuldzinsenabzug bei Vermietung und Verpachtung
5.1 Wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung
5.2 Schuldzinsen als vorweggenommene und vergebliche Werbungskosten
5.3 Kosten für Projektcontrolling als Schuldzinsen
5.4 Bauzeitzinsen
5.5 Zinszahlungen ehemaliger Gesellschafter
5.5.1 Beteiligungskündigung
5.5.2 Nachhaftung für Darlehensverbindlichkeiten
5.6 Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten
5.6.1 Allgemeine Grundsätze
5.6.2 Schuldzinsen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten
5.6.3 Schuldzinsen zur Finanzierung von Erhaltungsaufwendungen
5.7 Umwidmung von Darlehen
5.7.1 Allgemeines
5.7.2 Umwidmung privater Schuldzinsen in Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung
5.7.3 Umwidmung betrieblicher Schuldzinsen in Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung
5.8 Schuldzinsen als Anschaffungskosten
5.9 Schuldzinsenabzug für Baudarlehen
5.9.1 BFH-Rechtsprechung und Verwaltungsanweisung
5.9.2 Wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung
5.9.3 Fremdfinanzierungskosten bei gemischt genutzten Gebäuden
5.9.3.1 Zuordnung der Herstellungskosten auf die Gebäudeteile
5.9.3.2 Zuordnung der Darlehenszinsen
5.9.3.3 Rechtsprechung zur Aufteilung von Finanzierungszinsen
5.9.3.4 Gleichbehandlung von Herstellungs- und Anschaffungsfällen
5.9.3.5 Herstellung Gebäude teilweise zur Vermietung und teilweise zur Veräußerung
5.9.3.6 Aufteilung des Kaufpreises bei gemischter Schenkung
5.9.4 Darlehensaufnahme bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern
6 Literaturhinweise
7 Verwandte Lexikonartikel

1. Allgemeines

Schuldzinsen gehören wie andere Finanzierungskosten (z.B. Gebühren, Spesen, Damnum) zu den steuerlich abzugsfähigen Aufwendungen, wenn das der Zinszahlung zugrunde liegende Darlehen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG steht. Besteht ein Zusammenhang mit Gewinneinkünften, so sind die Schuldzinsen als BA nach § 4 Abs. 4 EStG zu qualifizieren, besteht ein Zusammenhang mit Überschusseinkünften, so handelt es sich um WK nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG. Besteht kein Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften, so gehören die Schuldzinsen zu den nicht abzugsfähigen Kosten der privaten Lebensführung nach § 12 Nr. 1 EStG.

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Schuldzinsen für Kredite, die zur Finanzierung der Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern aufgenommen werden, gehören nicht zu deren AK oder HK und teilen insoweit auch nicht deren Schicksal. Das bedeutet, dass die steuerliche Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen unabhängig davon zu beurteilen ist, ob die AK oder HK selbst sofort abzugsfähige BA oder WK darstellen (z.B. bei der Finanzierung von GWG oder Erhaltungsaufwendungen), ob sie im Rahmen der AfA berücksichtigt werden können (z.B. bei der Finanzierung eines vermieteten Gebäudes), oder ob die AK überhaupt nicht als BA oder WK abgezogen werden können (z.B. bei der Finanzierung von Grund und Boden).

Der Grundsatz, dass Finanzierungs- und andere Geldbeschaffungskosten sofort abziehbare BA bzw. WK und keine AK oder HK des kreditfinanzierten WG sind, gilt nur dann, wenn der Schuldner der Finanzierungskosten und der Erwerber bzw. Hersteller des WG identisch sind. Erstattet der Käufer des WG dem Veräußerer Zinsen oder sonstige Finanzierungskosten, die dem Veräußerer im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Kredits zur Finanzierung des Erwerbs oder der Herstellung entstanden sind, liegen beim Käufer keine sofort abzugsfähigen BA oder WK, sondern zusätzliche AK bzw. HK für das WG vor. Entscheidend für die Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen ist allein, ob der Stpfl. das WG, für das er den Kredit verwendet, zur Erzielung von Einkünften nutzt bzw. nutzen möchte. Fällt der wirtschaftliche Zusammenhang des Kredits mit der Einkunftserzielung später weg, ist ein weiterer Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenabzug der Schuldzinsen i.d.R. nicht mehr zulässig. Nicht unter den Begriff der Schuldzinsen fallen Tilgungsleistungen zur Rückzahlung des Darlehens.

2. Der einkommensteuerrechtliche Zinsbegriff

Das EStG definiert nicht, was unter dem Begriff »Schuldzinsen« zu verstehen ist. Nach der Rspr. des BFH (Urteil vom 29.10.1985, IX R 56/82, BStBl II 1986, 143) sind Schuldzinsen alle Aufwendungen zur Erlangung und Sicherung eines Kredits einschließlich der Nebenkosten der Darlehensaufnahme, sonstiger Kreditkosten und Geldbeschaffungskosten (Stark/Zimmer in Littmann, EStG § 9 Rn. 391 ff., insbes. ABC der Schuldzinsen in Rn. 530). Dementsprechend hat der BFH in weiteren Urteilen entschieden, dass Notargebühren zur Besicherung eines Darlehens (BFH vom 1.10.2002, IX R 72/99, BStBl II 2003, 399) und Abschlussgebühren für einen Bausparvertrag, der der Ablösung eines Finanzierungsdarlehens zum Erwerb einer vermieteten Immobilie dient (BFH vom 1.10.2002, IX R 12/00, BStBl II 2003, 398) als WK abziehbare Schuldzinsen darstellen. Die FinVerw hat sich in H 21.2 [Finanzierungskosten – 7. Spiegelstrich –] EStH der BFH-Rspr. angeschlossen.

In einem weiteren zur Vorschrift des § 4 Abs. 4a EStG ergangenen Urteil (BFH vom 31.8.2022, X R 15/21, LEXinform 0953824) hat der BFH ausgeführt, dass unter Schuldzinsen alle Leistungen fallen, die ein Schuldner für die Überlassung bzw. Nutzung von Kapital an den Gläubiger zu erbringen hat. Der Schuldzinsenbegriff sei großzügig auszulegen und umfasse alle Aufwendungen zur Erlangung und Sicherung eines Kredits, die wirtschaftlich betrachtet als Vergütung für die Kapitalüberlassung angesehen werden können. Dazu gehören nach Auffassung des BFH auch Provisionen und Gebühren für ein Aval, allerdings unter der Voraussetzung, dass durch die Bürgschaft die Rückzahlung des überlassenen Fremdkapitals gesichert wird. Darüber hinaus definiert das Gericht den Avalkreditvertrag nicht als Darlehen, sondern als einen Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB, der darin besteht, dass das Kreditinstitut mit seinem Namen und seinem Kredit für die Verbindlichkeiten des Kunden einzustehen bereit ist und eine Haftungszusage erteilt.

3. Berücksichtigung von Schuldzinsen als Werbungskosten

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als → Werbungskosten zu berücksichtigen, soweit das zugrunde liegende Darlehen mit einer Überschusseinkunftsart, also mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, Einkünften aus Kapitalvermögen, Einkünften aus Vermietung und Verpachtung oder mit sonstigen Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang steht. Davon ist nach der Rspr. des BFH zum Abzug von Schuldzinsen aus einem Darlehen zum Erwerb einer zur Vermietung bestimmten Immobilie auszugehen, wenn der Kaufpreis tatsächlich mit der Darlehensvaluta gezahlt worden ist (vgl. BFH vom 1.4.2009, IX R 35/08, BStBl II 2009, 663). Dies ist insbes. der Fall, wenn die Zahlung zulasten eines Kontos beglichen wird, dessen Guthaben aus Darlehensmitteln stammt. Der für den Abzug von Schuldzinsen als WK erforderliche Finanzierungszusammenhang zwischen Darlehen und Einkünften fehlt, wenn der Stpfl. die durch den Erwerb der Einkunftsquelle bedingte Überziehung des Girokontos zunächst durch Eigenmittel zurückführt und einen erst danach entstehenden erneuten Sollsaldo durch die Aufnahme eines Darlehens ausgleicht. Dass der Stpfl. von Anfang an die Darlehensmittel dem Erwerb der Einkunftsquelle widmen wollte, ist als bloßer Willensakt unbeachtlich, vgl. BFH vom 25.5.2011, IX R 22/10, BFH/NV 2012, 14–16 (LEXinform 0927939).

Für die zeitliche Zuordnung von Schuldzinsen im Bereich der WK gilt grds. das Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG, Da Schuldzinsen im Regelfall monatlich gezahlt werden und daher regelmäßig wiederkehrende Leistungen darstellen, sind auch die Regelungen des § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG anzuwenden.

Der endgültige Ausfall einer privaten Darlehensforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG infolge einer Insolvenz des Darlehensnehmers führt zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Satz 2 und Abs. 4 EStG. Von einem Forderungsausfall ist allerdings erst auszugehen, wenn endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen aus dem Darlehen mehr erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür nach dem BFH-Urteil vom 24.10.2017, VIII R 13/15, BStBl II 2020, 831 (LEXinform 0950234) nicht aus.

3.1. Kein Werbungskostenabzug bei Anwendung der Abgeltungsteuer

Die Einkommensteuer auf Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 und 2 EStG ist grds. durch den KapESt-Abzug mit dem Abgeltungstarif von 25 % abgegolten (§ 43 Abs. 5 Satz 1 EStG). Als Folge dieser Abgeltungswirkung wird in § 2 Abs. 2 Satz 2 EStG klargestellt, dass der Sparerpauschbetrag von 1 000 € bzw. bei Zusammenveranlagung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern 2 000 € (bis VZ 2022 801 € bzw. 1 602 €) an die Stelle der §§ 9 und 9a EStG tritt, sodass der Abzug tatsächlicher WK bei Anwendung des § 32d EStG nicht möglich ist (→ Einkünfte aus Kapitalvermögen, → Abgeltungsteuer). Eine Ausnahme gilt lediglich in Fällen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 EStG, in denen die Einkommensteuer nach dem progressiven Steuertarif gem. § 32a EStG zu ermitteln ist. Gleichzeitig ist die Anwendung des Sparerpauschbetrags nach § 20 Abs. 9 EStG gesetzlich ausgeschlossen, sodass der tatsächliche Werbungskostenabzug eröffnet ist (→ Abgeltungsteuer).

Dagegen sind die Regelungen zum Sparerpauschbetrag nach § 20 Abs. 9 EStG bei der sog. »Günstigerprüfung« oder großen Veranlagungsoption nach § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG anzuwenden, sodass hier der Abzug tatsächlicher WK nicht in Betracht kommt. Zwar werden die Einkünfte aus Kapitalvermögen hier nicht mit dem Abgeltungstarif, sondern mit dem (niedrigeren) progressiven Steuertarif nach § 32a EStG besteuert. Die Ermittlung der Kapitaleinkünfte ist jedoch auch hier nach den Grundsätzen des § 20 EStG vorzunehmen¸ sodass der Sparerpauschbetrag Anwendung findet (BFH vom 28.1.2015, VIII R 13/13, BStBl II 2015, 393).

3.2. Schuldzinsen zum Erwerb einer Beteiligung i.S.d. § 17 EStG

3.2.1. Abzug als Werbungskosten

Schuldzinsen für ein Darlehen zum Erwerb einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft i.S.v. § 17 EStG (GmbH, AG) gehören zu den WK bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Das gilt unabhängig davon, ob die Zinsaufwendungen durch entsprechende Einnahmen aus Gewinnausschüttungen gedeckt sind oder ob überhaupt entsprechende Einnahmen erzielt werden. Nach dem BFH-Urteil vom 16.3.2010, VIII R 20/08 (BStBl II 2010, 787) sind Schuldzinsen aus dem Anschaffungsdarlehen auch in Zeiträumen nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung der Gesellschaft auch weiterhin als nachträgliche WK bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen. Die für BA geltende ständige BFH-Rechtsprechung, nach der Schuldzinsen auf Betriebsschulden auch nach Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs grundsätzlich als BA i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG abziehbar sind, müsse analog auch für den Bereich der WK Anwendung finden. Dies gilt nach dem Prinzip der vorrangigen Schuldentilgung nicht, soweit die Schuldzinsen auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den aus der Veräußerung der Beteiligung erzielten Preis hätten getilgt werden können (BFH vom 28.3.2007, X R 15/04, BStBl II 2007, 642).

Zu beachten ist allerdings, dass der Abzug tatsächlicher WK bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 9 EStG grds. ausgeschlossen ist. Stattdessen wird bei der Ermittlung der Kapitaleinkünfte der Sparerpauschbetrag von 1 000 € bzw. bei Zusammenveranlagung von Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern von 2 000 € (bis VZ 2022 801 € bzw. 1 602 €) von den Einnahmen abgezogen. Dabei darf der Abzug des Sparerpauschbetrags nicht zu negativen Einkünften führen.

Mit Urteil vom 1.7.2014, VIII R 53/12, BStBl II 2014, 975 hat der BFH die Verfassungsmäßigkeit des § 20 Abs. 9 EStG bestätigt, sodass Schuldzinsen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung i.S.d. § 17 EStG, die auf Zeiträume nach der Veräußerung der Beteiligung entfallen, auch nicht mehr als nachträgliche WK bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden können.

3.2.2. Tarifoption § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG

Gewinnausschüttungen aus Beteiligungen an KapGes unterliegen als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG grds. dem Abgeltungstarif nach § 32d Abs. 1 EStG. Der Gesetzgeber hat jedoch in § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für diese Kapitalerträge eine Option zur Anwendung der tariflichen ESt nach § 32a EStG anstelle des Abgeltungstarifs eingeräumt. Voraussetzung hierzu ist, dass der Stpfl. entweder

  • aufgrund seiner unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungshöhe von mindestens 25 % oder

  • aufgrund seiner unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligungshöhe von mindestens 1 % sowie einer beruflichen Tätigkeit für die Kapitalgesellschaft

wesentlichen Einfluss auf die unternehmerischen Entscheidungen der Gesellschaft ausüben kann. Hierzu kann der Stpfl. im Rahmen des Veranlagungsverfahrens einen entsprechenden Antrag stellen, der gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG für den VZ der Antragstellung und – vorbehaltlich eines möglichen Widerrufs – auch für die folgenden vier VZ gilt. Im Falle der Option können anstelle des Sparerpauschbetrags die tatsächlichen WK in Abzug gebracht werden.

Wurde die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, für die die Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG ausgeübt worden ist, aufgegeben, so gelten die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG letztmalig für den Veranlagungszeitraum der Aufgabe als erfüllt. Die Vorschrift des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG dient insoweit lediglich der Verwaltungsvereinfachung in Form eines erleichterten Nachweises der Tatbestandsvoraussetzungen, ersetzt jedoch nicht das Vorliegen einer Beteiligung nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG. Falls die Beteiligungshöhe unter die Grenzen von 25 % bzw. 1 % sinkt, ist in der Folgezeit ein Werbungskostenabzug ausgeschlossen, selbst wenn die Frist des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 4 EStG noch nicht abgelaufen ist.

Dementsprechend kam auch der BFH im Urteil vom 1.7.2014, VIII R 53/12, BStBl II 2014, 975 zum Ergebnis, dass der Gesetzgeber die Optionsmöglichkeit des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG an das Vorhandensein einer Beteiligung knüpft, sodass bei einer nicht mehr existenten Beteiligung und nachlaufenden Schuldzinsen keine Option zur Anwendung des progressiven Tarifs mehr möglich ist, sondern die allgemeinen Regeln der Abgeltungsteuer unter Ausschluss des Abzugs tatsächlicher WK gelten. Sofern eine Beteiligung i.S.d. § 17 EStG fünf Jahre nach Antragstellung nicht mehr vorhanden ist, kann demnach auch kein erneuter Antrag auf Option gestellt werden, sodass der Abzug tatsächlicher WK ausscheidet.

Beispiel 1:

A hielt als Alleingesellschafter 100 % der Anteile an der A-GmbH, der Erwerb der Beteiligung wurde fremdfinanziert. Im Rahmen der ESt-Erklärung 2021 übte A sein Optionsrecht nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG für Gewinnausschüttungen aus der Beteiligung an der A-GmbH aus und beantragte den Abzug der angefallenen Schuldzinsen als WK bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Am 15.12.2022 veräußerte A die Beteiligung, wobei ein Schuldüberhang verblieb. Im Rahmen seiner ESt-Erklärung 2023 macht A nachträgliche Schuldzinsen als WK bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend.

Lösung 1:

Da A die Beteiligung im Jahr 2022 veräußert hat und die Voraussetzungen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG im VZ 2023 somit zu keinem Zeitpunkt erfüllt waren, kommt ein Abzug der nachträglichen Schuldzinsen als WK bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im VZ 2023 nicht mehr in Betracht.

Die Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG kann somit letztmalig für den Veranlagungszeitraum Wirkung entfalten, in dem die Beteiligung dem Stpfl. noch als Einkunftsquelle zuzurechnen ist. Dies ist das Jahr der Veräußerung oder in Auflösungsfällen das Jahr, in dem der Veräußerungsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG realisiert worden ist (BFH vom 19.4.2005, VIII R 45/04, BFH/NV 2005, 1545).

Der Veräußerungsverlust nach § 17 EStG entsteht grundsätzlich im Zeitpunkt der Beendigung der Liquidation; auf das Jahr der Auflösung der Kapitalgesellschaft (z.B. durch Liquidationsbeschluss oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens) kommt es regelmäßig nicht an.

Ist z.B. mit Einnahmen nicht mehr zu rechnen und steht die Höhe der AK fest, kann der Zeitpunkt der Verlustberücksichtigung auch bereits vor diesem Zeitpunkt liegen (z.B. wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wurde).

Steht erst in einem späteren Jahr fest, dass mit einer wesentlichen Änderung des bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen ist, besteht die Beteiligung noch bis zu diesem (späteren) Zeitpunkt fort (z.B. wenn die Höhe der AK noch ungewiss ist, weil ein Rechtsstreit bzgl. abgegebener Bürgschaftsversprechen zwischen der Bank und dem Gesellschafter noch andauert).

Die Verlustberücksichtigung erfolgt in dem Zeitpunkt, in dem der Verlust hinreichend konkretisiert ist, d.h. mit wesentlichen Veränderungen nicht mehr zu rechnen ist (OFD Münster vom 18.1.2013, Kurzinfo ESt 7/2012).

Zur Frage, ob ein Antrag zur progressiven Besteuerung auch nach dem Veranlagungszeitraum der Verlustberücksichtigung i.S.d. § 17 EStG noch Wirkung entfaltet, hat der BFH mit Urteil vom 21.10.2014, VIII R 48/12, BStBl II 2015, 270 entschieden, dass die Option nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nicht eröffnet ist, wenn keine Kapitalerträge mehr aus der Beteiligung fließen und ein Auflösungsverlust i.S.d. § 17 Abs. 2 und 4 EStG auf Antrag des Stpfl. nicht erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation festgestellt wird, sondern bereits zu einem zeitlich davor liegenden Zeitpunkt.

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und die Eintragung der Auflösung der Gesellschaft im Handelsregister widerspricht nicht einer Beteiligung i.S.d. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG.

Eine GmbH wird gem. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst. Die Auflösung hat indes nicht die Beendigung der Gesellschaft zur Folge. Diese tritt erst mit Löschung im Handelsregister nach Abschluss des Liquidationsverfahrens oder Insolvenzverfahrens ein. Bis zur Löschung besteht die aufgelöste GmbH fort, es wird lediglich der werbende Zweck der Gesellschaft durch den der Abwicklung überlagert. Die GmbH bleibt bis zur Beendigung als juristische Person und als Handelsgesellschaft erhalten. Als juristische Person nicht mehr existent ist eine GmbH erst nach ihrer Löschung wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister. Bis zur Löschung im Handelsregister ist folglich eine Beteiligung i.S.d. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zu bejahen.

Der Zeitpunkt der Realisation eines Veräußerungs- oder Auflösungsverlustes i.S.d. § 17 Abs. 2 und 4 Satz 1 EStG führt zu keinem anderen Ergebnis. Danach ist ein Auflösungsverlust erst festzustellen, wenn der Gesellschafter nicht mehr mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen rechnen kann und feststeht, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche AK oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Veräußerungs- oder Aufgabekosten anfallen. Gerade im Falle der Auflösung mit anschließender Liquidation sind diese Voraussetzungen häufig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation erfüllt. Nur wenn diese mangels Masse nicht stattfindet, ist der auf einen Zeitpunkt zu ermittelnde Auflösungsverlust bereits bei Ablehnung des Antrags auf Insolvenzeröffnung entstanden.

Von dem Grundsatz, dass bei Auflösung der Kapitalgesellschaft mit anschließender Liquidation für die Entstehung eines Auflösungsverlustes der Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation maßgeblich ist, weicht der BFH nur ab, wenn die Auskehrung von weiterem Vermögen mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Das ist z.B. der Fall bei Ablehnung des Antrags auf Eröffnung des Konkurs-/Insolvenzverfahrens mangels Masse, bei eindeutiger Vermögenslosigkeit im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses oder wenn der Gesellschafter mit einer Auskehrung von Gesellschaftsvermögen im Rahmen der Vermögensverteilung nach § 72 GmbHG nicht mehr rechnen konnte; davon ist auszugehen, wenn ohne weitere Ermittlungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen ist, dass das Vermögen der Gesellschaft zu Liquidationswerten die Schulden nicht mehr deckt.

Im Streitfall hatte das FA den Auflösungsverlust gem. § 17 Abs. 2 und 4 EStG nicht erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation, sondern bereits in einem früheren VZ berücksichtigt. Das allein reicht indes nicht aus, eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft i.S.d. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zu verneinen. Denn die Erwägungen, hinsichtlich der Erfassung des Auflösungsverlustes ausnahmsweise nicht auf den Zeitpunkt der Liquidation abzustellen, sondern auf den Moment, in dem die Auskehrung von weiterem Vermögen mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, beruhen auf der besonderen Zwecksetzung des § 17 EStG. Nach dieser Zwecksetzung ist eine Kapitalgesellschaft – anders als nach Gesellschaftsrecht – bereits dann vermögenslos, wenn die Aktiva zwar für eine Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger, nicht aber auch für eine Verteilung unter den Gesellschaftern ausreichen. Überlegungen zur zutreffenden zeitlichen Erfassung eines Auflösungsverlustes i.S.d. § 17 Abs. 2 und 4 EStG bieten aber keinen Anlass, auch für die Option gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG bereits vor Abschluss der Beendigung der Gesellschaft vom Wegfall der Kapitalbeteiligung auszugehen und die Möglichkeit der Option zu versagen.

Dafür spricht auch, dass § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG keinen Verweis auf § 17 Abs. 2 und 4 EStG enthält und die Erwägungen zum Zeitpunkt der Realisation eines Auflösungsverlustes zumindest auch von bilanzrechtlichen Überlegungen beeinflusst sind, welche im Rahmen des § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG keine Bedeutung haben. Denn bei dieser Vorschrift geht es letztlich nur um die Frage, ob ein gem. § 39 Abs. 1 AO grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnendes Wirtschaftsgut (hier: GmbH-Beteiligung) überhaupt noch vorhanden ist, während § 17 Abs. 2 und 4 EStG ein gänzlich anders gelagertes Problem behandelt, nämlich den Zeitpunkt der Realisation eines Auflösungsverlustes.

Gegen die Option zur Tarifbesteuerung nach § 32a EStG spricht jedoch, dass der Kläger in den Streitjahren keine Erträge mehr aus seiner Beteiligung erzielt hat, denn der Wortlaut der Vorschrift spricht von »Kapitalerträge(n) i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 aus einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, wenn (…)«. Es fehlt damit an den für die Anwendung der Vorschrift erforderlichen Kapitalerträgen.

Jedenfalls in Fällen wie dem hier vorliegenden, in dem die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen, dass Kapitalerträge aus der Beteiligung weder jetzt noch künftig fließen und deshalb ein Auflösungsverlust i.S.d. § 17 EStG ausnahmsweise nicht erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation festgestellt wird, sondern bereits zu einem zeitlich davor liegenden Zeitpunkt, weil die Auskehrung von weiterem Vermögen mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, sieht der BFH aber das für die Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 EStG erforderliche Tatbestandsmerkmal der »Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2« nicht gegeben (s.a. Anmerkung vom 19.2.2015, LEXinform 0946614 sowie OFD Nordrhein-Westfalen vom 22.4.2015, Kurzinformation ESt Nr. 13/2015, DB 2015, 1014).

4. Berücksichtigung von Schuldzinsen als Betriebsausgaben

4.1. Darlehensverbindlichkeit als Betriebsvermögen

Schuldzinsen sind nach ständiger Rspr. des BFH ebenso wie sonstige mit einer Kreditaufnahme zusammenhängende Finanzierungskosten (Damnum, Gebühren, Provisionen) gem. § 4 Abs. 4 EStG als BA abzugsfähig, wenn sie für eine Darlehensverbindlichkeit geleistet werden, die durch den Betrieb veranlasst ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Maßgeblich für die Zuordnung der Verbindlichkeit zum Betriebsvermögen ist allein die tatsächliche Verwendung der Darlehensmittel, H 4.2 Abs. 15 EStH [Betriebsschuld].

Nach dieser sog. formalen Zurechnung, die eine weitergehende wertende Beurteilung wechselseitig abhängiger Finanzierungszusammenhänge ausschließt, ist der Unternehmer in seiner Entscheidung frei, vorhandene betriebliche Liquidität seinem Betriebsvermögen zu entnehmen und die hierdurch entstehende Finanzierungslücke durch Aufnahme eines – gemessen am Merkmal der tatsächlichen Verwendung der Darlehensvaluta – betrieblich veranlassten Kredits zu schließen. Gleiches gilt, wenn ein betrieblich veranlasster Kredit im Zusammenhang mit der Entnahme betrieblicher Geldbestände umgeschuldet oder verlängert wird. Andererseits ist es dem Stpfl. nicht nur verwehrt, private Schulden allein aufgrund eines Willensaktes (z.B. Bilanzausweis) dem (gewillkürten) Betriebsvermögen zuzuordnen. Vielmehr sind Darlehen, die tatsächlich für private Zwecke verwendet werden, auch dann als notwendige Privatschulden zu qualifizieren, wenn die Aufwendungen durch Entnahme betrieblicher Geldmittel hätten bestritten werden können.

Zu beachten ist, dass die Entnahme fremdfinanzierter WG des Betriebsvermögens zur Folge hat, dass auch die mit dem (entnommenen) WG im Zusammenhang stehende Verbindlichkeit in das PV überführt wird, vgl. R 4.2 Abs. 15 Satz 1 EStR. Darlehen sind dem PV zuzuordnen, unabhängig davon, ob die Valuta unmittelbar für private Zwecke verwendet wird (originäres Entstehen einer Privatschuld) oder ob sie zunächst – in einem Zwischenschritt – dem betrieblichen Kontokorrent gutgeschrieben wird und erst im Anschluss hieran der Finanzierung privater Aufwendungen dient.

Werden die von einem Versicherungsmakler für Rechnung der Versicherungsgesellschaften vereinnahmten Versicherungsbeiträge (durchlaufende Posten) abredewidrig für private Zwecke verwendet und die Auskehrungsverbindlichkeiten in Vereinbarungsdarlehen umgeschuldet, sind die hierfür entrichteten Zinsen sowie die angefallenen Finanzierungsnebenkosten keine BA (BFH vom 15.5.2008, IV R 25/07, BStBl II 2008, 715).

Mit Urteil vom 4.11.2004 (III R 5/03, BStBl II 2005, 277) hatte der BFH bereits entschieden, dass die aus Agenturgeschäften vereinnahmten Geldbeträge (hier Erlöse eines Tankstellenpächters für Mineralölprodukte) auch bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als durchlaufende Posten nicht als Betriebseinnahmen und die Weiterleitung dieser Beträge nicht als BA zu erfassen sind. Verwendet der Unternehmer diese in fremdem Eigentum stehenden Geldbeträge zunächst für private Zwecke und nimmt sodann Darlehen auf, mit denen er die Geldbeträge ersetzt, entnimmt er daher keine Betriebseinnahmen und finanziert auch keine BA.

4.2. Nichtabzugsfähige Schuldzinsen

4.2.1. Verwaltungsanweisungen

Unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § 4 Abs. 4a EStG können bestimmte Schuldzinsen nicht als BA abgezogen werden, obwohl sie betrieblich veranlasst sind. Zur Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG nimmt die Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 2.11.2018 (BStBl I 2018, 1207) ausführlich Stellung. In zwei weiteren BMF-Schreiben vom 18.1.2021 (BStBl I 2021, 119) und vom 5.11.2021 (BStBl I 2021, 2211) wird das originäre Schreiben vom 2.11.2018 punktuell ergänzt und an die laufende BFH-Rspr. angepasst.

4.2.2. Einteilung der Schuldzinsen

4.2.2.1. Allgemeines

Nach § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG können Schuldzinsen grundsätzlich nicht als BA abgezogen werden, wenn sog. Überentnahmen getätigt wurden. Zu den Schuldzinsen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG gehören nach Rz. 19 des BMF-Schreibens vom 2.11.2018 alle Aufwendungen zur Erlangung und Sicherung eines Kredits einschließlich der Nebenkosten der Darlehensaufnahme, der Geldbeschaffungskosten sowie ggf. der Nachzahlungs-, Aussetzungs- und Stundungszinsen i.S.d. AO. In seinem Urteil vom 31.8.2022 (X R 15/21, BStBl II 2023, 116) hat auch der BFH zu Begriff und Umfang der Schuldzinsen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG Stellung genommen. Danach ist der Schuldzinsenbegriff großzügig auszulegen und umfasst alle Leistungen, die ein Schuldner für die Überlassung und Nutzung von Kapital an den Gläubiger zu erbringen hat. Dazu gehören auch alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits, die bei wirtschaftlicher Betrachtung als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können (vgl. BFH vom 12.2.2014, IV R 22/10, BStBl II 2014, 621). Auch Provisionen und Gebühren für eine Avalbürgschaft zählen jedenfalls dann zu den Schuldzinsen i.S.v. § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG, wenn dadurch die Rückzahlung von Fremdkapital gesichert wird, das dem Schuldner zeitweise zur Nutzung überlassen wurde.

Dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 4a EStG unterliegen nur betrieblich veranlasste Schuldzinsen, während privat veranlasste Schuldzinsen als Kosten der privaten Lebensführung bereits nach § 12 Nr. 1 EStG vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen sind. Aus diesem Grund empfiehlt sich für die Frage der Abziehbarkeit der Schuldzinsen eine zweistufige Prüfung:

Im ersten Schritt ist zu ermitteln, ob und inwieweit die jeweiligen Schuldzinsen zu den betrieblich veranlassten Aufwendungen gehören, im zweiten Schritt muss geprüft werden, ob der Betriebsausgabenabzug im Hinblick auf Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG eingeschränkt ist. Diese in Rz. 1 des BMF-Schreibens vom 2.11.2018 (a.a.O.) festgelegte Prüfungsreihenfolge wurde auch durch die höchstrichterliche Rspr. bestätigt (BFH vom 21.9.2005, X R 46/04, BStBl II 2006, 125 und vom 23.3.2011, X R 28/09, BStBl II 2011, 753).

4.2.2.2. Regelungsinhalt

Überentnahme ist gem. § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen eines Wj. übersteigen. Die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen werden nach § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wj. zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wj. und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wj. der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt. Hieraus folgt, dass die Bemessungsgrundlage der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen der Summe der jeweiligen Über- und Unterentnahmen aller in die Berechnung einzubeziehenden Wj. (Totalperiode) entspricht (vgl. hierzu auch Senatsurteil in BFHE 261, 273, BStBl II 2018, 744 Rz. 19). Die nach diesen Grundsätzen ermittelten Schuldzinsen sind gem. § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG nur insoweit dem Gewinn zuzurechnen, als sie den Betrag von 2 050 € im Wj. übersteigen. Schuldzinsen für ein Darlehen zur Finanzierung von AK oder HK von WG des Anlagevermögens fallen nach Satz 5 nicht unter die Regelung des § 4 Abs. 4a EStG und können somit ohne Einschränkung als BA berücksichtigt werden.

Mit Gerichtsbescheid vom 1.12.2022, 15 K 1131/19 hat das FG Düsseldorf festgestellt, dass der zur Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags nicht abziehbarer Schuldzinsen anzuwendende Zinssatz von 6 % der Überentnahmen des Wj. auch im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit der Vollverzinsung (BVerfG vom 8.7.2021 – 1 BvR 2237/14, BvR 2422/17) – jedenfalls in den streitgegenständlichen Jahren 2013 bis 2016 – verfassungsgemäß ist. Das anschließende Revisionsverfahren (Az. IV R 2/23) ist durch Löschung erledigt, sodass die finanzgerichtliche Entscheidung bestätigt wurde.

4.2.2.3. Zeitlicher Anwendungsbereich

Nach dem Wortlaut des § 52 Abs. 6 Satz 7 und 8 EStG ist die Regelung des § 4 Abs. 4a EStG erstmals für Wj. anzuwenden, die nach dem 31.12.1998 enden, Über- und Unterentnahmen vergangener Wj. bleiben außer Betracht. Hierzu hat der BFH mit Urteil vom 5.11.2019, X R 40-41/18 (LEXinform 0952322) entschieden, dass positives Eigenkapital, das aus vor dem 1.1.1999 endenden Wj. stammt, bei der Berechnung der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG unberücksichtigt zu lassen ist. Die Anwendungsregelung des § 52 Abs. 6 Satz 8 EStG gebiete es, in dem ersten nach dem 31.12.1998 endenden Wj. von einem Kapitalkonto mit dem Anfangsbestand »Null« auszugehen. Die Nichtberücksichtigung sowohl positiven als auch negativen Eigenkapitals aus vor dem 1.1.1999 endenden Wj. verstoße weder gegen das Rückwirkungsverbot von Gesetzen noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz und auch nicht gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit.

4.2.2.4. Ermittlung der betrieblichen Schuldzinsen

Die Begrenzung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4a EStG ist betriebsbezogen auszulegen (s. BFH vom 22.9.2011, IV R 33/08, BStBl II 2012, 10). Bei Anwendung der Vorschrift sind die im Wj. angefallenen Schuldzinsen zunächst anhand des tatsächlichen Verwendungszwecks der Darlehensmittel der Erwerbs- oder Privatsphäre zuzuordnen. Darlehen zur Finanzierung außerbetrieblicher Ausgaben, insbes. zur Finanzierung von Entnahmen, sind nicht betrieblich veranlasst. Unterhält der Stpfl. für den betrieblich und den privat veranlassten Zahlungsverkehr ein einheitliches gemischtes Kontokorrentkonto, ist zur Ermittlung der als BA abziehbaren Schuldzinsen der Sollsaldo grds. aufzuteilen. Das anzuwendende Aufteilungsverfahren ergibt sich aus Tz. 11 bis 18 des BMF-Schreibens vom 10.11.1993, BStBl I 1993, 930 (vgl. BMF vom 2.11.2018, BStBl I 2018, 1207 Rz. 3):

Zur Bestimmung des anteiligen betrieblich veranlassten Sollsaldos sind die auf dem Kontokorrentkonto erfolgten Buchungen nach ihrer privaten und betrieblichen Veranlassung zu trennen. Hierzu ist das Kontokorrentkonto rechnerisch in ein betriebliches und ein privates Unterkonto aufzuteilen. Auf dem betrieblichen Unterkonto sind die betrieblich veranlassten und auf dem privaten Unterkonto die privat veranlassten Sollbuchungen zu erfassen. Habenbuchungen sind vorab dem privaten Unterkonto bis zur Tilgung von dessen Schuldsaldo gutzuschreiben; nur darüber hinausgehende Beträge sind dem betrieblichen Unterkonto zuzurechnen. Betriebseinnahmen werden nicht zuvor mit BA des gleichen Tages saldiert. In der Schlussbilanz ist nur der nach diesen Grundsätzen für den Bilanzstichtag ermittelte Sollsaldo des betrieblichen Unterkontos auszuweisen.

Schuldzinsen sind nur insoweit abzugsfähig, als sie durch Sollsalden des betrieblichen Unterkontos veranlasst sind. Ihre Berechnung erfolgt grundsätzlich nach der Zinszahlenstaffelmethode. Dabei wird nicht auf die einzelne Buchung, sondern auf die jeweiligen Soll- oder Habensalden (Zwischensalden) abgestellt. Dies hat zur Folge, dass dem Stpfl. eine Schuld nur zuzurechnen ist, soweit diese Zwischensalden negativ sind. Dementsprechend sind auch nur dann Schuldzinsen zu berechnen. Ausgehend von einem Zwischensaldo wird die Zinszahl für diesen Saldo für die Zeit (Tage) seiner unveränderten Dauer (Wertstellung) nach einer besonderen Formel berechnet (Zinszahlenstaffel):

Zinszahl

=

Kapital

×

Tage

100

Am Ende der Rechnungsperiode werden die Zinszahlsummen der Soll- und Habenseite addiert und durch einen Zinsdivisor (360/Zinsfuß) geteilt.

Beispiel 2:

Datum

Geschäftsvorfall

Betrag

betrieblich

privat

betriebliche Zinszahlen

01.01.02

Saldo

0 €

0 €

15.01.02

»Entnahme«

./. 15 000 €

0 €

./. 15 000 €

keine Entnahme

Saldo bis 14.2.02

./. 15 000 €

0 €

./. 15 000 €

keine betriebliche Schuld

15.02.02

Wareneinkauf

./. 20 000 €

./. 20 000 €

0 €

Saldo bis 14.3.02

./. 35 000 €

./. 20 000 €

./. 15 000 €

20 000 € × 30 Tage : 100 = 6 000 €

15.03.02

Einlage

+ 5 000 €

0 €

+ 5 000 €

Saldo bis 14.4.02

./. 30 000 €

./. 20 000 €

./. 10 000 €

20 000 € × 30 Tage : 100 = 6 000 €

15.04.02

Einlage

+ 5 000 €

0 €

+ 5 000 €

Saldo bis 14.5.02

./. 25 000 €

./. 20 000 €

./. 5 000 €

20 000 € × 30 Tage : 100 = 6 000 €

15.05.02

Warenverkauf

+ 30 000 €

+ 25 000 €

+ 5 000 €

Werden BE zur Tilgung eines Sollsaldos verwendet, der aufgrund privater Zahlungsvorgänge entstanden ist oder sich dadurch erhöht, liegt im Zeitpunkt der Gutschrift eine Entnahme vor, die bei Ermittlung der Überentnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen ist (BFH vom 21.9.2005, X R 46/04, BStBl II 2006, 125).

Saldo bis 14.6.02

+ 5 000 €

+ 5 000 €

0 €

keine betriebliche Schuld

15.06.02

Wareneinkauf

./. 15 000 €

./. 15 000 €

0 €

Saldo bis 14.7.02

./. 10 000 €

./. 10 000 €

0 €

10 000 € × 30 Tage : 100 = 3 000 €

15.07.02

»Entnahme«

./. 10 000 €

0 €

./. 10 000 €

keine Entnahme

Saldo bis 14.8.02

./. 20 000 €

./. 10 000 €

./. 10 000 €

10 000 € × 30 Tage : 100 = 3 000 €

15.08.02

Warenverkauf

+ 15 000 €

+ 5 000 €

+ 10 000 €

Entnahme, s. 15.05.02

Saldo bis 14.9.02

./. 5 000 €

./. 5 000 €

0 €

5 000 € × 30 Tage : 100 = 1 500 €

15.09.02

»Entnahme«

./. 5 000 €

0 €

./. 5 000 €

keine Entnahme

Saldo bis 14.10.02

./. 10 000 €

./. 5 000 €

./. 5 000 €

5 000 € × 30 Tage : 100 = 1 500 €

15.10.02

Wareneinkauf

./. 10 000 €

./. 10 000 €

0 €

Saldo bis 14.11.02

./. 20 000 €

./. 15 000 €

./. 5 000 €

15 000 € × 30 Tage : 100 = 4 500 €

15.11.02

Kauf Maschine

./. 20 000 €

./. 20 000 €

0 €

Saldo bis 14.12.02

./. 40 000 €

./. 35 000 €

./. 5 000 €

35 000 € × 30 Tage : 100 = 10 500 €

15.12.02

»Entnahme«

./. 5 000 €

0 €

./. 5 000 €

keine Entnahme

Saldo bis 31.12.02

./. 45 000 €

./. 35 000 €

./. 10 000 €

35 000 € × 15 Tage : 100 = 5 250 €

betriebliche Zinszahlsumme: 47 250 €

Der Schuldzinsensatz beträgt 7 %.

Der Gewinn im Kj. 02 beträgt 20 000 €, die Sach- und Leistungsentnahmen betragen 30 000 €.

Lösung 2:

Bei einem Schuldzinsensatz von 7 % ergeben sich am Ende der Rechnungsperiode folgende Zinsen:

47 250 € × 7 : 360 = 918,75 €.

Eine Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG liegt erst in dem Zeitpunkt vor, in dem der privat veranlasste Teil des Schuldsaldos durch eingehende Betriebseinnahmen getilgt wird, weil insoweit betriebliche Mittel zur Tilgung einer privaten Schuld verwendet werden (BMF vom 2.11.2018, BStBl I 2018, 1207 Rz. 6 und BFH vom 21.9.2005, X R 46/04, BStBl II 2006, 125).

Weist z.B. das gemischte Konto zum Zeitpunkt der Geldentnahme i.H.v. 40 000 € einen Schuldsaldo i.H.v. 50 000 € aus, der unstreitig betrieblich veranlasst ist, so ergeben sich durch die privat veranlasste Erhöhung des Schuldensaldos um 40 000 € auf 90 000 € höhere Schuldzinsen.

Durch die Anwendung der Zinsstaffelmethode muss der privat veranlasste Anteil der Schuldzinsen ermittelt werden. Die privat veranlasste Erhöhung des Schuldsaldos von 40 000 € führt nicht bereits zu einer Entnahme von zum Betriebsvermögen gehörenden WG und ist daher nicht bei der Ermittlung der Entnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen.

Aus Vereinfachungsgründen ist es jedoch nicht zu beanstanden, wenn der Stpfl. schon die Erhöhung des Schuldensaldos aus privaten Gründen als Entnahme bucht und bei der Tilgung des privat veranlassten Schuldensaldos keine Entnahmebuchung mehr vornimmt (BMF vom 17.11.2005, BStBl I 2005, 1019 Rz. 6).

Ermittlung der Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG:

Gewinn

20 000 €

Einlagen am 15.03.02 und 15.04.02 je 5 000 €

+ 10 000 €

Zwischensumme

30 000 €

./. Entnahmen in Geld

15.5.02

5 000 €

15.8.02

10 000 €

./. Sach- und Leistungsentnahmen

30 000 €

insgesamt

45 000 €

./. 45 000 €

Überentnahme

./. 15 000 €

nicht abziehbare Schuldzinsen (typisiert ermittelt) 6 % von 15 000 €

900 €

betriebliche Schuldzinsen

918,75 €

Hinzurechnungsbetrag (§ 4 Abs. 4a Satz 3 und 4 EStG)

900,00 €

Höchstbetrag:

tatsächliche Schuldzinsen

918,75 €

./. Kürzungsbetrag

./. 2 050,00 €

verbleiben als Höchstbetrag = Hinzurechnungsbetrag

0,00 €

4.2.2.5. Eingeschränkter Schuldzinsenabzug nur bei Überentnahmen

Der Abzug betrieblich veranlasster Schuldzinsen ist nur dann eingeschränkt, wenn sog. Überentnahmen vorliegen (§ 4 Abs. 4a Satz 1 EStG). Die Überentnahme ist in § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG wie folgt definiert:

Gewinn des Wj.

zzgl. Einlagen des Wj.

abzgl. Entnahmen des Wj.

Summe negativ

=> Überentnahmen

Summe positiv

=> Unterentnahmen

Abb.: Über- und Unterentnahmen

Mit Urteil vom 7.3.2006 (X R 44/04, BStBl II 2006, 588) hat der BFH entschieden, dass der Gewinnbegriff in § 4 Abs. 4a EStG mangels besonderer Bestimmungen nach dem allgemeinen Gewinnbegriffs des § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 4 Abs. 3 EStG auszulegen ist. Nach dem BFH-Urteil vom 14.3.2018 (X R 17/16, BStBl II 2018, 744) umfasst der Gewinnbegriff auch Verluste, die somit ggf. die Überentnahmen erhöhen bzw. die Unterentnahmen vermindern. Gewinnmindernde Rücklagen und Abschreibungen sind bei der Feststellung einer Überentnahme dem steuerlichen Gewinn ebenso wenig hinzuzurechnen wie Rückstellungen, Rechnungsabgrenzungsposten oder Wertberichtigungen. Übergangsgewinne und -verluste, die bei einem Wechsel der Gewinnermittlungsart i.S.v. R 4.6 EStR anfallen, sind bei Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG einzubeziehen (BMF vom 2.11.2018, BStBl I 2018, 1207 Rz. 8 sowie BFH vom 22.11.2011, VIII R 5/08, LEXinform 5908173. Zum Entnahmebegriff für den Schuldzinsenabzug s. Wagner, NWB 2012, 670 sowie Anmerkung vom 2.8.2012, LEXinform 0941889.

Eine nur kurzfristige fremdfinanzierte Mittelzuführung auf dem betrieblichen Girokonto am Jahresende, die allein dazu dient, den Stand der Überentnahmen zum maßgeblichen Stichtag kurzfristig zurückzuführen (Windowdressing), ist gem. BMF vom 2.11.2018, BStBl I 2018, 1207 (Rz. 13) wegen Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO steuerlich nicht zu berücksichtigen, da sie nur der Umgehung des Schuldzinsenabzugsverbots des § 4 Abs. 4a EStG dient (BFH vom 21.8.2012, VIII R 32/09, BStBl II 2013, 16).

Der BFH macht aber deutlich, dass die Einzahlung von Geld auf ein betriebliches Konto eine Einlage i.S.v. § 4 Abs. 4a EStG darstellt; dies gilt auch bei sinngemäßer Anwendung der Vorschrift auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Pressemitteilung des BFH Nr. 77/12 vom 21.11.2012, LEXinform 0438775).

Im Urteil vom 22.9.2011 (IV R 33/08, BStBl II 2012, 10) kommt der BFH zum Ergebnis, dass jede Überführung oder Übertragung eines WG aus dem betrieblichen Bereich des Stpfl. in einen anderen betrieblichen Bereich desselben oder eines anderen Stpfl. grundsätzlich eine Entnahme beim abgebenden und eine Einlage beim aufnehmenden Betrieb i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG darstellt.

Wird jedoch BV aus dem Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft in das Gesamthandsvermögen einer Besitz-Personengesellschaft übertragen und dadurch eine mitunternehmerische Betriebsaufspaltung begründet, so ist diese Übertragung nicht als Entnahme i.S.v. § 4 Abs. 4a EStG anzusehen. Nach Ansicht des BFH bleiben die übertragenen WG latent Sonderbetriebsvermögen bei der Betriebsgesellschaft, sie sind nur wegen der von der Rechtsprechung entschiedenen Bilanzierungskonkurrenz bei der Besitzgesellschaft zu bilanzieren. Damit liegt spiegelbildlich auch bei der Besitzgesellschaft keine Einlage i.S.v. § 4 Abs. 4a EStG vor, was sich bei ihr negativ auf den Schuldzinsenabzug auswirken kann. Positiv für Sachverhalte abseits der Zinsschranke ist in diesem Zusammenhang der ausdrückliche Hinweis des BFH zu werten, dass beim Wegfall der Voraussetzungen der Betriebsaufspaltung die WG wieder Sonderbetriebsvermögen der Betriebs-Personengesellschaft werden. Es kommt daher in diesen Fällen nicht zur Gewinnrealisierung, die WG werden zum Buchwert übertragen (s. Anmerkung vom 18.11.2011, LEXinform 0879195).

Ein ähnlicher Fall einer Bilanzierungskonkurrenz, der weder zu einer Entnahme beim abgebenden noch zu einer Einlage beim aufnehmenden Betrieb führt, liegt vor, wenn ein WG nach einem Verschmelzungsvorgang einem anderen Betriebsvermögen zuzuordnen ist (vgl. BMF vom 2.11.2018, BStBl I 2018, 1207, Rz. 12).

Beispiel 3:

Der Gewinn des laufenden Wj. 02 (= Kj.) beträgt 250 000 €. Während des Wj. wurden 50 000 € in den Betrieb eingelegt, die Entnahmen beliefen sich insgesamt auf 400 000 €. Über- bzw. Unterentnahmen wurden in den vorangegangenen Wj. nicht getätigt. An betrieblichen Schuldzinsen sind angefallen:

Fallvariante a):

2 000 €,

Fallvariante b):

3 000 €,

Fallvariante c):

4 000 €,

Fallvariante d):

10 000 €,

Lösung 3:

Die Überentnahme des Jahres 02 wird wie folgt berechnet:

Gewinn 02

250 000 €

Einlagen 02

+ 50 000 €

Entnahmen 02

./. 400 000 €

Überentnahmen/Unterentnahmen vergangener Wj.

0 €

tatsächliche Überentnahme 02

./. 100 000 €

Die nach § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen betragen 6 % von 100 000 € = 6 000 €.

Nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG werden betrieblich veranlasste Schuldzinsen pauschal zu nicht abzugsfähigen BA umqualifiziert, ein Schuldzinsenabzug bis 2 050 € ist allerdings unbeschränkt möglich.

Danach ergeben sich folgende Hinzurechnungsbeträge:

betriebliche Schuldzinsen

2 000 €

3 000 €

4 000 €

10 000 €

Hinzurechnungsbetrag

6 000 €

6 000 €

6 000 €

6 000 €

Höchstbetrag (betriebliche Schuldzinsen abzgl. 2 050 €)

0 €

950 €

1 950 €

7 950 €

Hinzurechnung

0 €

950 €

1 950 €

6 000 €

abzugsfähige Schuldzinsen

2 000 €

2 050 €

2 050 €

4 000 €

nicht abzugsfähige Schuldzinsen

0 €

950 €

1 950 €

6 000 €

Der Gewinn von 250 000 € ist außerbilanziell um die nicht abziehbaren Schuldzinsen zu erhöhen.

Beispiel 4:

Wie Beispiel 3. Im Wj. 03 beträgt der Gewinn ebenfalls 250 000 €. Die Einlagen betragen 150 000 €, die Entnahmen 430 000 €.

Lösung 4:

Die Überentnahme des Jahres 03 wird wie folgt berechnet:

Gewinn 03

250 000 €

Einlagen 03

+ 150 000 €

Entnahmen 03

./. 430 000 €

Überentnahme im Wj. 03

./. 30 000 €

zzgl. Überentnahme Wj. 02

./. 100 000 €

Bemessungsgrundlage

130 000 €

Zu beachten ist, dass die Überentnahme auf den kumulierten Entnahmenüberschuss aus Entnahmen und Einlagen der vorgehenden Wj und des laufenden Wj begrenzt ist. Dieser berechnet sich wie folgt:

Entnahmen 03

+ 430 000 €

Einlagen 03

kumulierter Entnahmenüberschuss des Vorjahres

./. 150 000 €

+ 350 000 €

kumulierter Entnahmenüberschuss des Wj.

630 000 €

Nach § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG werden die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wj. zzgl. der Überentnahmen vorangegangener Wj. und abzgl. der Unterentnahmen vorangegangener Wj. ermittelt. Sie betragen somit 6 % von 130 000 € = 7 800 €.

4.2.2.6. Überentnahme in einem Verlustjahr

In einem Verlustjahr ist die Überentnahme nicht höher als der Betrag anzusetzen, um den die Entnahmen die Einlagen des Wj. übersteigen (Entnahmenüberschuss; s.a. BFH vom 3.3.2011, IV R 53/07, BStBl II 2011, 688). Der Verlust ist jedoch mit Unterentnahmen vergangener und zukünftiger Wj. zu verrechnen. Entsprechendes gilt für einen Verlust, soweit er nicht durch einen Einlagenüberschuss ausgeglichen werden wird. Verbleibende Verluste sind – ebenso wie die Über- und Unterentnahmen – formlos festzuhalten.

Beispiel 5:

Der Betrieb des Stpfl. hat das Wj. mit einem Verlust von 100 000 € abgeschlossen. Im Hinblick auf die Ertragslage des Betriebs hat der Stpfl. keine Entnahmen vorgenommen. Dem Betrieb wurden aber auch keine Einlagen zugeführt. Im vorangegangenen Wj. ergab sich eine Unterentnahme von 10 000 €.

Lösung 5:

Der Verlust bewirkt keine Überentnahme. Er ist mit der Unterentnahme des Vorjahres zu verrechnen, sodass ein Verlustbetrag von 90 000 € zur Verrechnung mit künftigen Unterentnahmen verbleibt (BMF vom 17.11.2005, BStBl I 2005, 1019, Rz. 13).

Das Gleiche gilt, wenn der Stpfl. in einer Verlustsituation Entnahmen tätigt, die zu einem Entnahmenüberschuss dieses Wj. führen. In diesen Fällen ergeben sich im Hinblick auf diese Entnahmen Überentnahmen, die sich jedoch nicht noch um den Verlust erhöhen.

Beispiel 6:

Der Betrieb des Stpfl. hat das Wj. mit einem Verlust von 100 000 € abgeschlossen. Dem Betrieb wurden Einlagen i.H.v. 80 000 € zugeführt. Der Stpfl. entnimmt keine liquiden Mittel, er nutzt indes – wie bisher – einen zum Betriebsvermögen gehörigen Pkw auch für Privatfahrten. Die Nutzungsentnahme wird nach der 1 %-Methode, bezogen auf einen Listenpreis von 60 000 €, mit 7 200 € angesetzt. Im vorangegangenen Wj. ergab sich eine Unterentnahme von 10 000 €.

Lösung 6:

Zunächst ist der Einlagenüberschuss zu ermitteln. Die Einlagen von 80 000 € abzüglich Entnahmen von 7 200 € ergeben einen Einlagenüberschuss von 72 800 €. Der Einlagenüberschuss ist mit dem Verlust zu verrechnen. Soweit der Verlust von 100 000 € nicht mit dem Einlagenüberschuss von 72 800 € verrechnet werden kann, ist er mit der Unterentnahme des Vorjahres von 10 000 € zu verrechnen. Der verbleibende Verlust von 17 200 € ist mit künftigen Unterentnahmen zu verrechnen (BMF vom 17.11.2005, BStBl I 2005, 1019, Rz. 15).

Der BFH hat mit Urteil vom 14.3.2018 (X R 17/16, BStBl II 2018, 744, LEXinform 0951163, sowie LEXinform 0448488) sowie dem am selben Tag unter dem Az. X R 16/16, BFH/NV 2018, 939 ergangenen, im Wesentlichen inhaltsgleichen Urteil zur Berücksichtigung von Verlusten bei der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG Stellung genommen und dabei folgende grundsätzliche Regelungen getroffen:

  • Unter dem Begriff »Gewinn« i.S.d. § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG, der als Überentnahmen den Überschuss der Entnahmen über die Summe des Gewinns und der Einlagen definiert, ist der einkommensteuerrechtliche Gewinn zu verstehen. Damit sind nicht nur positive Einkünfte, sondern ggf. auch negative Einkünfte (= Verluste) gemeint.

  • Bei Anwendung des § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG ist zu berücksichtigen, dass allein aufgrund von Verlusten keine Überentnahmen entstehen können. Insoweit ist die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen über den Gesetzeswortlaut hinaus im Wege einer sog. teleologischen Reduktion zu begrenzen.

  • Die Bemessungsgrundlage für die nicht abziehbaren Schuldzinsen ist begrenzt auf den Entnahmenüberschuss (Überschuss aller Entnahmen über alle Einlagen) des Zeitraums von 1999 (Einführung des § 4 Abs. 4a EStG) bis zum aktuellen Wj.

In den Urteilen vom 14.3.2018 begrenzt der BFH die nach den Überentnahmen ermittelte Bemessungsgrundlage der nicht abziehbaren Schuldzinsen im Wege einer teleologischen Reduktion des § 4 Abs. 4a EStG auf den von 1999 bis zum Beurteilungsjahr insgesamt erzielten Überschuss aller Entnahmen über alle Einlagen dieses Zeitraums. Dadurch wird sichergestellt, dass ein in der Totalperiode erwirtschafteter Verlust die Bemessungsgrundlage für § 4 Abs. 4a EStG nicht erhöht und damit der Gefahr vorgebeugt, dass ein betrieblicher Verlust ohne jede Entnahme zur Versagung des Schuldzinsenabzugs führen kann. Zudem wird der Verlust des aktuellen Jahres nicht anders bewertet als der Verlust aus Vorjahren. Dies kann für den Steuerpflichtigen in bestimmten Jahren günstiger, in anderen Jahren aber auch nachteiliger sein als der Verrechnungsmodus nach der Verwaltungsauffassung im o.a. BMF-Schreiben vom 17.11.2005.

Die Entscheidung ist insb. für mittelständische Unternehmen von Bedeutung, da es danach gleichgültig ist, in welchem Jahr innerhalb der Totalperiode Gewinne oder Verluste erzielt sowie Entnahmen oder Einlagen getätigt wurden. Somit ist der Steuerpflichtige auch in den Jahren, in denen er Gewinne erwirtschaftet, zu einer vorausschauenden Planung seiner Entnahmen veranlasst, damit diese sich nicht durch spätere Verluste in steuerschädliche Überentnahmen verwandeln.

4.2.2.7. Überentnahmen nur in den Vorjahren

Eine Hinzurechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen aufgrund von Überentnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG ist auch dann vorzunehmen, wenn im Veranlagungszeitraum keine Überentnahme vorliegt, sich aber ein Saldo aufgrund von Überentnahmen aus den Vorjahren ergibt (BFH vom 17.8.2010, VIII R 42/07, BStBl II 2010, 1041; s.a. Anmerkung vom 14.10.2010, LEXinform 0926983).

Beispiel 7: Sachverhalt und Lösung ergeben sich aus o.a. BFH-Urteil vom 17.8.2010.

Veranlagungszeitraum

Einlagen

Entnahmen

Gewinn

01

5 145 €

77 471 €

45 346 €

02

3 618 €

84 161 €

64 241 €

03

4 898 €

84 753 €

82 234 €

Die betrieblichen, nicht auf Investitionsdarlehen entfallenden Schuldzinsen im Kj. 03 betragen 37 056 €.

Lösung 7:

Nach Ansicht des Klägers ist der Begriff der Überentnahme abschließend durch Satz 2 der Vorschrift definiert. Dieser sei auf das Wj. bezogen. Falls im laufenden Wj. keine Überentnahme getätigt worden sei, sei auch der gesetzliche Tatbestand des § 4 Abs. 4a EStG nicht erfüllt. Eine Gewinnerhöhung komme danach nicht in Betracht, wenn im Wj. eine sog. Unterentnahme vorliege.

Veranlagungszeitraum

Einlagen

Entnahmen

Gewinn

Überentnahme

Unterentnahme

01

5 145 €

77 471 €

45 346 €

./. 26 980 €

02

3 618 €

84 161 €

64 241 €

./. 16 302 €

Zwischensumme

./. 43 282 €

03

4 898 €

84 753 €

82 234 €

+ 2 379 €

Gegen diese Ansicht spricht jedoch der Wortlaut des Satzes 1, der den Regelungskern der Vorschrift bildet und durch die nachfolgenden Sätze lediglich ergänzt wird. § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG spricht in der Mehrzahl von »Überentnahmen« enthält aber keine zeitliche Zuordnung der Überentnahmen zu bestimmten Wirtschaftsjahren. Satz 3 der Vorschrift lässt indes erkennen, dass die Regelung periodenübergreifend angelegt ist und Schuldzinsen für Überentnahmen so lange nicht abziehbar bleiben sollen, bis der Überhang an Überentnahmen durch Gewinne und Einlagen wieder ausgeglichen ist. Diese periodenübergreifende Regelung greift auch dann ein, wenn in einem Jahr selbst keine Überentnahmen gegeben sind; allerdings sind dann – insoweit abweichend vom missglückten Gesetzeswortlaut – auch Unterentnahmen dieses Jahres zu berücksichtigen.

Die Regelung in Rz. 20, 21 des BMF-Schreibens vom 2.11.2018 (BStBl I 2018, 1207), wonach eine Überentnahme auch dann vorliegt, wenn sich diese nur aus Überentnahmen vorangegangener Wj. berechnet, entspricht daher dem Gesetzeszweck des § 4 Abs. 4a EStG. Auch bestehen gegen die Anwendung der Vorschrift keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.

Veranlagungszeitraum

Einlagen

Entnahmen

Gewinn

Überentnahme

Unterentnahme

01

5 145 €

77 471 €

45 346 €

./. 26 980 €

02

3 618 €

84 161 €

64 241 €

./. 16 302 €

Zwischensumme

./. 43 282 €

03

4 898 €

84 753 €

82 234 €

+ 2 379 €

Saldo der Überentnahmen aus den Vorjahren

+ 2 379 €

40 903 €

Hinzurechnungsbetrag 6 % von 40 903 €

2 454 €

4.2.2.8. Überentnahmen bei Einnahmeüberschussrechnern

Mit Urteil vom 17.5.2022, VIII R 38/18, LEXinform 0952174 nimmt der BFH zur Berechnung der Überentnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG in Fällen der Einnahmen-Überschussrechnung Stellung. Danach ist auch im Falle der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG unter sinngemäßer Anwendung des § 4 Abs. 4a Sätze 2 und 3 EStG periodenübergreifend zu ermitteln, ob im betrachteten Gewinnermittlungszeitraum Überentnahmen vorliegen. Außerdem seien Überentnahmen bei Einnahmen-Überschussrechnern nicht auf die Höhe eines niedrigeren negativen Kapitalkontos zu begrenzen, das zum Ende des jeweiligen Gewinnermittlungszeitraums nach bilanziellen Grundsätzen vereinfacht ermittelt wird. Damit widersprachen die Richter der Meinung des Klägers, der geltend gemacht hatte, die vom FA für die Streitjahre ermittelten Überentnahmen seien unzutreffend. Die Höhe der Überentnahmen sei auf die Höhe des negativen Eigenkapitals zu begrenzen, das sich aus einer vereinfachten fiktiven Bilanz bei Gegenüberstellung der Aktivposten und Passivposten (Summe aller Verbindlichkeiten) für das jeweilige Wj. ergebe.

In seiner Urteilsbegründung führt der BFH aus, die Beschränkung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4a EStG sei periodenübergreifend angelegt. Dies folge aus dem Grundtatbestand in § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG (»Überentnahmen«), insbes. aber auch aus der Berechnungsvorschrift in Satz 3 der Vorschrift. So könnten Schuldzinsen nach ständiger Rspr. in einem Wj. auch dann nicht abziehbar sein, wenn in diesem Jahr selbst keine Überentnahmen vorliegen; denn die nicht abziehbaren Schuldzinsen können auch ausschließlich auf den Überentnahmen früherer Jahre beruhen. Diese Grundsätze gelten auch im Rahmen der sinngemäßen Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG auf Stpfl., die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln (§ 4 Abs. 4a Satz 6 Halbsatz 1 EStG).

Die Begrenzung der Überentnahme eines Gewinnermittlungszeitraums auf die Höhe eines (vereinfacht ermittelten) niedrigeren bilanziellen negativen Eigenkapitals – wie der Kläger es beantragt – sehe das Gesetz nicht vor. Eine solche Auslegung widerspreche auch dem Normzweck der sinngemäß anzuwendenden Regelungen in § 4 Abs. 4a Sätze 2 und 3 EStG und dem Zweck der Einnahmen-Überschussrechnung als vereinfachter Gewinnermittlungsmethode.

4.2.3. Maßgeblicher Gewinn für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG

Mit Urteil vom 3.12.2019, X R 6/18 (BStBl II 2021, 77) hat der BFH entschieden, dass der bilanzielle Gewinn für Zwecke der Berechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG nicht um steuerfreie Investitionszulagen zu kürzen ist. Umgekehrt sind nicht abziehbare BA i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG dem Gewinn auch nicht hinzuzurechnen.

Der Gewinnbegriff in § 4 Abs. 4a EStG entspricht dem allgemeinen Gewinnbegriff in § 4 Abs. 1 EStG und beinhaltet daher ggf. auch steuerfreie Investitionszulagen. Nach dem InvZulG ist der Gewinn außerbilanziell um steuerfreie Investitionszulagen zu kürzen. Da für den Gewinnbegriff des § 4 Abs. 4a EStG aber der bilanzielle Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG maßgeblich ist, können sich außerbilanzielle Kürzungen nicht auf den Gewinn auswirken. Soweit der Bilanzgewinn bereits um Investitionszulagen gekürzt wurde, sind diese für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG dem Gewinn wieder hinzuzurechnen.

Überträgt man die zur Investitionszulage aufgestellten Grundsätze auf die Behandlung nicht abziehbarer BA nach § 4 Abs. 5 Satz 1 EStG, so muss deren außerbilanzielle Korrektur ebenfalls unterbleiben, auch wenn sich die Hinzurechnung gewinnerhöhend und damit für den Stpfl. günstig auswirkt. Soweit der Bilanzgewinn also um nicht abziehbare BA erhöht worden ist, ist er zur Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG wieder zu mindern. Da andererseits die Investitionszulage hinzugerechnet wird, liegt im Ergebnis eine zulässige Saldierung vor (BFH Beschluss vom 19.11.2013, XI B 9/13, BFH/NV 2014, 373).

Die Nichtberücksichtigung außerbilanzieller Hinzurechnungen entspricht nicht nur dem Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 EStG (auch »nicht abziehbare« BA sind BA), sondern auch dem Regelungszweck des § 4 Abs. 4a EStG: Da BA buchmäßig eine negative Kapitalentwicklung zur Folge haben, würde diese negative Kapitalentwicklung wieder neutralisiert, wenn man nicht abziehbare BA vor Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG wieder hinzurechnen würde. In der Folge würde die Berechnung nach § 4 Abs. 4a EStG einen höheren Gewinn ausweisen als buchmäßig gegeben, sodass der Stpfl. mehr als den nach Buchwerten ermittelten Gewinn entnehmen könnte, ohne die nachteiligen Rechtsfolgen des § 4 Abs. 4a EStG auszulösen. Dies würde der an der Kapitalentwicklung orientierten Neufassung des § 4 Abs. 4a EStG widersprechen und wäre somit nicht mit dem Gesetzeszweck vereinbar.

Mit BMF-Schreiben vom 18.1.2021 (BStBl 2021 I, 119, LEXinform 7012597) hat sich die FinVerw der BFH-Rspr. angeschlossen und Rn. 8 Satz 4 des BMF-Schreibens vom 2.11.2018 (a.a.O.) korrigiert. Danach dürfen sich außerbilanzielle Kürzungen und Hinzurechnungen nicht mehr auf den Gewinn i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG auswirken. Hierzu gehören auch folgende außerbilanzielle Korrekturen:

  • nicht abzugsfähige Gewerbesteuern sowie zugehörige steuerliche Nebenleistungen nach § 4 Abs. 5b EStG

  • nach § 4d Abs. 3, § 4e Abs. 3 oder § 4f EStG verteilte BA

  • abgezogene oder hinzugerechnete Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG

  • aufgrund eines Wechsels der Gewinnermittlungsart nach R 4.6 Abs. 1 Satz 2 EStR verteilte Übergangsgewinne

Die Neufassung ist nach den Vorgaben der Finanzverwaltung grds. in allen offenen Fällen anzuwenden; allerdings können außerbilanzielle Hinzurechnungen auf Antrag des Stpfl. letztmals für Gewinne aus Wirtschaftsjahren berücksichtigt werden, die vor dem 1.1.2021 begonnen haben. Im Falle einer Mitunternehmerschaft muss der Antrag einvernehmlich von allen Mitunternehmern gestellt werden. Außerdem beanstandet es die Verwaltung nicht, wenn bereits durchgeführte Berechnungen von Gewinnen und Verlusten für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG unverändert fortgeschrieben werden und die Neuregelungen in diesen Fällen noch unberücksichtigt bleiben (vgl. BMF vom 18.1.2021, a.a.O.).

Nach § 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 2 EStG ist bei der Ermittlung der Überentnahme vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen. Auch eine Neuberechnung der Gewerbesteuerrückstellung im Hinblick auf den gewinnerhöhenden Ansatz der nicht abziehbaren Schuldzinsen ist grds. nicht erforderlich, wird jedoch von der Finanzverwaltung auch nicht beanstandet. Dies hat die Verwaltung mit BMF-Schreiben vom 5.11.2021 (BStBl 2021 I, 2211, LEXinform 7012925) durch eine Ergänzung der Rz. 18 des Schreibens vom 2.11.2018 (a.a.O.) klargestellt.

4.2.4. Ausnahme vom eingeschränkten Schuldzinsenabzug

Der BFH hat mit Urteil vom 23.2.2012 (IV R 19/08, BStBl II 2013, 151) entschieden, unter welchen Voraussetzungen Schuldzinsen für ein Investitionsdarlehen, das auf ein Kontokorrentkonto ausgezahlt wurde, und Schuldzinsen für das Kontokorrentkonto auch dann als BA abgezogen werden können, wenn der Unternehmer Überentnahmen getätigt hat (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 39/12 vom 6.6.2012, LEXinform 0438015).

Hierzu führt der BFH einleitend aus, dass von der Abzugsbeschränkung von Schuldzinsen als BA nach § 4 Abs. 4a EStG Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von AK oder HK von WG des Anlagevermögens (Investitionsdarlehen) ausgenommen sind. Werden Darlehensmittel auf ein betriebliches Kontokorrentkonto überwiesen, von dem in der Folgezeit jedoch nicht nur die Anlagegüter, sondern auch sonstige (betriebliche und private) Aufwendungen bezahlt werden, stellt sich die Frage, inwieweit die Darlehensmittel tatsächlich zur Anschaffung der Anlagegüter verwendet wurden. Denn nur die dafür entstandenen Schuldzinsen sind unbeschränkt abziehbar.

Der BFH unterstellt, dass die innerhalb von 30 Tagen vor oder nach Auszahlung der Darlehensmittel tatsächlich über das entsprechende Kontokorrentkonto bezahlten Investitionen mit den aufgenommenen Darlehen finanziert wurden. Beträgt der Zeitraum mehr als 30 Tage, kann der Unternehmer den Zusammenhang zwischen Auszahlung der Darlehensmittel und Bezahlung der WG im Einzelfall nachweisen. Auch Kontokorrentzinsen, die durch die Finanzierung von Anlagevermögen entstehen, sind nach Meinung des Gerichts unbegrenzt abziehbar; die Aufnahme eines gesonderten Darlehens ist insoweit nicht erforderlich. Dieser Auffassung hat sich auch die Finanzverwaltung angeschlossen, vgl. Rz. 24 des BMF-Schreibens vom 2.11.2018, BStBl I 2018, 1207 (s.a. Anmerkung vom 13.6.2012, LEXinform 0879246 sowie Pressemitteilung des BFH Nr. 39/12 vom 6.6.2012, LEXinform 0438015).

Wird dagegen ein gesondertes Darlehen aufgenommen, mit dem teilweise WG des Anlagevermögens, teilweise aber auch sonstiger betrieblicher Aufwand finanziert wird, können die Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG – ungeachtet etwaiger Überentnahmen – als BA abgezogen werden, soweit sie nachweislich auf die AK oder HK der WG des Anlagevermögens entfallen; die Beweislast dafür trägt der Stpfl.; vgl. BMF-Schreiben vom 2.11.2018, BStBl I 2018, 1207 Rz. 26.

Nach dem BFH-Urteil vom 7.7.2016 (III R 26/15, BStBl II 2016, 837) sind auch Schuldzinsen (Zinseszinsen) für ein Darlehen, das ausschließlich der Finanzierung von Zinszahlungen eines Investitionsdarlehens i.S.d. § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG dient, in voller Höhe abzugsfähig, unterliegen also nicht der Abzugsbeschränkung. Auch hier hat sich die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 2.11.2018, BStBl I 2018,1207 Rz. 23 der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeschlossen.

4.2.5. Schuldzinsen zur Finanzierung von Umlaufvermögen

Der BFH hat mit Urteil vom 23.3.2011 (X R 28/09, BStBl II 2011, 753) entschieden, dass im Fall von Überentnahmen die auf die Finanzierung von Umlaufvermögen entfallenden Schuldzinsen auch dann nur gekürzt abziehbar sind, wenn sie auf den Erwerb eines Warenlagers entfallen (s.a. Pressemitteilung Nr. 54/11 vom 20.7.2011, LEXinform 0436701).

Der Kläger hatte eine Apotheke erworben und den Kaufpreis, der teilweise auf den Erwerb eines Warenlagers entfiel, mit Darlehensmitteln finanziert. Seit der Betriebseröffnung kam es zu Überentnahmen, weshalb der Gewinn nach Meinung des BFH gem. § 4 Abs. 4a EStG um anteilige Schuldzinsen zu erhöhen war. Die für Zinsen auf Anlagevermögen geltende Ausnahme erstrecke sich nicht auf den Zinsaufwand, der auf ein bei Betriebseröffnung angeschafftes Warenlager entfalle. Begünstigt seien nur Aufwendungen für betriebliche Investitionen, die dem Betrieb auf Dauer zu dienen bestimmt seien. Allerdings dürften aus Gründen des Vertrauensschutzes vor dem 1.1.1999 getätigte Überentnahmen nicht in die Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen einbezogen werden (s.o.).

In einem ähnlich gelagerten Fall entschied der BFH mit Urteil vom 27.10.2011 (III R 60/09, BFH/NV 2012, 576, LEXinform 0179936), dass Schuldzinsen im Zusammenhang mit der langfristigen Finanzierung der Erstausstattung des Warenlagers einer Apotheke, also mit Umlaufvermögen bei Unternehmensgründung, im Falle von Überentnahmen dem Gewinn hinzuzurechnen sind. Bei der Berechnung des Schuldzinsenabzugs gem. § 4 Abs. 4a EStG bleibe lediglich die Anschaffung von WG des Anlagevermögens, aber nicht von WG des Umlaufvermögens außer Betracht.

Auch nach dem BFH-Urteil vom 30.8.2012 (IV R 48/09, BFH/NV 2013, 187, LEXinform 0927414) bestehen gegen die Privilegierung von Anlagevermögen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Differenzierung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen beim Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG sei selbst dann nicht willkürlich, wenn Umlaufvermögen anlässlich der Betriebseröffnung angeschafft wird, weil auch diese WG zum alsbaldigen Verkauf bestimmt sind und die investierten Gelder zeitnah wieder frei werden. Privilegiert werden lediglich Aufwendungen für betriebliche Investitionen, welche dem Betrieb auf Dauer zu dienen bestimmt sind. Im Übrigen seien Schuldzinsen für den Erwerb von Umlaufvermögen nicht per se nicht abziehbar, sondern lediglich dann, wenn der Stpfl. durch Überentnahmen Privataufwendungen in den betrieblichen Bereich verlagert hat. Denn auch insoweit gilt, dass die Tatsache des Vorliegens von Überentnahmen der Anknüpfungspunkt für die Begrenzung des Schuldzinsenabzugs ist und nicht etwa die Finanzierung von Umlaufvermögen.

Die Finanzverwaltung hat sich mit BMF-Schreiben vom 2.11.2018, BStBl I 2018, 1207, Rz. 23 der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeschlossen und darin geregelt, dass die Finanzierung von Umlaufvermögen, das im Rahmen der Betriebseröffnung erworben und fremdfinanziert wurde, nicht begünstigt ist.

4.2.6. Schuldzinsenabzug bei Mitunternehmerschaften

Bei Mitunternehmerschaften sind die Überentnahmen für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG gesellschafterbezogen und nicht gesellschaftsbezogen zu ermitteln; vgl. BFH vom 29.3.2007, IV R 72/02, BStBl II 2008, 420. Dieser Auffassung hat sich auch die Finanzverwaltung angeschlossen (vgl. BMF vom 7.5.2008, BStBl I 2008, 588 und vom 2.11.2018, BStBl I 2018, 1207 Rz. 27).

Der Kürzungsbetrag nach § 4 Abs. 4a Satz 4 EStG i.H.v. 2 050 € ist gesellschaftsbezogen anzuwenden, d.h. er ist nicht mit der Anzahl der Mitunternehmer zu vervielfältigen. Er ist auf die einzelnen Mitunternehmer entsprechend ihrer Schuldzinsenquote aufzuteilen (BMF vom 2.11.2018, BStBl I 2018, 1207 Rz. 28); dabei sind auch Schuldzinsen einzubeziehen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung von WG des Sonderbetriebsvermögens stehen; vgl. BFH vom 29.3.2007, IV R 72/02, BStBl II 2008, 420.

Beispiel 8:

An der X-OHG sind A, B und C zu jeweils einem Drittel beteiligt. Weitere Abreden bestehen nicht. Der Gewinn der OHG hat im Wj. 120 000 €, die Entnahmen haben 180 000 € und die Schuldzinsen zur Finanzierung laufender Aufwendungen 10 000 € betragen. B und C haben jeweils 80 000 € entnommen, während sich A auf eine Entnahme von 20 000 € beschränkte.

Lösung 8:

A

B

C

Gewinnanteil

40 000 €

40 000 €

40 000 €

Entnahmen

20 000 €

80 000 €

80 000 €

Über-/Unterentnahmen

20 000 €

./. 40 000 €

./. 40 000 €

6 %

0 €

2 400 €

2 400 €

anteilige Schuldzinsen

3 334 €

3 333 €

3 333 €

Mindestabzug (je 1/3 von 2 050 €)

684 €

683 €

683 €

Höchstbetrag

2 650 €

2 650 €

2 650 €

Hinzurechnungsbetrag

0 €

2 400 €

2 400 €

Bei den Gesellschaftern B und C sind Überentnahmen i.H.v. jeweils 40 000 € entstanden. Demzufolge können Schuldzinsen i.H.v. jeweils 2 400 € (= 6 % aus 40 000 €) nicht als BA abgezogen werden. Hieraus ergibt sich ein korrigierter Gewinn der Mitunternehmerschaft i.H.v. 124 800 €, der den Mitunternehmern A i.H.v. 40 000 € und den Mitunternehmern B und C zu jeweils 42 400 € zuzurechnen ist.

Die einer Personengesellschaft entstandenen Schuldzinsen für ein von einem Gesellschafter gewährtes Darlehen sind im Rahmen der Hinzurechnung gem. § 4 Abs. 4a EStG nicht zu berücksichtigen, soweit sie zugleich als Sondervergütung nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG behandelt worden sind. Dies gilt auch dann, wenn der darlehensgebende Gesellschafter nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften an der darlehensnehmenden PersGes beteiligt ist. Die Sondervergütungen, die ein mittelbar über eine Obergesellschaft beteiligter Gesellschafter von der Untergesellschaft erhält, werden bei der Gewinnermittlung der Untergesellschaft erfasst (BFH vom 12.2.2014, IV R 22/10, BStBl II 2014, 621 sowie Anmerkung vom 26.6.2014, LEXinform 0944943).

4.2.7. Schuldzinsenabzug bei Umwandlungsvorgängen

Die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG in Fällen der Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils in eine Personengesellschaft (§ 24 UmwStG) regelt Rz. 37 des BMF-Schreibens vom 2.11.2018 (BStBl I 2018, 1207) im Wege einer strikten Rechtsnachfolgeregelung. Die Über- oder Unterentnahmen sowie ein ggf. vorhandenes Verlustpotenzial werden von der Zielgesellschaft fortgeführt. Die Grundsätze einer Betriebsveräußerung/-eröffnung sind nicht anzuwenden, unabhängig vom gewählten Wertansatz bei der Umwandlung. Diese Regelung betrifft vorrangig Fälle der Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft.

Die OFD Rheinland äußert sich in einer Kurzinformation vom 29.6.2011 (Nr. 31/2011, DStR 2011, 1666) zum betrieblichen Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG bei formwechselnder Umwandlung einer KapGesin eine PersGest (§§ 190 ff. UmwG). In diesen Fällen führt der Übergang des BV nicht zu einer Einlage i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG, sodass bei der PersGes für die Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG ein Anfangsbestand von 0 € zugrunde zu legen ist. Die PersGes tritt in die Rechtsstellung der übertragenden Körperschaft ein (§ 4 Abs. 2 und § 9 UmwStG), sodass – ebenso wie in den Fällen des § 24 UmwStG – die Über- oder Unterentnahmen von der Personengesellschaft fortzuführen wären. Diese betragen jedoch stets 0 €, da § 4 Abs. 4a EStG bei Kapitalgesellschaften als Rechtsvorgängerin keine Anwendung findet.

Auch der Ansatz des Buchwerts der Anteile an der übertragenden KapGes gem. § 5 Abs. 3 Satz 2 UmwStG bei der Ermittlung des (Übernahme-)Gewinns führt nicht zur Annahme einer Einlage i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG. Eine tatsächliche Einlage i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 8 EStG bzw. eine tatsächliche Überführung/Übertragung i.S.d. § 6 Abs. 5 EStG in das Betriebsvermögen der Übernehmerin ist damit nicht verbunden; es handelt sich um eine ausschließlich für die Ermittlung des Übernahmeergebnisses geltende Fiktion. Auch das Übernahmeergebnis i.S.d. § 4 Abs. 4 UmwStG darf unter dem Gesichtspunkt der Rechtsnachfolge der Personengesellschaft (s.o.) nicht in die Berechnung nach § 4 Abs. 4a EStG einfließen. Durch den Umwandlungsvorgang soll kein Entnahmepotenzial generiert oder vernichtet werden.

Hat ein Gesellschafter der später umgewandelten KapGes ein Darlehen gewährt, stellt die daraus resultierende Forderung des Gesellschafters infolge der Umwandlung Sonderbetriebsvermögen bei der PersGes dar. Dieser Vorgang führt zu einer im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigenden Einlage nach § 4 Abs. l Satz 8 EStG.

4.3. Schuldzinsenabzug nach Betriebsaufgabe/-veräußerung

4.3.1. Wirtschaftlicher Zusammenhang mit Gewinneinkunftsarten

Die für den Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 4 EStG erforderliche betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen ist gegeben, wenn die zugrundeliegende Verbindlichkeit durch den Betrieb veranlasst ist und deshalb zum Betriebsvermögen gehört. Für die Bestimmung des Veranlassungszusammenhangs ist allein die betriebliche Verwendung des Darlehensbetrages ausschlaggebend (vgl. BFH vom 29.8.2001, XI R 74/00, BFH/NV 2/2002, 188).

Schuldzinsen sind dagegen nicht betrieblich veranlasst, wenn zwar bei den Verhandlungen zur Darlehensgewährung beabsichtigt war, mit der Darlehensvaluta BA zu finanzieren, tatsächlich aber bei Auszahlung der Valuta die betrieblichen Aufwendungen bereits mit liquiden Mitteln bezahlt waren, und daher das Darlehen zu einer privaten Festgeldanlage verwendet wird. Die Schuldzinsen können in diesem Fall allerdings dem Grunde nach WK bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sein. Zu beachten ist jedoch der Werbungskostenausschluss nach § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG.

4.3.2. Schuldzinsen als nachträgliche Betriebsausgaben

In Fällen der Betriebsaufgabe und Betriebsveräußerung können Schuldzinsen für betrieblich veranlasste Verbindlichkeiten als nachträgliche BA gem. § 4 Abs. 4 i.V.m. § 24 Nr. 2 EStG abziehbar sein (vgl. BFH vom 15.5.2002, X R 3/99, BStBl II 2002, 809). Voraussetzung hierfür ist, dass

  • die nicht getilgten Verbindlichkeiten während des Bestehens des Betriebs begründet wurden und damit als zurückbehaltenes passives Betriebsvermögen in Betracht kommen und

  • die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös oder durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen beglichen werden können (Prinzip der vorrangigen Schuldentilgung).

Nach o.a. Rspr. gelten diese Grundsätze auch, wenn ein Gewerbebetrieb zu einem Liebhabereibetrieb (→ Liebhaberei) wird. Als nachträgliche BA kommen allerdings nur solche Aufwendungen in Betracht, die objektiv erkennbar auf die betriebliche Tätigkeit vor Übergang zur Liebhaberei bezogen sind.

Der BFH hat mit Urteil vom 25.1.2001 (IX R 27/97, BStBl II 2001, 573) folgenden Fall entschieden:

Sachverhalt:

Der Stpfl. wohnt im eigenen EFH und ist Alleineigentümer eines Betriebsgrundstücks, auf dem er eine Druckerei betreibt. Zum 30.6.06 veräußert er den Betrieb unter Zurückhaltung (Entnahme) des Betriebsgrundstücks, das mit noch valutierten Grundschulden i.H.v. 66 095 € belastet ist. Das zurückbehaltene Grundstück wird nach der Betriebsveräußerung zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt. Am 30.6.06 ist auch das EFH mit einer noch valutierten Grundschuld von 148 275 € belastet. Am gleichen Tag nimmt der Stpfl. ein neues Darlehen über 137 027 € auf. Der Auszahlungsbetrag von 128 120 € (93,5 % des Darlehens) und der Kaufpreis für den Druckereibetrieb (178 952 € + USt 28 632 €) fließen auf ein für die Betriebsveräußerung eingerichtetes gesondertes Konto. Das auf dem Konto befindliche Guthaben i.H.v. insgesamt 335 704 € wird wie folgt verwendet:

Begleichung betrieblicher Schulden:

Grundschulden

66 095 €

Bankschulden

77 206 €

insgesamt

143 301 €

Begleichung privater Schulden:

EFH

148 275 €

USt

28 632 €

Anschaffung eines Pkw

11 310 €

insgesamt

188 217 €

188 217 €

zusammen

331 518 €

gesamte Mittel (128 120 € + 178 952 € + 28 632 €)

335 704 €

Restguthaben

4 186 €

Am 18.8.06 wird dem Stpfl. die letzte Darlehensrate von 28 315 € gutgeschrieben; am gleichen Tag wird derselbe Betrag in zwei Teilbeträgen (10 420 € und 17 895 €) zum Erwerb einer Festgeldanlage abgebucht.

Entscheidung:

Die Schuldzinsen aus dem Darlehen für das Betriebsgrundstück können nicht als nachträgliche BA abgezogen werden, weil der vom Stpfl. bei der Veräußerung des Betriebs erzielte Veräußerungserlös i.H.v. 178 952 € (netto) ausgereicht hätte, um die betrieblichen Schulden von insgesamt 143 301 € zu tilgen (BFH vom 7.7.1998, VIII R 5/96, BStBl II 1999, 209).

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen als WK abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Unerheblich ist dabei, ob und weshalb der Stpfl. vorhandene Eigenmittel nicht zum Bestreiten der mit Darlehen finanzierten Aufwendungen eingesetzt hat. Er ist frei, wie er Fremd- und Eigenmittel verwendet; seine tatsächlich durchgeführte Entscheidung ist der Besteuerung zugrunde zu legen. Nach diesen Maßstäben kommt der Abzug eines Teils der Zinsen als WK bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Betracht, da die letzte Darlehensrate von 28 315 € zum Kauf einer Festgeldanlage verwendet wurde.

Ein weiterer Teil der Schuldzinsen ist als WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig. Unterlässt es der Stpfl., einen ursprünglich für allgemeine betriebliche Zwecke aufgenommenen Kredit nach der Aufgabe des Betriebs mit Hilfe der Veräußerung des früheren Betriebsgrundstücks zu tilgen, um dieses nunmehr vermögensverwaltend zu vermieten, und löst er deshalb die betrieblichen Verbindlichkeiten durch ein neues Darlehen ab, so sind die Schuldzinsen für das neue Darlehen als WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar.

Der Stpfl. hat das neu aufgenommene Darlehen nicht tatsächlich gesondert zur Tilgung der betrieblichen Schulden und den Veräußerungserlös nicht tatsächlich gesondert zur Tilgung der privaten Schulden verwendet, was durch getrennte Zahlungen über verschiedene Konten möglich gewesen wäre. Vielmehr hat er die Darlehensvaluta und den Veräußerungserlös auf dasselbe Konto geleitet und von dort sowohl betriebliche als auch private Schulden getilgt. Damit hat er die Einzahlungs- und Auszahlungsbeträge so vermischt, dass eine gesonderte Zuordnung anhand der tatsächlichen Verwendung nicht möglich ist. Die Schuldzinsen sind somit bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nur anteilig wie folgt zu berücksichtigen:

Vom dem o.a. Konto wurden private Aufwendungen von 159 585 € (ohne die Umsatzsteuer) und betriebliche Aufwendungen von 143 301 € beglichen, sodass der betriebliche Anteil ca. 47 % beträgt. Zur Finanzierung der Gesamtaufwendungen sind unter anderem der Erlös aus der Betriebsveräußerung und die ausgezahlte Darlehensvaluta von 128 120 € ohne die letzte, für die Festgeldbeträge eingesetzten Rate herangezogen worden. Die auf den Anteil der Darlehensvaluta von 128 120 € entfallenden Schuldzinsen sind folglich zu 47 % als WK des Stpfl. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG abziehbar.

Mit Urteil vom 28.3.2007 (X R 15/04, BStBl II 2007, 642) nimmt der BFH erneut zum Schuldzinsenabzug nach einer Betriebsaufgabe Stellung. Danach sind Schuldzinsen für betrieblich begründete Verbindlichkeiten nur insoweit nachträgliche BA, als die zugrunde liegenden Verbindlichkeiten nicht durch eine mögliche Verwertung von Aktivvermögen beglichen werden können; nicht tilgbare frühere Betriebsschulden bleiben so lange noch betrieblich veranlasst, bis ein etwaiges Verwertungshindernis entfallen ist. Eine Ausnahme vom Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung rechtfertigen jedoch nur solche Verwertungshindernisse, die ihren Grund in der ursprünglich betrieblichen Sphäre haben (Anschluss an BFH vom 19.8.1998, X R 96/95, BStBl II 1999, 353).

Werden im Falle einer Betriebsaufgabe aktive WG aus privaten Gründen zusammen mit der ursprünglich betrieblich begründeten Verbindlichkeit ins Privatvermögen übernommen, sind die Schulden – gleichgültig, ob sie zur Finanzierung allgemein betrieblicher Zwecke oder bestimmter, nun nicht mehr im Betriebsvermögen vorhandener WG aufgenommen wurden – bis zur Höhe des Werts der ins Privatvermögen übernommenen WG diesen zuzuordnen.

Werden die ins Privatvermögen überführten WG im Rahmen einer anderen Einkunftsart genutzt, stehen die durch die ursprünglich betrieblichen Verbindlichkeiten verursachten Schuldzinsen nun in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der neuen Einkunftsart und können bei dieser ggf. als BA/WK steuerlich geltend gemacht werden (vgl. hierzu auch H 4.2 (15) EStH [Betriebsaufgabe oder -veräußerung im Ganzen]).

4.4. Einbringung privater Verbindlichkeit in vermögensverwaltende Personengesellschaft

Nach dem BFH-Urteil vom 18.10.2011 (IX R 15/11, BStBl II 2012, 205) liegen Anschaffungsvorgänge vor, wenn ein Grundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine vermögensverwaltende PersGes mit Vermietungseinkünften eingebracht wird. Dies gilt nur insoweit, als sich die nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zuzurechnenden Anteile der Gesellschafter an dem eingebrachten Grundstück gegenüber den bisherigen Beteiligungsquoten erhöhen.

Dabei führt auch die Übernahme einer Verbindlichkeit, die die PersGes als Gegenleistung vom einbringenden Gesellschafter übernimmt, zu AK, selbst wenn die Verbindlichkeit ursprünglich zur Finanzierung eines privat genutzten Gebäudes aufgenommen wurde. Ein Gestaltungsmissbrauch liegt insoweit nicht vor (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 100/11 vom 7.12.2011, LEXinform 0437307). Weitere Erläuterungen mit Beispiel s. unter → Grundstücksgemeinschaften.

5. Schuldzinsenabzug bei Vermietung und Verpachtung

5.1. Wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung

Schuldzinsen und sonstige Darlehensaufwendungen gehören nur dann nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG zu den WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wenn mit der Darlehensvaluta tatsächlich Aufwendungen für das Vermietungsobjekt gezahlt worden sind (BFH Beschluss vom 5.4.2004, IX B 66/03, BFH/NV 2004, 1251). Ein rein rechtlicher Zusammenhang oder ein zufällig auftretender Bezug zum vermieteten Grundstück genügt nicht. Die Belastung eines vermieteten Grundstücks mit einer Grundschuld oder Hypothek als Sicherheit für ein Darlehen begründet für sich allein keinen wirtschaftlichen Zusammenhang zu dem Objekt, wenn das Darlehen selbst privaten Zwecken dient (vgl. H 21.2 [Finanzierungskosten – 1. Spiegelstrich –] EStH). Die anfallenden Darlehnszinsen können in diesen Fällen nicht als WK berücksichtigt werden.

5.2. Schuldzinsen als vorweggenommene und vergebliche Werbungskosten

Schuldzinsen sind vorweggenommene WK, wenn sie bereits vor Beginn der Vermietungstätigkeit angefallen sind und mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zusammenhängen. Dies gilt auch für sonstige Geldbeschaffungskosten, wenn der Erwerber eines zur Vermietung bestimmten Grundstücks sie aufwendet, um sich die für dessen Anschaffung oder Herstellung erforderlichen Geldmittel zu besorgen. Voraussetzung für den Werbungskostenabzug ist, dass der Stpfl. nachweislich beabsichtigt, das kreditfinanzierte Grundstück zur Erzielung von Einnahmen zu nutzen.

Schuldzinsen zählen grds. nicht zu den AK oder HK des Grundstücks, was insbes. deshalb von Bedeutung ist, weil die AK oder HK im Gegensatz zu den im Jahr der Zahlung sofort abzugsfähigen Schuldzinsen und sonstigen Geldbeschaffungskosten gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG nur im Rahmen der AfA über den Zeitraum der Nutzung zu berücksichtigen sind.

Hat der Stpfl. zur Finanzierung einer zur Vermietung bestimmten Eigentumswohnung ein Darlehen aufgenommen und nimmt er sein Angebot zum Abschluss des Bauträgervertrages zurück, weil das Bauvorhaben wegen Mittellosigkeit des Bauträgers scheitert, so sind die danach aufgrund des Darlehensvertrages noch zu leistenden Zahlungen (hier: Bereitstellungszinsen und Nichtbezugsentschädigung) als vorab entstandene vergebliche WK bei den Einkünften aus VuV abziehbar (BFH Beschluss vom 5.11.2001, IX B 92/01, BStBl II 2002, 144).

5.3. Kosten für Projektcontrolling als Schuldzinsen

Mit Urteil vom 6.12.2021, IX R 8/21, BFH/NV 2022, 713, LEXinform 0953454 hat der BFH entschieden, dass auch Kosten für ein Projektcontrolling unter den Begriff der Schuldzinsen fallen können. Voraussetzung für die Beurteilung als Finanzierungskosten ist, dass die Auszahlung der zur Finanzierung der Herstellung eines Vermietungsobjekts dienenden Darlehnsraten davon abhängt, dass im Rahmen des Projektcontrollings für die finanzierende Bank relevante Unterlagen und laufende Controlling-Berichte vorbereitet und erstellt werden.

Zwischen den Beteiligten war streitig, ob Aufwendungen für ein Projektcontrolling im Zusammenhang mit der Errichtung fremdfinanzierter Vermietungsobjekte sofort abziehbare Finanzierungskosten darstellen oder als HK im Wege der AfA berücksichtigt werden können. Die Auszahlung der zur Finanzierung der Bauvorhaben aufgenommenen Darlehen erfolgte nach den vertraglichen Vereinbarungen mit der finanzierenden Bank unter der Voraussetzung, dass die Kläger für die Bauvorhaben einen Projektcontrollingvertrag mit einer GmbH abschließen. Die sich aus diesem Vertag ergebenden Leistungen sollten »im Rahmen der Finanzierung durch die Bank« erbracht werden. Auf Grundlage des Vertrags wurden alle zwei Monate Monatsberichte erstellt, in denen Bank und Bauherr über die wichtigsten Ereignisse zur Entwicklung der Bauvorhaben (Baufortschritt) im jeweiligen Berichtszeitraum informiert wurden.

Der BFH sah die Aufwendungen für das Projektcontrolling als sofort abziehbare WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an. Seiner Auffassung nach haben die im Rahmen des Projektcontrollings erbrachten Leistungen der Finanzierung des Bauvorhabens gedient, da das Projektcontrolling nach den vertraglichen Bestimmungen »im Rahmen einer Finanzierung durch die Bank« installiert worden sei. Die erstellten Monatsberichte hätten vor allem die Funktion gehabt, das am Projekt beteiligte Finanzierungsinstitut zu informieren, und damit eine Bedingung für die Auszahlung der Darlehensteilbeträge nach Baufortschritt dargestellt.

Die Tätigkeit des mit dem Projektcontrolling beauftragten Bauingenieurs habe in der Prüfung bzw. Buchung von Rechnungen und der Vorbereitung der Unterlagen für die auszahlende Bank sowie in der Erstellung von Controlling-Reports (Bestandsaufnahmen) bestanden. Es handle sich daher bei den Kosten für das bankseitige Projektcontrolling um Aufwendungen, die durch das Beschaffen der Geldmittel veranlasst seien. Ohne das Projektcontrolling hätte die Bank die Finanzierung nicht bereitgestellt. Dies reiche nach Auffassung des BFH zur Begründung des erforderlichen Zusammenhangs mit der Finanzierung des Objekts aus.

Gegen einen unmittelbaren Zusammenhang der Aufwendungen mit dem Herstellungsvorgang spreche, dass mit den Baumaßnahmen bereits vor Abschluss der Kreditverträge und des Projektcontrollingvertrags begonnen worden sei. Zudem habe der mit dem Projektcontrolling beauftragte Bauingenieur keine Leistungen erbracht, die im Zusammenhang mit der Gebäudeherstellung angefallen sind. Und schließlich haben die Kläger andere Unternehmen mit der Bauplanung, Bauüberwachung sowie der Baubetreuung beauftragt.

5.4. Bauzeitzinsen

Als Bauzeitzinsen werden die Zinsen bezeichnet, die auf den Zeitraum der Herstellung eines WG, bspw. eines Gebäudes, entfallen (BFH vom 23.5.2012, IX R 2/12, BStBl II 2012, 674, Tz. 10). Aufwendungen im Zusammenhang mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung können nicht als WK abgezogen werden, wenn es sich um HK i.S.d. § 255 Abs. 2 HGB handelt. Danach sind HK alle Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands (WG), seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen. Zinsen für Fremdkapital gehören gem. § 255 Abs. 3 Satz 1 HGB grds. nicht zu den HK. Wird das Fremdkapital allerdings zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstands verwendet, gelten die Zinsen, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen (Bauzeitzinsen), nach § 255 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 HGB als HK des Vermögensgegenstands.

Dieses handelsrechtliche Einbeziehungswahlrecht wird auch einkommensteuerlich gewährt (vgl. R 6.3 Abs. 5 EStR), und zwar nicht nur für bilanzierende Stpfl. mit Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 EStG, sondern auch für Stpfl., die ihren Gewinn durch Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.

Mit Urteil vom 23.5.2012 (IX R 2/12, BStBl II 2012, 674) hatte der BFH über einen Sachverhalt zu befinden, in dem der Stpfl. mit Darlehensmitteln ein Mehrfamilienhaus zum Zwecke des Verkaufs errichtete, sich aber später dazu entschloss, das Gebäude ab der Fertigstellung zu vermieten. Strittig war die Behandlung der Bauzeitzinsen für den Zeitraum, in dem das Gebäude veräußert werden sollte. Der BFH kam in seiner o.a. Entscheidung zum Ergebnis, dass Bauzeitzinsen, die auf den Zeitraum der Herstellung entfallen, in dem noch keine Vermietungsabsicht bestand, gem. § 255 Abs. 3 Satz 2 HGB zu den HK des Gebäudes gehören. Dagegen rechnen Bauzeitzinsen für den Zeitraum, in dem bereits nachweislich Vermietungsabsicht bestand, zu den vorweggenommenen WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

5.5. Zinszahlungen ehemaliger Gesellschafter

5.5.1. Beteiligungskündigung

Führt ein Beteiligter an einer Bauherrengemeinschaft, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, nach Kündigung des Gesellschaftsvertrags seine Tätigkeit als Gesellschafter unverändert bis zur Auseinandersetzung der Bauherrengemeinschaft fort, sind Schuldzinsen aus Verbindlichkeiten der Bauherrengemeinschaft für den Zeitraum zwischen Kündigung und Auseinandersetzung als WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar (BFH vom 4.3.1997, IX R 29/93, BStBl II 1997, 610).

5.5.2. Nachhaftung für Darlehensverbindlichkeiten

Die kraft Gesetz bestimmte persönliche Haftung der Gesellschafter einer GbR kann nicht durch einen Namenszusatz oder einen anderen diesbezüglichen Hinweis, sondern nur durch eine individualvertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden. Die Haftung gilt auch nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft für Verbindlichkeiten der Gesellschaft, die während der Mitgliedschaft des Gesellschafters begründet wurden (sog. Altverbindlichkeiten) fort, soweit die Nachhaftung nicht nach § 728b BGB i.V.m. § 137 HGB begrenzt ist.

Nach dem BFH-Urteil vom 1.12.2015 (IX R 42/14, BStBl II 2016, 332) ist es für die Berücksichtigung nachträglicher Zinsen als WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht von Bedeutung, dass diese nicht aufgrund der ursprünglichen darlehensvertraglichen Verpflichtung (oder einer damit einhergehenden vertraglichen Haftung), sondern aufgrund einer gesetzlich geregelten Gesellschafterhaftung geleistet wurde. Die Entscheidung des Stpfl., seine Beteiligung an einer PersGes, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt, zu veräußern, beinhaltet grundsätzlich den Entschluss, die Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung aufzugeben. Unbeschadet dessen führt eine Inanspruchnahme im Zuge der Nachhaftung (§ 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB, jetzt § 728b BGB i.V.m. § 137 HGB) bei einem Stpfl., der seine Beteiligung an der GbR gerade zur Vermeidung einer solchen persönlichen Haftung weiterveräußert hat, zu steuerlich berücksichtigungsfähigem Aufwand, soweit er diesen endgültig selbst trägt.

5.6. Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten

5.6.1. Allgemeine Grundsätze

Von nachträglichen Schuldzinsen ist auszugehen, wenn die Aufwendungen erst nach Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht entstehen. Davon zu unterscheiden sind die rückständigen Schuldzinsen, die während der Zeit der Einkünfteerzielung angefallen sind, aber erst nach Aufgabe der Einkünfteerzielung beglichen werden. Letztere Aufwendungen sind uneingeschränkt als WK zu berücksichtigen.

Nach dem BFH-Urteil vom 16.9.1999 (IX R 42/97, BStBl II 2001, 528) ist bei der Frage des Abzugs von Schuldzinsen als nachträgliche WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu unterscheiden, ob der Kredit zur Finanzierung von AK oder HK eines Gebäudes oder zur Finanzierung sofort abziehbarer WK verwendet worden ist.

5.6.2. Schuldzinsen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten

Mit Urteil vom 20.6.2012 (IX R 67/10, BStBl II 2013, 275) hat der BFH unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden, dass Schuldzinsen für ein Darlehen, das ursprünglich zur Finanzierung von AK einer zur Vermietung bestimmten Immobilie aufgenommen wurde, grundsätzlich auch dann noch als nachträgliche WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können, wenn das Gebäude veräußert wird, der Veräußerungserlös aber nicht ausreicht, um die Darlehensverbindlichkeit zu tilgen (s.a. Meyer u.a., DStR 2012, 2260 sowie Geserich, NWB 2012, 3304). Dabei ist für den nachträglichen Schuldzinsenabzug maßgeblich, dass die Vermietungstätigkeit bzw. Vermietungsabsicht erst mit der Veräußerung des Grundstücks endet. Für die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen muss somit ein »fortdauernder Veranlassungszusammenhang« gegeben sein (s.u. BFH vom 21.1.2014, IX R 37/12, BStBl II 2015, 631).

Der Kläger hatte 1994 ein Wohngebäude erworben und hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Der bei der Veräußerung des Grundstücks im Jahr 2001 erzielte Erlös reichte nicht aus, um die bei dessen Anschaffung aufgenommenen Darlehen vollständig abzulösen, sodass der Kläger auch im Streitjahr 2004 noch Schuldzinsen auf die ursprünglich aufgenommenen Verbindlichkeiten aufwenden musste. Mit o.a. Urteil vom 20.6.2012 erkannte der BFH die geltend gemachten Schuldzinsen als nachträgliche WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an.

Mit Urteil vom 8.4.2014 (IX R 45/13, BStBl II 2015, 635) hat der BFH entschieden, dass auf ein (umgeschuldetes) Anschaffungsdarlehen gezahlte nachträgliche Schuldzinsen auch im Fall einer nicht steuerbaren Veräußerung der vormals vermieteten Immobilie grundsätzlich als WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen werden können (s.a. Pressemitteilung des BFH Nr. 37/2014 vom 14.5.2014, LEXinform 0441802).

Die Entscheidung knüpft an das o.a. Urteil vom 20.6.2012 (a.a.O.) an, mit dem der BFH den nachträglichen Schuldzinsenabzug auch schon im Falle einer nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren Veräußerung zugelassen hatte. Er erweitert jedoch die Möglichkeit des Schuldzinsenabzugs insoweit, als ein nachträglicher Schuldzinsenabzug grundsätzlich auch nach einer nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie möglich ist, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können. Auch die Finanzverwaltung hat sich der Rspr. des BFH angeschlossen und nimmt mit BMF-Schreiben vom 27.7.2015 (BStBl I 2015, 581) u.a. zur Anwendung des BFH-Urteils vom 8.4.2014 (a.a.O.) Stellung.

Demnach können Schuldzinsen auf Verbindlichkeiten, die der Finanzierung von AK oder HK einer zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Immobilie dienen, auch nach deren Veräußerung weiter als nachträgliche WK abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten nicht durch den Veräußerungserlös hätten getilgt werden können (Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). Reicht hingegen der Veräußerungserlös zur Schuldentilgung aus, so sind Schuldzinsen nach Veräußerung der Immobilie auch dann nicht als WK zu berücksichtigen, wenn der Stpfl. infolge hoher Vorfälligkeitsentschädigungen den Verkaufserlös zur Minderung der Zinslast festverzinslich anlegt (FG Münster vom 11.3.2016, 4 K 173/13 E, EFG 2016, 805, LEXinform 5018990, rkr.).

Mit Schaffung einer neuen Einkunftsquelle – bspw. von Einkünften aus Kapitalvermögen durch Anlage des Veräußerungserlöses aus einem Vermietungsobjekt – wird der ursprünglich bestehende wirtschaftliche Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung durchbrochen. Die Schuldzinsen können nun grundsätzlich bei dem »Surrogat«, also der neuen Einkunftsquelle, als WK bzw. BA angesetzt werden (vgl. BFH vom 8.4.2014, IX R 45/13, BStBl II 2015, 635). Ein Ansatz der Schuldzinsen als WK bei den Einkünften aus Kapitalvermögen wäre dem Grunde nach möglich, ist jedoch nach § 20 Abs. 9 Satz 1 Halbsatz 2 EStG ausgeschlossen (s.a. Anmerkung vom 10.5.2016, LEXinform 0947778 sowie Gliederungspunkt »Kein WKabzug bei Anwendung der Abgeltungsteuer«).

Ohne Anschaffung einer ersetzenden Einkunftsquelle sind die Schuldzinsen nur dann anzuerkennen, wenn der Veräußerungserlös zur Schuldentilgung eingesetzt worden ist (vgl. BFH vom 16.9.2015, IX R 40/14, BStBl II 2016, 78; ebenso BMF-Schreiben vom 27.7.2015, BStBl I 2015, 581).

Zum aus einer Veräußerung erzielten »Erlös« zählt grundsätzlich auch eine vom Stpfl. vereinnahmte Versicherungssumme aus einer Kapitallebensversicherung, wenn diese in die Finanzierung der AK einer fremdvermieteten Immobilie einbezogen und damit wesentlicher Bestandteil der Darlehensvereinbarung geworden ist. Der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung verpflichtet den Stpfl. allerdings nicht, die Beendigung des Versicherungsvertrages von sich aus herbeizuführen, wenn die Versicherung weiterhin die Rückführung des verbliebenen Darlehensrestbetrages absichert (BFH vom 16.9.2015, IX R 40/14, BStBl II 2016, 78).

Der Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung gilt so lange nicht, wie der Schuldentilgung Auszahlungshindernisse hinsichtlich des Veräußerungserlöses oder Rückzahlungshindernisse hinsichtlich der Schuld entgegenstehen, bspw. eine Vorfälligkeitsentschädigung.

Voraussetzung für den Abzug von Schuldzinsen als nachträgliche WK ist, dass die Absicht, (weitere) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, nicht bereits vor der Veräußerung der Immobilie aus anderen Gründen weggefallen ist. Ohne Bedeutung ist, ob die Veräußerung innerhalb der zehnjährigen Veräußerungsfrist erfolgt und gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbar ist (so auch BFH vom 16.9.2015 (a.a.O.); s.a. Anmerkung vom 5.1.2016, LEXinform 0947429). Von grundlegender Bedeutung ist dagegen, wofür der Veräußerungserlös verwendet wird:

  • Wenn mit dem Veräußerungserlös eine neue Einkunftsquelle finanziert wird, besteht der Veranlassungszusammenhang am neuen Objekt fort.

  • Wenn kein neues Objekt angeschafft wird, kommt es darauf an, ob der Verkaufspreis ausreicht, um das Darlehen (vollständig) abzulösen.

    • Ist die vollständige Ablösung des Darlehens möglich, endet der wirtschaftliche Zusammenhang mit der ursprünglichen Einkunftsquelle (Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung).

    • Reicht der Verkaufserlös nicht zur vollständigen Tilgung aus, besteht auch für den nicht abgelösten Teil der Veranlassungszusammenhang fort.

  • Der Veranlassungszusammenhang kann auch bei Schuldzinsen, die auf Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlt werden, fortbestehen (s.a. Anmerkung vom 20.5.2014, LEXinform 0652385).

Der Werbungskostenabzug ist mangels Veranlassungszusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu verneinen,

  • soweit die Schuldzinsen auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Veräußerungspreis der Immobilie hätten getilgt werden können; das gilt auch bei einer nicht steuerbaren Veräußerung (s.o.);

  • wenn kein »fortdauernder« Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit früheren Einkünften i.S.d. § 21 EStG anzunehmen ist.

    Ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von (nachträglichen) Schuldzinsen mit früheren Einkünften i.S.d. § 21 EStG ist nicht anzunehmen, wenn der Stpfl. zwar ursprünglich mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung der Immobilie aus anderen Gründen weggefallen ist (BFH vom 21.1.2014, IX R 37/12, BStBl II 2015, 631; Anmerkung vom 11.6.2014, LEXinform 0652390 sowie Pressemitteilung des BFH Nr. 38/2014 vom 21.5.2014, LEXinform 0441837). Für Schuldzinsen, die in der Zeit nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht, aber vor der Veräußerung des Mietobjekts gezahlt werden, ist kein nachträglicher Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zulässig. Derartige Schuldzinsen stehen nicht mehr mit den Einkünften gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang, sondern sind Gegenleistung für die Kapitalüberlassung, die im privaten Vermögensbereich nicht mehr der Erzielung von Einkünften dient (BMF vom 27.7.2015, BStBl I 2015, 581, Tz. 3.).

In seinem Urteil vom 6.12.2017, IX R 4/17, BStBl. II 2018, 268, LEXinform 0951236 hat der BFH erneut zur Frage der Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen als WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Stellung genommen. Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Kläger wurden in den Streitjahren als Ehegatten zusammen veranlagt und waren Eigentümer von zwei bebauten Grundstücken A und B, aus denen sie jeweils Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielten. Die AK beider Grundstücke waren von den Klägern durch Darlehen eines Kreditinstituts fremdfinanziert worden. Am 4.10.2007 veräußerten die Kläger das Objekt A innerhalb der Zehn-Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Eine Tilgung der zur Finanzierung der AK des veräußerten Grundstücks A aufgenommenen Darlehen erfolgte zunächst nicht.

Für das Streitjahr 2009 machten die Kläger für das Objekt B Schuldzinsen i.H.v. insgesamt 211 455 € als WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. In diesem Betrag waren auch Schuldzinsen aus zwei Darlehen enthalten, die zur Finanzierung der AK des Objekts A aufgenommen worden waren. Zum 31.7.2009 tilgten die Kläger die zur Finanzierung des Objekts B aufgenommenen Darlehen unter Verwendung eines Teils des Veräußerungserlöses aus dem Objekt A. Einen anderen Teil des Veräußerungserlöses verwendeten sie dazu, eines der beiden für die Anschaffung des Grundstücks A aufgenommenen Darlehen teilweise zu tilgen.

In seinem o.a. Urteil hat der BFH die Berücksichtigung der strittigen Schuldzinsen als WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgelehnt. Nach den Ausführungen des Gerichts kommt im Rahmen der Prüfung des wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhangs zwischen Schuldzinsen auf ein Immobiliendarlehen und der Einkünftesphäre einerseits dem mit der Aufnahme der Darlehensschuld verfolgten Zweck, welcher auf die Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gerichtet sein muss, und andererseits der zweckentsprechenden Verwendung der Darlehensmittel entscheidende Bedeutung zu. Der notwendige Veranlassungszusammenhang ist danach gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines Vermietungsobjekts zur Nutzung besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung getätigt werden. Mit der erstmaligen objektbezogenen Verwendung einer Darlehensvaluta zur Anschaffung eines Vermietungsobjekts wird die maßgebliche Verbindlichkeit diesem Verwendungszweck unterstellt.

Ein einmal begründeter und zwischenzeitlich auch nicht weggefallener wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang eines Darlehens mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entfällt nicht allein deshalb, weil die mit den Darlehensmitteln angeschaffte Immobilie veräußert wird. Vielmehr setzt sich der ursprüngliche Veranlassungszusammenhang unabhängig von der Veräußerung und mithin auch unabhängig von der Frage ihrer Steuerbarkeit fort (sog. Surrogationsbetrachtung). Daher sind nachträgliche Schuldzinsen, die auf ein solches Darlehen entfallen, grundsätzlich auch nach einer – ggf. gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbaren – Veräußerung der Immobilie weiterhin als nachträgliche WK zu berücksichtigen, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können (Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). Für die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen ist daher maßgeblich, was mit dem Veräußerungspreis geschieht:

Schafft der Steuerpflichtige mit dem Veräußerungserlös eine neue Einkunftsquelle an, z.B. ein anderes Vermietungsobjekt, besteht der Zusammenhang am neuen Objekt fort, eventuell auch nur anteilig in Höhe des für das Surrogat verwendeten Veräußerungserlöses.

Wird hingegen kein neues Objekt und auch keine andere Einkunftsquelle angeschafft, kommt es darauf an, ob der Verkaufserlös ausreicht, um das Darlehen abzulösen. Ist dies der Fall, endet der wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung, und zwar unabhängig davon, ob das Darlehen tatsächlich abgelöst wird oder ob der Veräußerungserlös anderweitig (privat) verwendet wird und das Darlehen bestehen bleibt.

Reicht der Verkaufserlös zur Ablösung des Darlehens nicht aus, steht der nicht ablösbare Teil des fortgeführten Anschaffungsdarlehens weiterhin im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sodass die auf diesen Teil entfallenden anteiligen Schuldzinsen als nachträgliche WK berücksichtigt werden können.

Auch auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen können durch die frühere Einkünfteerzielung veranlasst sein. Daher kann auch ein Darlehen, das nicht unmittelbar dazu dient, AK oder HK einer zur Erzielung von Mieteinkünften genutzten Immobilie zu finanzieren, sondern aufgenommen wird, um ein bereits früher aufgenommenes und nach Veräußerung der Immobilie fortgeführtes Anschaffungsdarlehen umzuschulden, mit Blick auf die Surrogationsbetrachtung noch in einem hinreichenden wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung stehen, soweit die Valuta des Umschuldungsdarlehens nicht über den abzulösenden Restdarlehensbetrag hinausgeht und die Umschuldung sich im Rahmen einer marktüblichen Finanzierung bewegt.

Die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbare Tätigkeit ist dabei stets objektbezogen zu betrachten, maßgebend ist die auf ein bestimmtes Objekt ausgerichtete Tätigkeit des Steuerpflichtigen. Für die Abziehbarkeit von Schuldzinsen als WK kommt es auf den wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem konkreten Vermietungsobjekt im Zeitpunkt ihres jeweiligen Entstehens an. Eine bloße gedankliche Zuweisung eines Darlehens durch den Steuerpflichtigen genügt nicht; die Darlehensmittel müssen vielmehr tatsächlich einem bestimmten Wirtschaftsgut zugeordnet werden können. Es steht nach der erstmaligen objektbezogenen Verwendung einer Darlehensvaluta zur Anschaffung eines Vermietungsobjekts auch nach dessen späterer Veräußerung nicht im Belieben des Steuerpflichtigen, ungeachtet der objektiven Umstände lediglich aufgrund einer bloßen Willensentscheidung diese Fremdmittel einem anderen Vermietungsobjekt zuzuordnen. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass das Darlehen auch im Zeitpunkt des jeweiligen Entstehens der Schuldzinsen tatsächlich zum Erzielen von Einkünften – im vorliegenden Falle von solchen aus Vermietung und Verpachtung – verwendet worden sein muss.

Da im Entscheidungsfall mit dem Veräußerungserlös aus dem Objekt A keine neue Einkunftsquelle angeschafft worden ist, dieser aber ausgereicht hätte, um die noch valutierenden Darlehen aus der Anschaffung des Objekts A abzulösen, endete im Streitfall der wirtschaftliche Zusammenhang dieser Darlehen mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung im Jahr 2007.

Außerdem hat das FG nach Auffassung des BFH zu Recht entschieden, dass rechtliche Hindernisse der Verwendung des Veräußerungserlöses zur Schuldentilgung nicht entgegenstanden. Denn auch bei einem Festzinskredit mit vertraglich vereinbarter Laufzeit begründet das Bedürfnis des Darlehensnehmers nach einer anderweitigen Verwertung des beliehenen Objekts eine Verpflichtung des Darlehensgebers, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen. Der Einwand der Kläger, dass die Tilgung eines der beiden Darlehen aus der Ablaufleistung einer zu diesem Zweck abgeschlossenen Kapitallebensversicherung erfolgen sollte, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn dies hinderte die Kläger nicht daran, das Darlehen aus dem Veräußerungserlös zu tilgen und die Ablaufleistungen der Lebensversicherungen für andere Zwecke zu verwenden. Die Schuldzinsen nach Veräußerung des Objekts A waren Gegenleistung für die Überlassung der Darlehensmittel und hingen nicht mehr mit der Einkünfteerzielung aus diesem Objekt zusammen.

Die streitigen Schuldzinsen können auch nicht als (vorab entstandene) WK bei den Vermietungseinkünften aus anderen Objekten abgezogen werden, da die Mittel aus den betreffenden Darlehen nicht tatsächlich zur Erzielung von Vermietungseinkünften verwendet wurden. Die Klägerin hat den Erlös aus der Veräußerung nicht zur Anschaffung anderer Vermietungsobjekte eingesetzt, insbes. wurden die neu angeschafften Immobilien allein durch die Aufnahme neuer Kredite finanziert. Die – nicht durch eine tatsächliche Verwendung begründete – (angebliche) Reinvestitionsabsicht des Veräußerungserlöses in ein noch zu erwerbendes und nicht bestimmtes Vermietungsobjekt reicht nicht aus, um der Surrogationsbetrachtung zu genügen und den notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu begründen.

5.6.3. Schuldzinsen zur Finanzierung von Erhaltungsaufwendungen

Nach dem BMF-Schreiben vom 27.7.2015, BStBl I 2015, 581 gilt der Grundsatz der vorrangigen Schuldentilgung auch für Schuldzinsen zur Finanzierung von Erhaltungsaufwendungen eines Vermietungsobjekts, die nach dessen Veräußerung anfallen. Voraussetzung für den nachträglichen Werbungskostenabzug ist somit, dass der Veräußerungserlös nicht ausreicht, um die noch bestehende Darlehensverbindlichkeit zu tilgen. Der durch die tatsächliche Verwendung des Darlehens zur Finanzierung sofort abziehbarer WK geschaffene Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung bleibt zwar grds. auch nach Beendigung der Vermietungstätigkeit bestehen. Wird der Veräußerungserlös aber nicht zur Tilgung des Darlehens verwendet, kann eine daneben bestehende bzw. neu entstehende relevante private Motivation für die Beibehaltung des Darlehens den ursprünglich gesetzten wirtschaftlichen Veranlassungszusammenhang überlagern und damit durchbrechen.

Bestehen im Zusammenhang mit dem veräußerten Mietobjekt mehrere Darlehensverbindlichkeiten, ist für die steuerliche Anerkennung der Verwendung des Veräußerungserlöses zur Tilgung der Verbindlichkeiten – entsprechend der Beurteilung durch einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmann – entscheidend, dass die Darlehen nach Maßgabe der konkreten Vertragssituationen marktüblich und wirtschaftlich unter Berücksichtigung der Zinskonditionen abgelöst werden (vgl. BMF Schreiben vom 27.7.2015, BStBl I 2015, 581, Tz. 1.1).

Schuldzinsen zur Finanzierung von Erhaltungsaufwendungen, die für Zeiträume vor Veräußerung des Objekts, aber nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht gezahlt werden, können nicht als nachträgliche WK bei den Einkünften aus VuV berücksichtigt werden. Sie stehen nicht mehr mit den Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang, sondern sind Gegenleistung für die Kapitalüberlassung, die im privaten Vermögensbereich nicht mehr der Erzielung von Einkünften dient (BFH vom 21.1.2014, IX R 37/12, BStBl II 2015, 631).

5.7. Umwidmung von Darlehen

5.7.1. Allgemeines

Ändert sich die Verwendung von Darlehensmitteln, so entfällt ggf. der ursprünglich begründete wirtschaftliche Zusammenhang des Darlehens mit der Einkünfteerzielung. Die Abzugsfähigkeit der Schuldzinsen bleibt allerdings erhalten, wenn zeitgleich mit dem Wegfall des alten ein neuer Erwerbszusammenhang begründet wird. Das Darlehen dient dann nicht mehr dem ursprünglich angeschafften WG, sondern dem an dessen Stelle getretenen Surrogat.

Ein Stpfl. kann über die Finanzierung seiner WG frei entscheiden. Der maßgebliche Bestimmungsgrund für Schuldzinsen ist deswegen danach zu beurteilen, ob und wie die Darlehensvaluta tatsächlich verwendet wird. Der Stpfl. kann ein Darlehen mit steuerrechtlicher Wirkung gezielt einem bestimmten, der Einkünfteerzielung dienenden Gebäude oder einem Gebäudeteil wie etwa einer bestimmten Eigentumswohnung zuordnen. Das kann allerdings nur dadurch geschehen, dass er mit den als Darlehen empfangenen Mitteln tatsächlich diejenigen Aufwendungen begleicht, die gerade für die Anschaffung oder Herstellung dieses WG anfallen (BFH vom 9.7.2002, IX R 65/00, BStBl II 2003, 389 und vom 1.4.2009, IX R 35/08, BStBl II 2009, 663).

Mit der Veräußerung eines vermieteten Grundstücks wird der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem Grundstück und dem durch die Finanzierung aufgenommenen Darlehen beendet. Ein späterer Rückerwerb des Grundstücks ändert hieran nichts mehr, sofern der Stpfl. zur Tilgung der AK für den Rückerwerb andere Darlehen aufnimmt.

5.7.2. Umwidmung privater Schuldzinsen in Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung

Veräußert ein Stpfl. seine bisher privat genutzte und durch ein Darlehen finanzierte Immobilie und verwendet er unter Aufrechterhaltung des Darlehens nur einen Teil des Verkaufserlöses dazu, durch die Anschaffung einer anderen Immobilie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, so kann er aus dem fortgeführten Darlehen nicht mehr an Schuldzinsen als WK abziehen, als dem Anteil der AK der neuen Immobilie an dem gesamten Verkaufserlös entspricht (BFH vom 8.4.2003, IX R 36/00, BStBl II 2003, 706). Im Urteilsfall verwendete der Stpfl. den Erlös aus der Veräußerung seines fremdfinanzierten privat genutzten Einfamilienhauses von 250 000 € zu einem Anteil von 150 000 € für die Anschaffung zweier vermieteter Eigentumswohnungen. Der quotale Schuldzinsenabzug beträgt demnach 150/250 der insgesamt angefallenen Schuldzinsen. Wie der BFH in seinem Urteil ausführt, erfährt das Darlehen mit der Veräußerung des Grundstücks eine Zweckänderung und tritt in einen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem an die Stelle des Grundstücks getretenen Veräußerungserlös. Hätte der Stpfl. – statt das Darlehen fortzuführen – einen neuen Kredit für die Anschaffung der beiden Eigentumswohnungen aufgenommen, hätte er die Schuldzinsen in voller Höhe abziehen können.

Wird ein Gebäude, das zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden sollte, vor dem Selbstbezug und innerhalb der Zehn-Jahres-Frist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG wieder veräußert (→ Private Veräußerungsgeschäfte), mindern den Veräußerungsgewinn nur solche Schuldzinsen aus der Fremdfinanzierung des Grundstückserwerbs und andere Grundstücksaufwendungen, die auf die Zeit entfallen, in welcher der Stpfl. bereits zum Verkauf des Objekts entschlossen war (BFH vom 16.6.2004, X R 22/00, BFH/NV 2004, 1340).

5.7.3. Umwidmung betrieblicher Schuldzinsen in Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung

Entnimmt ein Stpfl. seinem Betriebsvermögen ein Grundstück, um es künftig zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einzusetzen, dient ein zu seiner Anschaffung oder zur Herstellung des aufstehenden Gebäudes aufgenommenes Darlehen nunmehr dieser neuen Verwendung, sodass die künftig entstehenden Schuldzinsen WK bei den Vermietungseinkünften darstellen. Die Grundstücksschulden »wandern« automatisch ins Privatvermögen (vgl. R 4.2 Abs. 15 Satz 1 EStR, Schoor, Schuldzinsenabzug bei Umwidmung eines Kredits, Die steuerliche Betriebsprüfung 2007, 114).

5.8. Schuldzinsen als Anschaffungskosten

Schuldzinsen, die der Erwerber eines zur Vermietung bestimmten Grundstücks für den Zeitraum nach dem Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren bis zur später eintretenden Fälligkeit des Kaufpreises vereinbarungsgemäß an den Veräußerer zahlen muss, können nach der Rspr. des BFH (Urteil vom 27.7.2004, IX R 32/01, BStBl II 2004, 1002) als WK bei den Einkünften aus VuV abziehbar sein. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein zur Vermietung an gewerbliche Mieter bestimmtes Grundstück (Einkaufszentrum) ging lt. notariellem Kaufvertrag mit Wirkung ab dem 1.11.01 (Übergang Besitz, Nutzen, Lasten) auf den Erwerber über. Der Kaufpreis in Höhe von mehreren Millionen Euro war allerdings erst am 16.12.01 fällig. Der Erwerber musste den Kaufpreis vereinbarungsgemäß ab 1.11.01 verzinsen und entrichtete einen fünfstelligen Zinsbetrag an den Veräußerer. Strittig war, ob die vom Erwerber an den Veräußerer entrichteten Zinsen beim Erwerber zu den AK der Immobilie oder zu den sofort abzugsfähigen WK gehören.

Hierzu stellte der BFH fest, dass Zinsen, die der Veräußerer eines WG einem Erwerber in Rechnung stellt, je nach Vertragsgestaltung beim Erwerber AK des Gebäudes oder – als eigene Finanzierungskosten – sofort abziehbare WK darstellen können. Welche Vorgänge im Einzelnen noch in den Bereich der Anschaffung fallen, sei nicht nach bürgerlich-rechtlichen, sondern nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Für die Beurteilung des Streitfalls sei ausschlaggebend, dass Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahr des erworbenen Grundstücks bereits auf den Erwerber übergegangen waren und die strittigen Zinsen auf den Zeitraum danach entfielen, in dem die Zahlung des Kaufpreises zunächst aufgeschoben blieb. Aufgrund dieser Besonderheiten beurteilte der BFH die strittigen Zinsen als sofort abzugsfähige WK.

5.9. Schuldzinsenabzug für Baudarlehen

5.9.1. BFH-Rechtsprechung und Verwaltungsanweisung

Der BFH hat mit drei Urteilen vom 27.10.1998 (IX R 44/95, BStBl II 1999, 676; IX R 19/96, BStBl II 1999, 678 und IX R 29/96, BStBl II 1999, 680) und weiteren Urteilen vom 9.7.2002 (IX R 65/00, BStBl II 2003, 389) und vom 25.3.2003 (IX R 22/01, BStBl II 2004, 348) zu den Voraussetzungen des Abzugs von Schuldzinsen aus Baudarlehen für die Herstellung eines teilweise vermieteten und teilweise selbst genutzten Gebäudes Stellung genommen. Die Anwendung der Urteilsgrundsätze regelt die FinVerw mit BMF-Schreiben vom 16.4.2004 (BStBl I 2004, 464).

5.9.2. Wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung

Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG sind Schuldzinsen (und sonstige Kreditkosten) als WK abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang ist dann gegeben, wenn die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkünfteerzielung veranlasst ist. Steuerrechtlich entscheidend ist, ob der Stpfl. Aufwendungen zum Schaffen eines der Einkünfteerzielung dienenden WG tätigt und diese tatsächlich mit Kredit finanziert. Ist der wirtschaftliche Zusammenhang mit einer Einkunftsart durch eine solche tatsächliche Verwendung der Fremdmittel begründet, sind die Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als WK abziehbar.

5.9.3. Fremdfinanzierungskosten bei gemischt genutzten Gebäuden

5.9.3.1. Zuordnung der Herstellungskosten auf die Gebäudeteile

Der Werbungskostenabzug der Schuldzinsen setzt zunächst voraus, dass die HK den eigenständige WG bildenden Gebäudeteilen zugeordnet werden.

Abb.: Genaue Zuordnung der Herstellungskosten eines Gebäudes

Abb.: Keine genaue Zuordnung der Herstellungskosten eines Gebäudes

5.9.3.2. Zuordnung der Darlehenszinsen

Dient ein Gebäude sowohl der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als auch der Privatnutzung und werden Darlehensmittel zur Finanzierung der HK eingesetzt, so sind die darauf gezahlten Schuldzinsen grds. nur anteilig als WK nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG abziehbar (vgl. BFH vom 16.4.2002, IX R 65/98, BFH/NV 2002, 1154). Abweichend davon können die Schuldzinsen in voller Höhe berücksichtigt werden, wenn der Stpfl. die HK den einzelnen Gebäudeteilen zuordnet und die dem der Einkunftserzielung dienenden Gebäudeteil zugeordneten HK – objektiv nachprüfbar – auch tatsächlich mit Darlehensmitteln bezahlt. Finanziert der Stpfl. dagegen die Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes insgesamt und rechnet die HK ohne Aufteilung einheitlich ab, sind die Darlehenszinsen nur im Verhältnis der selbst genutzten zu den der Einkunftserzielung dienenden Wohn-/Nutzflächen des Gebäudes abziehbar (BFH vom 27.10.1998, IX R 29/96, BStBl II 1999, 680 und BFH Beschluss vom 14.4.2004, IX B 106/03, BFH/NV 2004, 1392).

Beispiel 9:

Die HK für ein Zweifamilienhaus betragen insgesamt 800 000 € und sind den einzelnen Gebäudeteilen genau zugeordnet. Davon entfallen

  • 100 000 € auf die fremd vermietete Wohnung (200 qm)

  • 150 000 € auf die eigengenutzte Wohnung (200 qm)

  • 550 000 € auf das Gesamtgebäude (Baugrube, Rohbau, Dach)

Das Haus wird mit 500 000 € Fremdmitteln (Darlehen) und mit 300 000 € Eigenmitteln finanziert. Der Darlehensbetrag wird einem gesonderten Konto gutgeschrieben, von dem der Stpfl. die der vermieteten Wohnung gesondert zugeordneten Kosten bezahlt. Die Aufwendungen für die eigengenutzte Wohnung werden ausschließlich aus eigenen Mitteln getilgt. Die im Kj. gezahlten Schuldzinsen betragen 30 000 €.

Lösung 9:

Die Darlehensmittel von insgesamt 500 000 € hat der Stpfl. i.H.v. 100 000 € (20 %) zur Finanzierung der zur Vermietung vorgesehenen Wohnung verwendet. Die darauf entfallenen Schuldzinsen von 20 % von 30 000 € = 6 000 € sind in vollem Umfang als WK abziehbar.

Die HK für das Gesamtgebäude von 550 000 € sind den einzelnen Gebäudeteilen nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen anteilig zuzuordnen, sodass 275 000 € (50 %) auf den vermieteten Teil entfallen. Die anteiligen HK für die vermietete Wohnung wurden nachweislich vom Baukonto ausschließlich mit Darlehensmitteln gezahlt. Die Schuldzinsen i.H.v. 30 000 € betreffen zu 80 %, also i.H.v. 24 000 €, das Gesamtgebäude, davon sind 275/400 = 16 500 € als WK abzugsfähig. Insgesamt entfallen also 22 500 € Schuldzinsen auf die vermietete Wohnung und können als WK berücksichtigt werden.

Beispiel 10:

Sachverhalt wie Beispiel 9, allerdings hat der Stpfl. die der vermieteten Wohnung gesondert zugeordneten Kosten von einem »gemischten Konto« bezahlt.

Lösung 10:

Versäumt es der Stpfl., die den unterschiedlich genutzten Gebäudeteilen gesondert zugeordneten Aufwendungen getrennt mit Eigen-/Darlehensmitteln zu finanzieren, sind die Schuldzinsen nach dem Verhältnis der Baukosten der einzelnen Gebäudeteile schätzungsweise aufzuteilen.

Von den Baukosten i.H.v. 800 000 € entfallen 550 000 € auf das Gesamtgebäude und 250 000 € auf die beiden Wohnungen. Die HK, die das Gesamtgebäude betreffen, sind den einzelnen Gebäudeteilen nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen anteilig zuzuordnen. Danach entfallen jeweils 275 000 € (50 %) auf die vermietete Wohnung und die eigengenutzte Wohnung. Die HK für die vermietete Wohnung betragen somit zusammen mit den individuellen Aufwendungen von 100 000 € insgesamt 375 000 € und somit 46,875 % der Gesamtkosten von 800 000 €. Folglich können von den Schuldzinsen i.H.v. insgesamt 30 000 € 46,875 % = 14 062,50 € als WK bei den Einkünften aus VuV berücksichtigt werden.

Beispiel 11:

Sachverhalt wie Beispiel 9, allerdings hat der Stpfl. die HK den jeweiligen Wohn-/Nutzflächen nicht gesondert zugeordnet.

Lösung 11:

In diesem Fall sind die HK auf die vermietete und die eigengenutzte Wohnung aufzuteilen. Aufteilungsmaßstab hierfür ist das Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen der Gebäudeteile, also jeweils 50 %. Entsprechend der Aufteilung der HK erfolgt auch die Verteilung der Schuldzinsen, sodass der Stpfl. 50 % der Schuldzinsen von insgesamt 30 000 €, also 15 000 €, als WK bei den Einkünften aus VuV abziehen kann. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Stpfl. die HK durch eigene Aufstellung anteilig dem vermieteten Gebäudeteil zuordnet und die sich danach ergebenden HK mit Darlehensmitteln bezahlt.

5.9.3.3. Rechtsprechung zur Aufteilung von Finanzierungszinsen

Der BFH hat die dargestellte Rechtslage zur Aufteilung von Schuldzinsen aus einem Darlehen zur Finanzierung von Aufwendungen für ein teilweise zu eigenen Wohnzwecken genutztes und teilweise vermietetes Gebäude in verschiedenen Urteilen entwickelt und auch bestätigt.

Mit Urteil vom 25.3.2003 (IX R 38/00, BFH/NV 8/2003, 1049) bestätigt der BFH seine Rspr. zum Schuldzinsenabzug für ein Darlehen zur Finanzierung der HK eines Gebäudes mit einer fremd vermieteten und einer eigengenutzten Eigentumswohnung. Werden die Eigenmittel und die Darlehen dafür einem einzigen Konto gutgeschrieben und davon alle Gebäudeerrichtungskosten gezahlt, so sind die Darlehenszinsen nur anteilig – im Verhältnis der selbst genutzten Wohn-/Nutzflächen des Gebäudes zu denen, die der Einkünfteerzielung dienen – als WK abziehbar.

Mit Urteil vom 10.3.2008 (IX B 232/07, BFH/NV 2008, 1145, LEXinform 5904415) hat der BFH bestätigt, dass der Werbungskostenabzug von Darlehenszinsen bei einem gemischt genutzten Gebäude u.a. voraussetzt, dass die HK mit Geldbeträgen aus dem dafür aufgenommenen Darlehen tatsächlich bezahlt werden (ständige Rspr., vgl. BFH vom 9.7.2002, IX R 65/00, BStBl II 2003, 389; vom 25.3.2003, IX R 22/01, BStBl II 2004, 348; BFH Beschlüsse vom 15.5.2007, IX B 184/06, BFH/NV 2007, 1647 und vom 10.4.2007, IX B 159/06, BFH/NV 2007, 1503).

Mit Urteil vom 1.4.2009 (IX R 35/08, BStBl II 2009, 663) hat der BFH entschieden, dass die Schuldzinsen grds. nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen aufzuteilen sind, wenn der Stpfl. Darlehen zur Finanzierung unterschiedlicher Grundstücksteile aufnimmt, der Zuordnungszusammenhang zu einzelnen Grundstücksteilen aber daran scheitert, dass die Valuten sämtlicher Darlehen auf ein Girokonto fließen, von dem daraufhin der gesamte Kaufpreis an den Verkäufer gezahlt wird.

Dies gilt – so der BFH weiter – jedoch nicht, wenn die Vertragsparteien den Kaufpreis in anderer Weise auf die erworbenen WG aufgeteilt haben und dieser Maßstab – weil weder zum Schein getroffen noch missbräuchlich – auch steuerrechtliche Bindungswirkung entfaltet. Auch hier ist der Kaufpreis nach dem Verhältnis des auf den vermieteten Grundstücksteil entfallenden Kaufpreises zum Gesamtkaufpreis aufzuteilen, die entstandenen Schuldzinsen sind in Höhe des auf den vermieteten Grundstücksteil entfallenden Anteils als WK abzugsfähig (s.a. Anmerkung vom 1.6.2009, LEXinform 0408108).

5.9.3.4. Gleichbehandlung von Herstellungs- und Anschaffungsfällen

Mit Urteil vom 9.7.2002 (IX R 65/00, BStBl II 2003, 389) hat der BFH entschieden, dass die dargestellten Grundsätze zur Aufteilung von Schuldzinsen bei gemischt genutzten Grundstücken nicht nur für HK gelten, sondern auch in Anschaffungsfällen entsprechend anzuwenden sind. Nach Ansicht des BFH besteht kein sachlicher Unterschied zwischen Anschaffung und Herstellung eines Objekts, sodass beide Fälle prinzipiell gleich zu behandeln sind. Finanziert der Stpfl. die Anschaffung eines Gebäudes, das nicht nur der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern auch der Selbstnutzung dient, mit Eigenmitteln und Darlehen, kann er die Darlehenszinsen insoweit als WK abziehen, als er das Darlehen tatsächlich zur Anschaffung des der Einkünfteerzielung dienenden Gebäudeteils verwendet. Der Werbungskostenabzug setzt voraus, dass der Stpfl. die AK im Rahmen seiner Finanzierungsentscheidung dem ein eigenständiges WG bildenden Gebäudeteil gesondert zuordnet und die so zugeordneten AK mit Geldbeträgen aus dem dafür aufgenommenen Darlehen zahlt (s.a. BFH vom 9.7.2002, IX R 40/01, BFH/NV 1/2003, 23).

Werden unterschiedlich genutzte Doppelhaushälften einheitlich durch einen Kredit finanziert, so kommt nur eine anteilige Zuordnung der Darlehensmittel und der Schuldzinsen zu den beiden Haushälften in Betracht (BFH Beschluss vom 18.12.2002, IX B 167/02, BFH/NV 4/2003, 478).

Auch die Finanzverwaltung hat sich der Auffassung des BFH angeschlossen und für Anschaffungsfälle im BMF-Schreiben vom 16.4.2004 (BStBl I 2004, 464) folgende Regelungen getroffen:

  • Einer nach außen hin erkennbaren Zuordnung der AK durch den Stpfl., z.B. durch Aufteilung des zivilrechtlich einheitlichen Kaufpreises im notariellen Kaufvertrag, ist steuerlich zu folgen, soweit die Aufteilung nicht zu einer unangemessenen wertmäßigen Berücksichtigung der einzelnen Gebäudeteile führt.

  • Trifft der Stpfl. keine nach außen hin erkennbare Zuordnungsentscheidung, sind die AK den einzelnen Gebäudeteilen nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen anteilig zuzuordnen.

Die vorstehenden Grundsätze sind auch für ein vom Stpfl. beruflich genutztes häusliches Arbeitszimmer anwendbar, das als selbstständiger Gebäudeteil gilt (→ Häusliches Arbeitszimmer).

5.9.3.5. Herstellung Gebäude teilweise zur Vermietung und teilweise zur Veräußerung

Mit Urteil vom 4.2.2020. IX R 1/18 (BStBl. II 2020, 311) hatte der BFH über die Berücksichtigung von Schuldzinsen aus Darlehen zu befinden, die die Finanzierung von HK eines teilweise zur Vermietung und teilweise zur Veräußerung bestimmten Gebäudes betrafen. Der BHF führt hierzu unter Bestätigung der bisherigen Rspr. aus, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und HK eines künftig vermieteten Gebäudeteils nur dann vorliegt, wenn die HK des vermieteten und die des veräußerten Gebäudeteils getrennt ermittelt und ausgewiesen werden und mit den Darlehen tatsächlich die Aufwendungen beglichen werden, die der Herstellung des zur Vermietung bestimmten Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind.

Die zu anteilig fremdvermieteten und anteilig selbstgenutzten Gebäuden entwickelten Grund-sätze gelten entsprechend auch bei der Zuordnung von Darlehen zu den (anteiligen) HK eines Gebäudes, das teilweise zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und teilweise zur Erzielung von sonstigen Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) bestimmt ist. Denn wenn die Darlehensmittel zusammen mit den Eigenmitteln und dem vom Erwerber des später veräußerten Gebäudeteils geleisteten Kaufpreis, der mit der Einzahlung dem Grunde nach ebenfalls zu Eigenmitteln wird, auf einem einheitlichen Baukonto vorgehalten werden, vermischen sich Darlehensmittel und Eigenmittel, so dass eine gezielte Zuordnung des Darlehens ausgeschlossen ist. Werden von einem solchen einheitlichen Baukonto sodann die HK des gesamten Objekts einheitlich beglichen, fehlt es an der erforderlichen objektbezogenen Aufteilung der Kosten und an der Zahlung entsprechend der Darlehenszuordnung (vgl. BFH vom 1.4.2009, IX R 35/08, BStBl II 2009, 663).

Im Ergebnis sind die Schuldzinsen also nur dann in vollem Umfang als WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen, wenn das Darlehen dem vermieteten Gebäudeteil zugeordnet wird, die HK des vermieteten Gebäudeteils getrennt ermittelt und ausgewiesen werden und mit den Darlehensmitteln tatsächlich nur Aufwendungen beglichen werden, die der Herstellung des zur Vermietung bestimmten Gebäudeteils konkret zuzuordnen sind. Es ist daher aus Sicht des Stpfl. zweckmäßig, für jeden Gebäudeteil ein separates Baukonto (Kontentrennung) einzurichten. Dem steht die Rechtsprechung zur Durchleitung eines Darlehensbetrags durch ein privates Kontokorrentkonto (BFH v. 9.5.2017, IX R 45/15, BFH/NV 2017, 1036) nicht entgegen.

5.9.3.6. Aufteilung des Kaufpreises bei gemischter Schenkung

Mit Urteil vom 27.7.2004 (IX R 54/02, BStBl. II 2006, 9) hat der BFH entschieden, dass die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auch in den Fällen der gemischten Schenkung (→ Vorweggenommene Erbfolge) der Besteuerung zu Grunde zu legen ist.

Beispiel 12:

Im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge überträgt Vater V seinem Sohn S ein Zweifamilienhaus mit zwei gleich großen Wohnungen. Die Wohnung im Obergeschoss wird vom Sohn zu eigenen Wohnzwecken genutzt, die Wohnung im Erdgeschoss wird vermietet. Im Übertragungsvertrag wird für die vermietete Erdgeschosswohnung ein Kaufpreis von 200 000 € vereinbart, die selbstgenutzte Wohnung im Obergeschoss soll unentgeltlich übertragen werden. Der Verkehrswert des Grundstücks beträgt 400 000 €.

Lösung 12:

Nach o.a. BFH-Urteil vom 27.4.2004 ist die von den Vertragsparteien vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf die beiden Wohnungen der Besteuerung zugrunde zu legen, sodass als AK der vermieteten Wohnung 200 000 € berücksichtigt werden können. Falls die AK mit Darlehensmitteln finanziert werden, können somit sämtliche Schuldzinsen als WK bei den Einkünften aus VuV berücksichtigt werden.

5.9.4. Darlehensaufnahme bei Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern

Haben Ehegatten zur Finanzierung einer vermieteten Eigentumswohnung, die der Ehefrau gehört, ein gemeinsames Darlehen aufgenommen, dieses später aber in der Weise umgeschuldet, dass nur noch der Ehemann Darlehensschuldner ist, sind die vom ihm gezahlten Schuldzinsen für die Zeit nach der Umschuldung grds. nicht abziehbar. Dies gilt auch dann, wenn die Ehefrau für das neue Darlehen eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen und die auf der Eigentumswohnung lastenden Grundpfandrechte als Sicherheit eingesetzt hat. Die Ehefrau kann die Schuldzinsen für Darlehen jedoch dann als WK bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen, wenn sie sie aus eigenen Mitteln bezahlt hat (BFH vom 4.9.2000, IX R 22/97, BStBl II 2001, 785 und vom 20.6.2012, IX R 29/11, BFH/NV 2012, 1952, LEXinform 0928743, Rz. 12). Dies ist bspw. der Fall, wenn sie ihre Mieteinnahmen mit der Maßgabe auf das Konto des Ehemanns überweist, dass dieser daraus die Schuldzinsen entrichten soll (BFH vom 2.12.1999, IX R 21/96, BStBl II 2000, 312). Nehmen Ehegatten ein gesamtschuldnerisches Darlehen zur Finanzierung eines vermieteten Gebäudes auf, das nur einem von ihnen gehört, sind die Schuldzinsen in vollem Umfang als WK bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Eigentümerehegatten abziehbar (BFH vom 2.12.1999, IX R 45/95, BStBl II 2000, 310).

Mit Urteilen vom 3.12.2002 (IX R 14/00, BFH/NV 2003, 468, LEXinform 0593529) und vom 20.6.2012 (IX R 29/11, BFH/NV 2012, 1952, LEXinform 0928743) bestätigt der BFH seine Rspr. zur Abziehbarkeit von Schuldzinsen aus gemeinsamer Ehegattenfinanzierung. Übernimmt der Eigentümer-Ehegatte einer vermieteten Immobilie die gesamtschuldnerische persönliche Mithaftung für ein der Finanzierung der Immobilie dienendes Darlehen des Nichteigentümer-Ehegatten, so sind die Schuldzinsen als für Rechnung des Eigentümer-Ehegatten aufgewendet anzusehen und bei ihm als WK abziehbar. Ein gesamtschuldnerisches Darlehen liegt zwar nicht vor, wenn der Eigentümer-Ehegatte für das Darlehen eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen und seine Immobilie mit Grundpfandrechten belastet hat, wohl aber dann, wenn der Eigentümer-Ehegatte die gesamtschuldnerische Mithaftung i.S.d. § 421 BGB für das Darlehen übernommen hat (BFH vom 3.12.2002, IX R 14/00, BFH/NV 2003, 468, LEXinform 0593529).

Schuldzinsen, die ein Ehegatte auf seine eigene Darlehensverbindlichkeit zahlt, kann der andere Ehegatte auch dann nicht bei der Ermittlung seiner Einkünfte abziehen, wenn die Darlehensbeträge zur Anschaffung von WG seines Betriebsvermögens verwendet wurden (BFH vom 24.2.2000, IV R 75/98, BStBl II 2000, 314).

Aus dem BFH-Urteil vom 4.9.2000 (IX R 22/97, BStBl II 2001, 785) ergibt sich folgender Sachverhalt:

Beispiel 13:

Die Eheleute werden zusammen zur ESt veranlagt. Die Ehefrau ist Eigentümerin zweier Mietwohngrundstücke, aus denen sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Die AK und HK hat der Ehemann finanziert, die Mieteinnahmen sind auf seine Konten geflossen.

Lösung 13:

Da die ESt an die persönliche Leistungsfähigkeit anknüpft, kann WK i.S.d. § 9 EStG grds. nur derjenige abziehen, der sie selbst getragen hat. Trägt ein Dritter Kosten, die durch die Einkunftserzielung des Stpfl. veranlasst sind (→ Drittaufwand), so können die Aufwendungen des Dritten im Falle der Abkürzung des Zahlungsweges als Aufwendungen des Stpfl. zu werten sein, d.h. wenn der Dritte für Rechnung des Stpfl. an dessen Gläubiger leistet.

Bezahlen Eheleute Aufwendungen für eine Immobilie, die einem von ihnen gehört, »aus einem Topf«, d.h. aus Guthaben, zu denen beide Eheleute beigetragen haben, oder aus Darlehensmitteln, die zu Lasten beider Eheleute aufgenommen worden sind, so sind diese Aufwendungen in vollem Umfang als für Rechnung des Eigentümers aufgewendet anzusehen. Gleichgültig ist, aus wessen Mitteln die Zahlung im Einzelfall stammt. Dies gilt auch für Zins- und Tilgungsleistungen auf die Darlehensschuld (BFH GrS Beschluss vom 23.8.1999, GrS 2/97, BStBl II 1999, 782).

Nach dem BFH-Urteil vom 16.9.2015 (IX R 40/14, BStBl II 2016, 78) können nachträgliche Aufwendungen in Form von Schuldzinsen, die Ehegatten nach der Veräußerung einer der Einkünfteerzielung dienenden Immobilie, welche im Eigentum nur eines Ehegatten stand, gemeinsam »aus einem Topf« finanzieren, als (nachträgliche) WK des früheren »Eigentümer-Ehegatten« abgezogen werden. Zum Schuldzinsenabzug als nachträgliche WK s. das BMF-Schreiben vom 27.7.2015 (BStBl I 2015, 581) unter dem Gliederungspunkt »Schuldzinsen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten«.

Diese Grundsätze sind für ein Darlehen, das ein Ehegatte allein zur Finanzierung der Immobilie des anderen Ehegatten aufgenommen hat, nicht übertragbar. Denn dann leistet der Nichteigentümer-Ehegatte als alleiniger Schuldner der Zinsverpflichtung die Zahlungen für eine bürgerlich-rechtlich allein ihn betreffende Verbindlichkeit.

Bezahlt hingegen der Eigentümer-Ehegatte die Zinsen aus eigenen Mitteln, bilden sie bei ihm abziehbare WK, auch wenn der Nichteigentümer-Ehegatte alleiniger Schuldner des Darlehens ist.

Aus den vom Eigentümer-Ehegatten auf das Konto des Nichteigentümer-Ehegatten geleisteten Mitteln (Mieteinnahmen) werden vorrangig die laufenden Aufwendungen für die Immobilie abgedeckt. Nur soweit die eingesetzten Eigenmittel (Mieteinnahmen) des Eigentümer-Ehegatten darüber hinaus auch die allein vom Nichteigentümer-Ehegatten geschuldeten Zinsen abdecken, sind diese Zinsen als WK des Eigentümer-Ehegatten abziehbar.

Die für Ehegatten geltenden Grundsätze sind gem. § 2 Abs. 8 EStG auf eingetragene Lebenspartnerschaften entsprechend anzuwenden.

6. Literaturhinweise

Schmidt, Der Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG im Lichte der neueren Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung, INF 2002, 545; Hegemann u.a., Auswirkungen des betrieblichen Schuldzinsenabzugsverbots auf die Gewerbesteuer (§ 4 Abs. 4a EStG), NWB Fach 5, 1533; Hegemann, Aktuelle Fragen zum betrieblichen Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG, INF 2006, 343; Neufang, Betrieblicher Schuldzinsenabzug: § 4 Abs. 4a EStG und seine praktische Umsetzung, BB 2006, 855; Wacker, Schuldzinsenkürzung bei Mitunternehmerschaften nach § 4 Abs. 4a EStG, NWB Fach 3, 14725; Schulz, Betrieblicher Schuldzinsenabzug nach § 4 Abs. 4a EStG, NWB Fach 3, 15189; Schultes-Schnitzlein u.a., Die Zinsschranke nach dem BMF-Anwendungsschreiben v. 4.7.2008, NWB Fach 4, 5357; Lehr, Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei Vermietungseinkünften, DStR 2002, 349; Paus, Zinsaufwand nach Wegfall der Einkunftsquelle – Anmerkung zum BFH-Urteil vom 12.10.2005 IX R 28/04, BStBl II 2006, 407 – DStZ 2006, 800; Schoor, Schuldzinsenabzug bei Eigen- und Fremdfinanzierung gemischt genutzter Gebäude: Rechtsprechung und Gestaltungsmöglichkeiten, INF 2003, 26; Schoor, Schuldzinsenabzug bei Umwidmung eines Kredits, Die steuerliche Betriebsprüfung 2007, 114; Schießl, Schuldzinsenabzug bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, Steuer & Studium 2008, 422; Hilbertz, Schuldzinsenabzug bei gemischt genutzten Grundstücken, NWB 2009, 2884; Stoewer, Zum Abzugsverbot betrieblicher Schuldzinsen, Steuer & Studium 2011, 118; Wagner, Der Entnahmebegriff für den Schuldzinsenabzug, NWB 2012, 670; Meyer u.a., Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, DStR 2012, 2260; Geserich, Nachträgliche Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, NWB 2012, 3304; Möller, Beschränkung des Zinsabzugs bei Überentnahmen, NWB 2014, 3184; Cortez u.a., Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinsen, Steuer & Studium 8/2013, 467; Lipp, Schuldzinsen als »nachträgliche« Werbungskosten, Steuer & Studium 3/2014, 138; Trossen, Vorfälligkeitsentschädigung keine Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, NWB 2014, 2316; Hilbertz, Nachträgliche Schuldzinsen bei Vermietung und Verpachtung, NWB 2014, 1934; Dürr, Beschränkter Betriebsausgabenabzug von Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG – 14 Fälle –, Steuer und Studium 2/2016, 96.

7. Verwandte Lexikonartikel

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Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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