Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge

Stand: 2. Mai 2024

Inhaltsverzeichnis

1 Allgemeiner Überblick
2 Begünstigter Personenkreis
2.1 Unmittelbar begünstigte Personen
2.2 Nicht unmittelbar begünstigte Personen
2.3 Mittelbar zulageberechtigte Personen
3 Begünstigte Verträge
3.1 Private Altersvorsorge
3.1.1 Zertifizierung
3.1.2 Besonderheiten zur Hinterbliebenenversorgung
3.1.3 Verwendung für eine selbst genutzte Wohnung
3.1.3.1 Allgemeines
3.1.3.2 Rechtsprechung
3.2 Betriebliche Altersvorsorge
4 Die Altersvorsorgezulage
4.1 Allgemeiner Überblick
4.2 Grundzulage
4.3 Kinderzulage
4.3.1 Allgemeines
4.3.2 Eltern, die miteinander verheiratet sind
4.3.3 Andere Fälle
4.4 Mindesteigenbeitrag
4.4.1 Bedeutung
4.4.2 Berechnung
4.4.3 Beitragspflichtige Einnahmen
4.4.4 Besonderheiten bei Ehegatten
4.4.4.1 Beide Ehegatten gehören zum begünstigten Personenkreis
4.4.4.2 Nur ein Ehegatte gehört zum begünstigten Personenkreis
4.4.5 Kürzung der Zulage
4.5 Beantragung, Auszahlung und Rückforderung der Zulage
4.5.1 Antrag
4.5.2 Übermittlung von Daten und Auszahlung
4.5.3 Rückforderung der Zulage
4.5.4 Rechtsprechung
5 Zusätzliche Altersvorsorge durch Sonderausgabenabzug
5.1 Allgemeiner Überblick
5.2 Umfang des Sonderausgabenabzugs bei Ehegatten
5.2.1 Beide Ehegatten sind unmittelbar begünstigt
5.2.2 Nur ein Ehegatte ist unmittelbar begünstigt
5.3 Materielle Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug
5.3.1 Nachweis
5.3.2 Günstigerprüfung
5.4 Rechtsprechung
6 Nachgelagerte Besteuerung
6.1 Allgemeines zur Anwendung des § 22 Nr. 5 EStG
6.1.1 Anwendungsbereich
6.1.2 Mitteilung über steuerpflichtige Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag ab dem Kalenderjahr 2020
6.2 Leistungen, die ausschließlich auf geförderten Altersvorsorgebeiträgen beruhen
6.2.1 Geförderte Beiträge
6.2.2 Steuerliche Erfassung
6.3 Leistungen, die zum Teil auf geförderten, zum Teil auf nicht geförderten Altersvorsorgebeiträgen beruhen
6.3.1 Nicht geförderte Beiträge
6.3.2 Steuerliche Erfassung
6.4 Leistungen, die ausschließlich auf nicht geförderten Altersvorsorgebeiträgen beruhen
6.5 Vertragswechsel
6.6 Zusammenfassende Übersicht
6.7 Wohnförderkonto
7 Unschädliche und schädliche Verwendung von Altersvorsorgevermögen
7.1 Unschädliche Verwendung
7.2 Schädliche Verwendung
7.2.1 Fallgestaltungen
7.2.2 Rechtsprechung
7.2.3 Folgen
7.2.3.1 Rückzahlung der Förderung
7.2.3.2 Besteuerung nach § 22 Nr. 5 EStG
8 Literaturhinweise
9 Verwandte Lexikonartikel

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Steuerliche Förderung der betrieblichen Altersversorgung: Vor dem Hintergrund insbesondere der Änderungen durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) sowie das Grundrentengesetz vom 12.8.2020 (BGBl I 2020, 1879) wurde das BMF-Schreiben zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung neu gefasst (BMF vom 12.8.2021, BStBl I 2021, 1050). Das Schreiben wurde nochmals punktuell angepasst (BMF vom 18.3.2022, BStBl I 2022, 333).

Durch das JStG 2022 vom 20.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) wird nach dem neuen § 10a Abs. 1a EStG das Verfahren bei der Riester-Förderung bei Personen, die wegen der Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgern förderberechtigt sind, ab 1.1.2023 verbessert.

Das BMF hat am 9.6.2023 eine Broschüre zum Produktinformationsblatt für steuerlich geförderte Altersvorsorgeverträge veröffentlicht (abrufbar unter: www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerliche_Themengebiete/Altersvorsorge/produktinformationsblatt-fuer-zertifizierte-riester-und-basisrentenvertraege-anlage).

Vor dem Hintergrund insbes. der Änderungen durch das JStG 2022 vom 20.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) sowie der Änderungen durch weitere Gesetze und aktueller BFH-Rspr. hat das BMF seine Stellungnahme zur steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge mit Schreiben vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726) komplett überarbeitet und aktualisiert. Es ist grds. ab dem Zeitpunkt seiner Bekanntgabe im Bundessteuerblatt Teil I auf alle offenen Fälle anzuwenden und ersetzt das BMF-Schreiben vom 21.12.2017 (BStBl I 2018, 93) sowie die BMF-Schreiben vom 17.2.2020 (BStBl I 2020, 213) und vom 11.2.2022 (BStBl I 2022, 186). Im Übrigen vgl. die abweichenden Anwendungsregelungen im neuen BMF-Schreiben vom 5.10.2023.

1. Allgemeiner Überblick

Die steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge erfolgt durch die Altersvorsorgezulage nach §§ 79–99 EStG und die Sonderausgaben nach § 10a EStG.

Einzelheiten dazu enthält das BMF-Schreiben vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726).

2. Begünstigter Personenkreis

2.1. Unmittelbar begünstigte Personen

Wer zum unmittelbar begünstigten Personenkreis gehört, klärt§ 10a Abs. 1 EStG. Dazu gehören insbes.:

  • Pflichtversicherte in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte.

  • Empfänger von inländischer Besoldung und diesen gleichgestellten Personen.

  • Pflichtversicherten gleichstehende Personen.

Auch der BFH befasste sich in zwei Urteilen mit dem unmittelbar begünstigten Personenkreis.

BFH vom 29.7.2015 (X R 11/13, BStBl II 2016, 18)

Ein Stpfl. ist nicht berechtigt, seine Altersvorsorgebeiträge als Sonderausgaben gem. § 10a EStG abzuziehen, wenn er nicht mehr »aktiv«, sondern lediglich in früheren Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert gewesen ist.

Für die Entscheidung der Frage, ob der Stpfl. zum begünstigten Personenkreis der Zulageberechtigten gehört, sind die Verhältnisse des Kj. maßgebend, für das die Zulage beansprucht wird. Soweit in § 86 Abs. 1 EStG auf die im dem Zulagejahr vorangegangenen Kj. bezogenen Einnahmen etc. abgestellt wird, gilt dies lediglich für die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung des Mindesteigenbeitrags, den ein Zulagenberechtigter zu leisten hat, um die maximale Zulage beziehen zu können.

BFH vom 24.8.2016

Mit Urteil vom 24.8.2016 (X R 3/15, BFH/NV 2017, 270) hat sich der BFH mit der Altersvorsorgezulage bei nachversicherten ehemaligen Beamten und dem Wahlrecht des Stpfl. bei Begehren einer steuerrechtlichen Vergünstigung befasst.

Er stellte fest, dass eine Beamtin auf Widerruf, die im Beitragsjahr aus dem Beamtenverhältnis ausscheidet, jedenfalls bei kurzfristiger Nachversicherung Altersvorsorgezulage als Pflichtversicherte erhalten kann, ohne dass die Erteilung einer Einwilligung in die Übermittlung von Besoldungsdaten erforderlich ist. Weiterhin vertrat er die Auffassung, dass ein Stpfl., der eine bestimmte steuerrechtliche Vergünstigung begehrt, die in mehreren nebeneinander stehenden gesetzlichen Tatbeständen als Rechtsfolge vorgesehen ist, sich auf denjenigen Tatbestand berufen kann, der die für ihn günstigeren Voraussetzungen enthält.

2.2. Nicht unmittelbar begünstigte Personen

Wer zum nicht unmittelbar begünstigten Personenkreis gehört, klärt das BMF-Schreiben vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726) in Rn. 25 i.V.m. der in Anlage 1 Abschnitt C aufgeführten Personengruppen, z.B.:

  • Freiwillig Versicherte in der gesetzlichen Rentenversicherung.

  • Von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreite Personen für die Zeit der Befreiung.

Vgl. auch die weiteren Ausführungen im BMF-Schreiben vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726) in Rn. 26.

2.3. Mittelbar zulageberechtigte Personen

Wer zu dem mittelbar begünstigten Personenkreis gehört, klärt das BMF-Schreiben vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726) in Rn. 27 bis 30. Bei Ehegatten, von denen nur ein Ehegatte unmittelbar zulageberechtigt ist, ist auch der andere Ehegatte (mittelbar) zulageberechtigt.

Abb.: Zulagenberechtigung bei Ehegatten/Lebenspartnern

3. Begünstigte Verträge

Förderfähig ist sowohl die private als auch die betriebliche Altersvorsorge. Bei der privaten Altersvorsorge muss es sich um einen begünstigten Altersvorsorgevertrag handeln (§ 82 Abs. 1 EStG). Das ist dann der Fall, wenn der Vertrag auf den Namen des Zulagenberechtigten lautet und nach § 5 Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) zertifiziert ist.

3.1. Private Altersvorsorge

3.1.1. Zertifizierung

Eine Förderung der privaten Altersvorsorge ist nur dann möglich, wenn die Altersvorsorgebeiträge in einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag eingezahlt werden. Diese erfüllt die Zertifizierungskriterien und somit die Anforderungen des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes (AltZertG).

Die Zertifizierung ist Aufgabe des BZSt. Sie beinhaltet die Feststellung, dass die Vertragsbedingungen des Altersvorsorgevertrags den Zertifizierungskriterien entsprechen und der Anbieter die verlangten Anforderungen. Das BZSt prüft nicht, ob ein Altersvorsorge- oder ein Basisrentenvertrag wirtschaftlich tragfähig, die Zusage des Anbieters erfüllbar ist und ob die Vertragsbedingungen zivilrechtlich wirksam sind.

Sämtliche zertifizierten Verträge bzw. Verträge, bei denen auf eine Zertifizierung verzichtet wurde, werden im Bundessteuerblatt aktualisiert und vom BZSt veröffentlicht (zuletzt durch die Bekanntmachung vom 30.1.2024, BStBl I 2024, 188).

Das BMF hat am 9.6.2023 eine Broschüre zum Produktinformationsblatt für steuerlich geförderte Altersvorsorgeverträge veröffentlicht (abrufbar unter: www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/Steuerliche_Themengebiete/Altersvorsorge/produktinformationsblatt-fuer-zertifizierte-riester-und-basisrentenvertraege-anlage).

3.1.2. Besonderheiten zur Hinterbliebenenversorgung

Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 AltZertG sind Hinterbliebene in diesem Sinne der Ehegatte/Lebenspartner und die Kinder, für die dem Vertragspartner zum Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles ein Anspruch auf → Kindergeld oder ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG (→ Kinderfreibetrag) zugestanden hätte.

Durch das Steueränderungsgesetz 2007 vom 19.7.2006 (BGBl I 2006, 1652) werden Kinder nur noch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres (→ Fristen und Termine) berücksichtigt. Der Übergang zur neuen Altersgrenze erfolgt gleitend. Weitere Einzelheiten zur Berücksichtigung von Kindern nach der Übergangsregelung s. → Kinder.

3.1.3. Verwendung für eine selbst genutzte Wohnung

  • § 92a EStG.

  • BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 246 bis 289 »Altersvorsorge-Eigenheimbetrag und Tilgungsförderung für eine wohnungswirtschaftliche Verwendung«.

3.1.3.1. Allgemeines

Der Zulageberechtigte kann das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und nach § 10a oder nach den §§ 79 ff. EStG geförderte Kapital in vollem Umfang oder, wenn das verbleibende geförderte Restkapital mindestens 3 000 € beträgt, teilweise als Altersvorsorge-Eigenheimbetrag verwenden (§ 92a Abs. 1 Satz 1 EStG).

Der Stpfl. kann:

  1. das in einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag angesparte geförderte Kapital bis zum Beginn der Auszahlungsphase für eine nach dem 31.12.2007 stattgefundene Anschaffung oder Herstellung selbstgenutzten Wohneigentums oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens, wenn das dafür entnommene Kapital mindestens 3 000 € beträgt, einsetzen (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).

  2. das in einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag angesparte Kapital bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für den Erwerb von Pflicht-Geschäftsanteilen an einer eingetragenen Genossenschaft für die Selbstnutzung einer Genossenschaftswohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens, wenn das dafür entnommene Kapital mindestens 3 000 € beträgt, einsetzen (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG), oder

  3. das in einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag angesparte Kapital bis zum Beginn der Auszahlungsphase für die Finanzierung von Umbaumaßnahmen zur Reduzierung von Barrieren in oder an einer Wohnung einsetzen (§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG).

Eine Wohnung wird nur zu Wohnzwecken genutzt, wenn sie tatsachlich bewohnt wird. Der Zulageberechtigte muss nicht Alleinnutzer der Wohnung sein. Ein Ehegatte/Lebenspartner nutzt eine ihm gehörende Wohnung, die er zusammen mit dem anderen Ehegatten/Lebenspartner bewohnt, auch dann zu eigenen Wohnzwecken, wenn der andere Ehegatte/Lebenspartner ein Wohnrecht an der gesamten Wohnung hat. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt regelmäßig auch vor, wenn die Wohnung in der Form des betreuten Wohnens genutzt wird.

Eine Wohnung im eigenen Haus oder eine Eigentumswohnung dient nicht eigenen Wohnzwecken, wenn sie in vollem Umfang betrieblich oder beruflich genutzt oder unentgeltlich überlassen wird. Die unentgeltliche Überlassung an Angehörige i.S.d. § 15 AO dient ebenfalls nicht den eigenen Wohnzwecken des Zulageberechtigten.

Dient die Wohnung teilweise beruflichen oder betrieblichen Zwecken, liegt insoweit keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor.

3.1.3.2. Rechtsprechung

BFH vom 21.7.2009

In diesem Urteil (X R 33/07, BStBl II 2009, 995) ging es um die Frage des Anspruchs auf die Altersvorsorgezulage bei nur mittelbarer Berechtigung. Die Riesterrente soll einen Anreiz schaffen, zusätzlich zur gesetzlichen Rentenversicherung eine freiwillige kapitalgedeckte private Altersvorsorge aufzubauen. Dabei sollen diejenigen gefördert werden, bei denen in den letzten Jahren entweder das Rentenniveau oder die zukünftigen Versorgungsbezüge abgesenkt wurden. Die Zulage kann sowohl für einen Altersvorsorgevertrag als auch für eine betriebliche Altersversorgungseinrichtung beantragt werden. Auch der Ehegatte, der von der Renten- und Versorgungsniveaukürzung – mittelbar – betroffen ist, kann eine Altersvorsorgezulage erhalten. Im Gegensatz zu seinem Ehegatten hat der nur mittelbar berechtigte Ehegatte jedoch nur dann Anspruch auf die Zulage, wenn er für sich einen Altersvorsorgevertrag abschließt. Ein Vertrag im Rahmen der eigenen betrieblichen Altersversorgung reicht nicht aus.

Der BFH entschied, dass bei der sog. Riesterrente ein nur mittelbar zulageberechtigter Ehegatte lediglich dann einen Anspruch auf die Altersvorsorgezulage hat, wenn er einen eigenen Altersvorsorgevertrag abschließt. Das Bestehen einer eigenen betrieblichen Altersversorgung reicht in einem solchen Fall nicht aus.

Somit hat der BFH diese ausdrückliche gesetzliche Einschränkung der Zulageberechtigung (§ 79 EStG) akzeptiert. Er hat keinen Anlass für eine ergänzende Gesetzesauslegung gesehen. Der vom Gesetzgeber verfolgte generelle Förderzweck für die Zulage bestehe nicht bei einem Ehegatten, der aufgrund der eigenen Erwerbstätigkeit nicht unmittelbar zulageberechtigt sei, weil er von der Versorgungsniveauabsenkung nicht betroffen werde. Damit bestehe kein Anlass, ihm eine über den Gesetzestext hinausgehende Förderung zu ermöglichen.

BFH vom 25.3.2015

Sowohl rentenversicherungspflichtige ArbN als auch Beamte können die Altersvorsorgezulage erhalten. Voraussetzung für eine unmittelbare Zulagenberechtigung eines Beamten ist jedoch, dass er gegenüber seinem Dienstherrn darin einwilligt, dass dieser bestimmte Daten an die Zentrale Zulagenstelle übermittelt (§ 10a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 EStG). Wird diese Einwilligung nicht innerhalb einer bestimmten Frist erteilt, verfällt der Anspruch auf Altersvorsorgezulage endgültig. Liegen bei Ehegatten die Voraussetzungen für eine Ehegattenveranlagung (§ 26 Abs. 1 EStG) vor und ist nur ein Ehegatte unmittelbar begünstigt, so ist auch der andere Ehegatte zulageberechtigt, wenn ein auf seinen Namen lautender Altersvorsorgevertrag besteht (§ 79 Satz 2 EStG; sog. mittelbare Zulagenberechtigung).

Mit Urteil vom 25.3.2015 (X R 20/14, BStBl II 2015, 709) nahm der BFH zur Altersvorsorgezulage für Beamte ohne Einwilligungserklärung Stellung.

Leitsatz

Erteilt ein Beamter die Einwilligung in die Datenübermittlung nicht innerhalb der gesetzlichen Zwei-Jahres-Frist und ist er daher nicht gem. § 79 Satz 1 EStG unmittelbar altersvorsorgezulageberechtigt, ist er bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 79 Satz 2 EStG gleichwohl mittelbar zulageberechtigt.

Sachverhalt

Im Streitfall hätte die Klägerin, eine Beamtin, die Einwilligung für die Beitragsjahre 2005 bis 2007 jeweils bis zum Ende des übernächsten Kj. – für 2007 also bis zum 31.12.2009 – schriftlich gegenüber der Besoldungsstelle erklären müssen. Tatsächlich hat sie diese Erklärung erst am 19.4.2010 abgegeben. Die gesetzliche Zwei-Jahres-Frist war somit für alle Streitjahre versäumt.

Entscheidungsgründe

Die Klägerin war vorliegend nicht unmittelbar zulagenberechtigt, weil sie die Einwilligungserklärung zur Datenübermittlung nicht fristgerecht abgegeben hatte.

BFH vom 27.1.2016

In diesem Urteil (X R 23/14, BFH/NV 2016, 1018) ging es um die Frage der Verwendung von Altersvorsorgekapital für die Anschaffung oder Herstellung einer im Eigentum einer GbR stehenden Wohnung.

Gefördertes Altersvorsorgevermögen kann auch dann förderunschädlich für die Anschaffung oder Herstellung einer »Wohnung in einem eigenen Haus« verwendet werden, wenn diese im Eigentum einer vermögensverwaltenden GbR steht, an der der Zulageberechtigte beteiligt ist. Steht die Wohnung im Eigentum einer mitunternehmerischen GbR, setzt die förderunschädliche Verwendung von Altersvorsorgevermögen für die Anschaffung oder Herstellung dieser Wohnung voraus, dass sie zum ertragsteuerlichen PV der GbR gehört, weil nur dann die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO möglich ist (LEXinform 0934903; s.a. Anmerkung vom 7.6.2016, LEXinform 0947853).

Als Tilgungsleistungen gelten auch Sparbeiträge, die der Zulagenberechtigte aufbringt und bei denen bereits bei Vertragsabschluss unwiderruflich vereinbart wurde, dass diese zur Tilgung eines entsprechenden Darlehens eingesetzt werden. Dieses Darlehen muss allerdings für eine wohnungswirtschaftliche Verwendung i.S.d. § 92a Abs. 1 EStG eingesetzt werden. Allerdings ist in § 82 Abs. 4 Nr. 2 EStG geregelt, dass eine Berücksichtigung als Altersvorsorgebeiträge nicht möglich ist. Dieses Ergebnis wird mit der folgenden Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 1 WoPG verhindert.

Werden Beiträge an Bausparkassen zugunsten eines zertifizierten Altersvorsorgevertrages zur Erlangung eines Bauspardarlehens in einem Sparjahr (§ 4 Abs. 1 WoPG) vom Anbieter den Altersvorsorgebeiträgen nach § 82 EStG zugeordnet, handelt es sich bei allen Beiträgen zu diesem Vertrag innerhalb dieses Sparjahres bis zu den in § 10a Abs. 1 EStG genannten Höchstbeträgen um Altersvorsorgebeiträge und nicht um prämienbegünstigte Aufwendungen i.S.d § 2 Abs. 2 und 3 WoPG (→ Bausparförderung).

Nicht den Altersvorsorgebeiträgen gleichgestellt sind Tilgungsleistungen für ein Darlehen, das zur Finanzierung einer vor dem 1.1.2008 angeschafften oder hergestellten Wohnimmobilie eingesetzt wird. Der Stpfl. bindet sein staatlich gefördertes Kapital in Wohneigentum. Für den Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG ändert sich hierdurch nichts. Die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen sind durch die sog. Anbieterbescheinigung zu belegen (§ 10a Abs. 5 EStG). Welches Fördermodell hierbei zugrunde liegt, ist unmaßgeblich.

BFH vom 6.4.2016

Zur Verwendung des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG hat der BFH mit Urteil vom 6.4.2016 (X R 29/14, BFH/NV 2016, 1541, LEXinform 0934953) entschieden, dass eine unmittelbare Verwendung für die Anschaffung oder Herstellung einer begünstigten Wohnung nur vorliegen kann, wenn die beabsichtigte Entnahme des geförderten Kapitals für einen nachträglichen Anschluss eines Wohngrundstücks mit einer Abwassergrube an das öffentliche Abwassernetz nach allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen als nachträgliche Anschaffungskosten der Wohnung anzusehen ist.

Neben den Anschaffungs- und Herstellungskosten für eine Wohnung ist auch der dieser selbstgenutzten Wohnung zuzurechnende Grund- und Bodenanteil begünstigt. Die Definition des Tatbestands »Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung« in § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG folgt den allgemeinen einkommensteuerrechtlichen Grundsätzen.

Erschließungsbeiträge werden grds. nicht als nachträgliche Anschaffungskosten angesehen, wenn durch die Zweiterschließung die bereits vorhandene Erschließungsanlage nur – etwa mit dem Ziel ihrer zeitgerechten technischen Verbesserung – ersetzt oder modernisiert wird. Es handelt sich dann um Erhaltungsaufwand. Etwas anderes gilt nur, wenn das Grundstück durch die Maßnahme in seiner Substanz oder seinem Wesen verändert wird. Ob dies der Fall ist, wird durch grundstücksbezogene Kriterien bestimmt, insbes. durch Größe, Lage, Zuschnitt, Erschließung und Grad der Bebaubarkeit. Solange diese unverändert bleiben, handelt es sich nicht um eine wesentliche Verbesserung oder Veränderung. Nicht entscheidend ist, ob die Maßnahme aus anderen Gründen zu einer Werterhöhung des Grundstücks geführt hat.

In der Rspr. des BFH ist nach diesen Maßstäben geklärt, dass ein bebautes Wohngrundstück mit einer Abwassergrube bereits als »betriebsbereit« gilt und sich durch den Anschluss an eine neu angelegte Kanalisation nicht wesentlich verändert. Die Ersetzung einer funktionsfähigen Abwassergrube durch den Anschluss an den öffentlichen Abwasserkanal führt nicht zu einer solch wesentlichen Verbesserung der Nutzbarkeit von Grund und Boden, als dass nachträgliche Anschaffungskosten anfielen. Es liegt lediglich eine Modernisierung in zeitgemäßer Form vor.

BFH vom 20.3.2019

Mit Urteil vom 20.3.2019 (X R 4/18, BFH/NV 2019, 808, LEXinform 5908849) beschäftigte sich der BFH mit dem Altersvorsorge-Eigenheimbetrag bei Erweiterung einer bereits bestehenden Wohnung. Er entschied, dass § 92a EStG nicht die Verwendung von Altersvorsorgekapital zur Tilgung eines Darlehens begünstigt, das der Finanzierung der Kosten für die Erweiterung einer bereits bestehenden Wohnung dient.

BFH vom 12.2.2020

Nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG n.F. kann der Zulageberechtigte das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und nach § 10a EStG oder nach dem XI. Abschnitt des EStG geförderte Kapital in vollem Umfang oder unter bestimmten Voraussetzungen teilweise bis zum Beginn der Auszahlungsphase entweder unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer nach Satz 5 der Vorschrift begünstigten Wohnung oder nur dies kommt im Streitfall ernsthaft in Betracht zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwenden.

Mit Urteil vom 12.2.2020 (X R 28/18, BStBl II 2020, 496) befasste sich der BFH mit der Verwendung von Altersvorsorgevermögen zur Entschuldung einer selbstgenutzten Wohnung.

Leitsätze

  1. Die Einzahlung von gefördertem Altersvorsorgevermögen auf einen nicht zertifizierten Bausparvertrag stellt auch dann eine förderschädliche wohnungswirtschaftliche Verwendung gem. § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 EStG dar, wenn infolge der hierdurch ermöglichten früheren Zuteilung der Bausparsumme erreicht werden soll, ein Darlehen zur Immobilienfinanzierung zinsersparend früher abzulösen.

  2. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen) ist befugt, die Unwirksamkeit eines Bescheids über die Entnahme des Altersvorsorge-Eigenheimbetrags (§ 92b EStG) durch eigenständigen Verwaltungsakt festzustellen, sofern der Bescheid unter einer – bestandskräftig gewordenen – auflösenden Bedingung erlassen worden war und die Bedingung eingetreten ist.

BFH vom 16.2.2022

Mit Urteil vom 16.2.2022 (X R 20/20, BStBl II 2022, 622) nahm der BFH zu Wohnriester, Tilgung eines Darlehens i.S.d. § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, Stellung.

Leitsatz

Weder reine Zinszahlungen noch Sparleistungen sind als »Tilgung eines Darlehens« i.S. des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG anzusehen.

BFH vom 16.2.2022

Mit Urteil vom 16.2.2022 (X R 26/20, BStBl II 2022, 611) befasste sich der BFH mit der unmittelbaren Verwendung des geförderten Altersvorsorgekapitals in Fällen der Darlehenstilgung.

Leitsatz:

Auch im Fall der Verwendung des geförderten Altersvorsorgekapitals zur Tilgung eines Darlehens nach § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Auszahlung des geförderten Kapitals und der Darlehenstilgung bestehen.

FG Berlin-Brandenburg vom 18.12.2023

Die wohnungswirtschaftliche Verwendung war Thema im Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 18.12.2023 (15 K 15045/23; Revision anhängig).

3.2. Betriebliche Altersvorsorge

Vor dem Hintergrund insbes. der Änderungen durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 11.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) sowie das Grundrentengesetz vom 12.8.2020 (BGBl I 2020, 1879) hat das BMF mit Schreiben vom 12.8.2021 (BStBl I 2021, 1050) zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Altersversorgung ausführlich Stellung genommen. Das neue BMF-Schreiben ersetzt die BMF-Schreiben vom 6.12.2017 (BStBl I 2018, 147) und vom 8.8.2019 (BStBl I 2019, 834); es ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Das Schreiben vom 12.8.2021 wurde nochmals punktuell angepasst (BMF vom 18.3.2022, BStBl I 2022, 333).

Das Schreiben vom 12.8.2021 geht insbes. auf die lohnsteuerliche Behandlung von Zusagen auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ein.

4. Die Altersvorsorgezulage

Die Altersvorsorgezulage setzt sich nach § 83 EStG aus einer Grundzulage (§ 84 EStG) und einer Kinderzulage (§ 85 EStG) zusammen.

4.1. Allgemeiner Überblick

Jeder unmittelbar Zulageberechtigte erhält auf Antrag für seine im abgelaufenen Beitragsjahr gezahlten Altersvorsorgebeiträge eine Grundzulage. Auch der mittelbar zulagenberechtigte Ehegatte erhält die Zulage. Voraussetzung für die Erlangung der Altersvorsorgezulage ist die Leistung eines Altersvorsorgebeitrags. Es reicht nicht aus, wenn lediglich Zinsen und Erträge des Vorsorgevermögens dem Altersvorsorgevertrag gutgeschrieben werden (BFH vom 8.7.2015, X R 41/13, BStBl II 2016, 525, 1722).

4.2. Grundzulage

Jeder Zulageberechtigte erhält eine Grundzulage; diese beträgt ab dem Beitragsjahr 2018 jährlich 175 €. Für Zulageberechtigte i.S.d. § 79 Satz 1 EStG, die zu Beginn des Beitragsjahres das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erhöht sich die Grundzulage um einen einmaligen Bonus i.H.v. 200 €.

VZ

Grundzulage

Kinderzulage

ab 2018

175 € (zzgl. eventuell 200 € Bonus)

185 € bzw. 300 €

Abb.: Altersvorsorgezulage

Die Grundzulage erhöht sich automatisch, wenn der Zulageberechtigte für ein nach dem 31.12.2007 beginnendes Beitragsjahr eine Altersvorsorgezulage beantragt. Hat er bereits vor dem 1.1.2008 einen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen und eine Altersvorsorgezulage beantragt und liegen im Beitragsjahr 2008 die Voraussetzungen für die Gewährung eines Bonus vor, dann kann auch dieser Zulagenberechtigte eine entsprechend erhöhte Grundzulage erhalten. Erbringt der Zulagenberechtigte in dem Beitragsjahr, in dem die Voraussetzungen für die Gewährung eines Bonus vorliegen, nicht den für die Gewährung der ungekürzten Altersvorsorgezulage erforderlichen Mindesteigenbeitrag von in der Regel jährlich 60 € (Sockelbetrag), dann erfolgt eine entsprechende Kürzung der Altersvorsorgezulage und damit auch des einmalig zu gewährenden Bonus.

4.3. Kinderzulage

  • § 85 EStG

  • BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 47 bis 61

4.3.1. Allgemeines

Die Kinderzulage beträgt für jedes Kind, für das gegenüber dem Zulageberechtigten Kindergeld festgesetzt wird, jährlich 185 € (§ 85 Abs. 1 Satz 1 EStG). Für ein nach dem 31.12.2007 geborenes Kind erhöht sich die Kinderzulage auf 300 € (§ 85 Abs. 1 Satz 2 EStG). Der Anspruch auf Kinderzulage entfällt, wenn das Kindergeld insgesamt für den maßgebenden Zeitraum zurückgefordert wird (§ 85 Abs. 1 Satz 3 EStG). Erhalten mehrere Zulageberechtigte für dasselbe Kind Kindergeld, steht die Kinderzulage demjenigen zu, für den das Kindergeld im Kj. zuerst festgesetzt worden ist (§ 85 Abs. 1 Satz 4 EStG).

Die Kinderzulage wird auch dann in voller Höhe gewährt, wenn der Kindergeldanspruch nur für einen Teil des Jahres (mindestens für einen Monat) bestanden hat. Wird ein Kind z.B. am Ende des Beitragsjahres geboren, so besteht der Anspruch auf Kinderzulage für das gesamte Jahr, auch wenn das Kindergeld für Dezember regelmäßig erst im nachfolgenden Kj. festgesetzt wird.

4.3.2. Eltern, die miteinander verheiratet sind

Bei Eltern, verschiedenen Geschlechts, die miteinander verheiratet sind, nicht dauernd getrennt leben i.S.v. § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) und ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-/EWR-Staat haben, wird die Kinderzulage der Mutter zugeordnet, auf Antrag beider Eltern dem Vater (§ 85 Abs. 2 Satz 1 EStG). Der Antrag kann jeweils nur für ein Beitragsjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden.

4.3.3. Andere Fälle

Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, leben sie dauernd getrennt oder haben sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem EU-/EWR-Staat, erhält der Elternteil die Kinderzulage, gegenüber dem das Kindergeld für das Kind festgesetzt wurde (§ 85 Abs. 1 Satz 1 EStG). Wird das Kindergeld gegenüber einem Großelternteil nach § 64 Abs. 2 EStG festgesetzt, steht nur ihm die Kinderzulage zu.

Mit Urteil vom 12.12.2017 (X R 25/16, BFH/NV 2018, 723, LEXinform 0951106) hat der BFH entschieden, dass der für den Anspruch auf Kinderzulage relevante Begriff »ausgezahlt« i.S.d. § 85 Abs. 1 Satz 1 EStG a.F. auf den Leistungsempfänger des Kindergeldes abstellt, der nach rechtlichen Maßstäben zu bestimmen ist. An wen das Kindergeld tatsächlich ausgezahlt wurde, ist nicht maßgeblich.

4.4. Mindesteigenbeitrag

4.4.1. Bedeutung

Die Altersvorsorgezulage wird nur dann in voller Höhe gewährt, wenn der Berechtigte einen bestimmten Mindesteigenbeitrag zugunsten der begünstigten – maximal zwei – Verträge erbracht hat. Sie wird nach § 86 EStG gekürzt, wenn der Zulageberechtigte nicht diesen Mindesteigenbeitrag leistet.

Das BMF nimmt im Schreiben vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726) in den Rn. 62 bis 90 ausführlich zum Mindesteigenbeitrag Stellung.

4.4.2. Berechnung

Der Mindesteigenbetrag beträgt grds. jährlich 4 % der Summe der in dem dem Kj. vorangegangenen Kj. erzielten beitragspflichtigen Einnahmen i.S.d. Sechsten SGB, jedoch nicht mehr als der in § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG genannte Höchstbetrag, vermindert um die Zulage nach den §§ 84 und 85 EStG.

Zur Erlangung der vollen Zulage muss immer ein bestimmter Sockelbetrag als Mindesteigenbeitrag geleistet werden (§ 86 Abs. 1 Satz 4 EStG). Dieser Sockelbetrag beträgt ab 2005 jährlich 60 €.

Beispiel 1:

Der ledige A ist gem. § 10a Abs. 1 EStG zulagenbegünstigt. Seine beitragspflichtigen Einnahmen i.S.d. SGB VI betragen im Kj. 2018 20 000 €. A hat einen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen, auf den er im Kj. 2019 625 € erbracht hat.

Lösung 1:

Der Zulageanspruch des A beträgt gem. § 84 Satz 1 EStG ab dem Beitragsjahr 2018

175 €

Der Mindesteigenbeitrag des A beträgt nach § 86 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG: 4 % von 20 000 € max. 2 100 € (§ 10a Abs. 1 EStG)

800 €

abzüglich Zulageanspruch

./. 175 €

Mindesteigenbeitrag (§ 86 Abs. 1 Satz 2 EStG)

625 €

eigener Beitrag

625 €

Der Sockelbetrag beträgt (§ 86 Abs. 1 Satz 4 EStG)

60 €

Da A die Mindestzulage geleistet hat, ist die Zulage von 175 € in voller Höhe zu gewähren.

Abwandlung 1:

A erhält Kinderzulage für seine in den Jahren 2007 und 2008 geborenen Kinder.

Lösung Abwandlung 1:

Der Zulageanspruch des A beträgt gem. § 84 EStG

175 €

Der Mindesteigenbeitrag des A beträgt nach § 86 EStG: 4 % von 20 000 € max. 2 100 € (§ 10a Abs. 1 EStG)

800 €

abzüglich Zulageanspruch (175 € + 185 € + 300 €)

./. 660 €

Mindesteigenbeitrag

140 €

eigener Beitrag

625 €

Der Sockelbetrag beträgt

60 €

Die von A geleisteten Beiträge i.H.v. 625 € übersteigen den Mindesteigenbeitrag von 140 €. Die Zulage von 660 € wird nicht gekürzt.

Abwandlung 2:

Die beitragspflichtigen Einnahmen im Kj. 2018 betragen 4 000 €. Auf den Altersvorsorgevertrag hat A 60 € eingezahlt.

Lösung Abwandlung 2:

Der Zulageanspruch des A beträgt gem. § 84 EStG

175 €

Der Mindesteigenbeitrag des A beträgt nach § 86 EStG: 4 % von 4 000 € max. 2 100 € (§ 10a Abs. 1 EStG)

160 €

abzüglich Zulageanspruch

./. 175 €

Mindestbeitrag (§ 86 Abs. 1 Satz 2 EStG)

0 €

eigener Beitrag

60 €

Ist der Sockelbetrag (60 €) höher als der Mindesteigenbeitrag (0 €), so ist der Sockelbetrag als Mindesteigenbeitrag zu leisten (§ 86 Abs. 1 Satz 5 EStG).

Da A die Mindestzulage – hier den Sockelbetrag von 60 € – geleistet hat, ist die Zulage von 175 € in voller Höhe zu gewähren.

4.4.3. Beitragspflichtige Einnahmen

Als beitragspflichtige Einnahmen i.S.d. Sechsten SGB ist nur der Teil des Arbeitsentgelts zu erfassen, der die jeweils gültige Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung nicht übersteigt.

Beitragsbemessungsgrenzen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung

Beitragsjahr

Alte Bundesländer

Neue Bundesländer

2018

78 000 €

69 600 €

2019

80 400 €

73 800 €

2020

82 800 €

77 400 €

2021

85 200 €

80 400 €

2022

84 600 €

81 000 €

2023

87 600 €

85 200 €

2024

90 600 €

89 400 €

Abb.: Beitragsbemessungsgrenzen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung

Es ist auf diejenigen Einnahmen abzustellen, die im Rahmen des sozialrechtlichen Meldeverfahrens den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung gemeldet werden.

Das Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz ist keine maßgebende Einnahme i.S.d. § 86 EStG. Eine Berücksichtigung i.R.d. Mindesteigenbeitragsberechnung scheidet daher aus.

4.4.4. Besonderheiten bei Ehegatten

  • BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 84 bis 88

4.4.4.1. Beide Ehegatten gehören zum begünstigten Personenkreis

Gehören beide Ehegatten/Lebenspartner zum unmittelbar begünstigten Personenkreis, ist für jeden Ehegatten anhand seiner jeweiligen maßgebenden Einnahmen ein eigener Mindesteigenbeitrag zu berechnen. Die Grundsätze zur Zuordnung der Kinderzulage gelten auch für die Ermittlung des Mindesteigenbeitrags.

Beispiel 2:

Ein Ehepaar mit zwei Kindern (geboren vor dem 1.1.2008) erzielt im Kj. 2019 folgende Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit:

Ehemann (A) 50 000 €, Ehefrau (B) 28 000 €. Im Kj. 2018 betrugen die beitragspflichtigen Einnahmen i.S.d. SGB VI bei A 45 000 €, bei B 28 000 €. Beide Ehegatten haben einen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen, auf den A Altersvorsorgebeiträge i.H.v. 2 000 € und B i.H.v. 300 € erbracht hat. Das Kindergeld wird gegenüber der Mutter festgesetzt.

Lösung 2:

Nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG sind beide Ehegatten begünstigte Personen (unmittelbar Berechtigte). Beide haben Anspruch auf eine Altersvorsorgezulage nach § 79 Satz 1 EStG.

Steht ein Kind zu beiden Ehegatten, die

  • nicht dauernd getrennt leben (§ 26 Abs. 1 EStG) und

  • ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-/EWR-Staat haben,

in einem Kindschaftsverhältnis (§ 32 Abs. 1 EStG), erhält grundsätzlich die Mutter die Kinderzulage (§ 85 Abs. 2 Satz 1 EStG). Die Eltern können gemeinsam für das jeweilige Beitragsjahr beantragen, dass der Vater die Zulage erhält. In beiden Fällen kommt es nicht darauf an, gegenüber welchem Elternteil das Kindergeld festgesetzt wurde. Die Übertragung der Kinderzulage muss auch in den Fällen beantragt werden, in denen die Mutter keinen Anspruch auf Altersvorsorgezulage hat, weil sie beispielsweise keinen Altersvorsorgevertrag abgeschlossen hat. Eine Übertragungsmöglichkeit besteht nicht, wenn das Kind nur zu einem der Ehegatten in einem Kindschaftsverhältnis steht.

Zulage für A

Zulage für B

Zulageanspruch: Grundzulage nach § 84 EStG

175 €

175 €

Kinderzulage nach § 85 EStG

2 × 185 € = 370 €

Zulage insgesamt

175 €

545 €

Bemessungsgrundlage für den Mindesteigenbeitrag nach § 86 Abs. 1 EStG

45 000 €

28 000 €

davon 4 % (max. 2 100 €)

1 800 €

1 120 €

abzüglich Zulage

./. 175 €

./. 545 €

Mindesteigenbeitrag

1 625 €

575 €

Sockelbetrag

60 €

60 €

eigener Beitrag

2 000 €

300 €

davon gefördert (höchstens 2 100 € ./. 175 € =)

1 925 €

Da B nicht die Mindestzulage geleistet hat, ist die Zulage nach dem Verhältnis der Altersvorsorgebeiträge zum Mindesteigenbeitrag zu kürzen: 300 € : 575 € = 0,521739130. Die Zulage beträgt:

575 € × 0,521739130 =

300 €

Nach der Antragstellung i.S.d. § 89 Abs. 1 EStG (spätestens mit Ablauf des 31.12.2021) beim Versicherungsanbieter veranlasst die zentrale Stelle die Auszahlung der Zulage an den Versicherungsanbieter zugunsten der Zulagenberechtigten (§ 90 EStG). Ein besonderer Zulagenbescheid ergeht nicht. Nach § 92 EStG erteilt der Versicherungsanbieter dem Zulagenberechtigten jährlich eine Bescheinigung über

  • die Höhe der im abgelaufenen Beitragsjahr geleisteten Altersvorsorgebeiträge,

  • die Summe der bis zum Ende des abgelaufenen Beitragsjahres dem Vertrag gutgeschriebenen Zulagen,

  • die Summe der bis zum Ende des abgelaufenen Beitragsjahres geleisteten Altersvorsorgebeiträge

  • und den Stand des Altersvorsorgevermögens.

4.4.4.2. Nur ein Ehegatte gehört zum begünstigten Personenkreis

Ist nur ein Ehegatte unmittelbar und der andere mittelbar begünstigt, ist die Mindesteigenbeitragsrechnung nur für den unmittelbar begünstigten Ehegatten durchzuführen. Berechnungsgrundlage sind seine Einnahmen. Der sich nach Anwendung des maßgebenden Prozentsatzes ergebende Betrag (4 % der maßgebenden Einnahmen, höchstens 2 100 €) ist um die den Ehegatten insgesamt zustehenden Zulagen zu mindern.

Hat der unmittelbar begünstigte Ehegatte den erforderlichen Mindesteigenbeitrag zugunsten seines Altersvorsorgevertrages oder einer förderbaren Versorgung i.S.d. § 82 Abs. 2 EStG bei einer Pensionskasse, einem Pensionsfonds oder einer nach § 82 Abs. 2 EStG förderbaren Direktversicherung (→ Betriebliche Altersversorgung) erbracht, erhält auch der Ehegatte mit dem mittelbaren Zulageanspruch die Altersvorsorgezulage ungekürzt.

Voraussetzung für das Bestehen einer mittelbaren Zulageberechtigung ist ab dem Beitragsjahr 2012, dass der nicht unmittelbar begünstigte Ehegatte für jedes Beitragsjahr einen Betrag i.H.v. mindestens 60 € zugunsten des auf seinen Namen lautenden Altersvorsorgevertrags einzahlt (§ 79 Satz 2 EStG).

Beispiel 3:

Die Ehefrau arbeitet rentenversicherungspflichtig, ihr Mann ist selbstständig. Schließt die Ehefrau einen Altersvorsorgevertrag ab und zahlt sie als Beitrag 4 % des im Vorjahr erzielten Bruttoentgelts ein, so steht ihr im Jahr 2019 ein staatlicher Zuschuss von 175 € zu. Entscheidet sich auch ihr Ehemann für einen Altersvorsorgevertrag, so gibt es auch für ihn 175 € Zulage im Kj. (mittelbare Berechtigung). Voraussetzung dafür ist, dass der Ehemann den Mindestbeitrag zur Erlangung der mittelbaren Zulagenberechtigung i.H.v. 60 € leistet.

Beispiel 4:

Die Ehefrau in Beispiel 6 arbeitet in einem »450 €-Job« und ist dadurch rentenversicherungspflichtig, da sie den vom ArbG getragenen 15%igen Pauschalbeitrag um 3,6 % aufgestockt hat. Auch in diesem Fall könnte ihr Ehemann einen Altersvorsorgevertrag abschließen und die Zulagen darauf kassieren, wenn er den Mindestbeitrag von 60 € entrichtet.

Beispiel 5:

BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 88.

4.4.5. Kürzung der Zulage

  • § 86 Abs. 1 EStG

  • BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 89 und 90

Die Altersvorsorgezulage (Grundzulage nach § 84 EStG und Kinderzulage nach § 85 EStG) wird gekürzt, wenn der Zulageberechtigte nicht den erforderlichen Mindesteigenbeitrag i.S.d. § 86 Abs. 1 Satz 2 EStG leistet (§ 86 Abs. 1 Satz 1 EStG). Die Kürzung der Zulage ermittelt sich nach dem Verhältnis der Altersvorsorgebeiträge zum Mindesteigenbeitrag. Dadurch soll vermieden werden, dass die private Altersvorsorge zu 100 % aus staatlichen Mitteln finanziert wird.

Ist der Ehegatte nur mittelbar zulageberechtigt, gilt dieser Kürzungsmaßstab auch für ihn, unabhängig davon, ob er eigene Beiträge zugunsten seines Vertrages geleistet hat (§ 86 Abs. 2 Satz 1 ESTG). Ab dem Beitragsjahr 2012 muss der mittelbar Zulageberechtigte nach § 72 Satz 2 EStG ebenfalls einen Mindestbeitrag von 60 € leisten (s.o.). Der vom mittelbar zulageberechtigten Ehegatten/Lebenspartner zu leistende Mindestbeitrag wird nicht als Altersvorsorgebeitrag des unmittelbar berechtigten Ehegatten/Lebenspartners berücksichtigt.

Beispiel 6:

BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 90.

4.5. Beantragung, Auszahlung und Rückforderung der Zulage

4.5.1. Antrag

  • § 89 EStG

  • BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 293 bis 320

Nach § 89 Abs. 1 Satz 1 EStG ist der Antrag auf Altersvorsorgezulage nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu stellen. Dieser Antrag ist bis zum Ablauf des zweiten Kj., das auf das Beitragsjahr folgt, bei dem Anbieter einzureichen, an den die Altersvorsorgebeiträge geleistet worden sind.

Das Bundesministerium der Finanzen ist nach § 99 Abs. 1 EStG ermächtigt, den Vordruck »Antrag auf Altersvorsorgezulage« zu bestimmen. Die Vordruckmuster werden jährlich bekannt gemacht:

  • für das Jahr 2022: BMF vom 29.7.2022 (BStBl I 2022, 1244).

  • für das Jahr 2023: BMF vom 17.10.2023 (BStBl I 2023, 1782).

Hinweis:

Die Vordruckmuster dürfen maschinell hergestellt werden, wenn sie sämtliche Angaben in der gleichen Reihenfolge enthalten. Abweichende Formate sind zulässig. Weitere Einzelheiten sind dem BMF-Schreiben vom 29.7.2022 zu entnehmen.

Nach § 89 Abs. 1a EStG kann der Zulageberechtigte seinen Anbieter bevollmächtigen, für ihn jedes Jahr einen Zulageantrag bei der Zulagestelle (zentrale Stelle) zu stellen. Der Berechtigte muss damit nicht jedes Jahr einen neuen Zulageantrag ausfüllen und seinem Anbieter übersenden. Eine einmalige Bevollmächtigung z.B. bei Vertragsabschluss, ist ausreichend.

4.5.2. Übermittlung von Daten und Auszahlung

Der Anbieter hat die Daten an die zentrale Stelle zu übermitteln (§ 89 Abs. 2 EStG). Die zentrale Stelle ermittelt, ob und in welcher Höhe ein Zulageanspruch besteht (§ 90 Abs. 1 EStG). Die zentrale Stelle veranlasst die Auszahlung an den Anbieter zugunsten des Zulagenberechtigten. Ein gesonderter Zulagenbescheid ergeht grundsätzlich nicht. Der Anbieter hat dem Zulagenberechtigten jährlich eine Bescheinigung i.S.d. § 92 EStG zu erteilen.

4.5.3. Rückforderung der Zulage

§ 90 EStG regelt das Verfahren in Bezug auf die Altersvorsorgezulage. Nach § 90 Abs. 3a EStG setzt die zentrale Stelle den Rückforderungsbetrag nach § 90 Abs. 3 EStG unter Anrechnung bereits vom Anbieter einbehaltener und abgeführter Beträge gegenüber dem Zulageberechtigten fest, wenn nach der Durchführung einer versorgungsrechtlichen Teilung eine Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Zulagen erfolgt.

Im Übrigen bleibt § 96 Abs. 1 Satz 1 EStG zu beachten.

4.5.4. Rechtsprechung

BFH vom 9.7.2019

Der BFH befasste sich mit Urteil vom 9.7.2019 (X R 35/17, BStBl II 2019, 668) mit der Rückforderung von Altersvorsorgezulagen vom Zulageempfänger bei der Riesterrente.

Leitsätze

  1. Nach Beendigung und Abwicklung des Altersvorsorgevertrages kann die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) rechtsgrundlos geleistete Zulagebeträge vom Zulageempfänger über den nach § 96 Abs. 1 Satz 1 EStG entsprechend anzuwendenden § 37 Abs. 2 AO zurückfordern; in diesem Fall ist die Anwendung des § 37 Abs. 2 AO nicht durch speziellere Vorschriften ausgeschlossen.

  2. § 37 Abs. 2 AO setzt kein Verschulden voraus.

Sachverhalt

Die Klägerin hatte bei einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen. Aufgrund der Angabe des Anbieters, die Klägerin sei unmittelbar zulageberechtigt, zahlte die ZfA jährlich Zulagebeträge, die der Anbieter dem Konto der Klägerin gutschrieb. Nach Beendigung des Altersvorsorgevertrages stellte die ZfA im Rahmen einer Überprüfung die fehlende Zulageberechtigung der Klägerin für drei Beitragsjahre fest und forderte die insoweit gewährten Altersvorsorgezulagen von ihr zurück.

Entscheidungsgründe

Nach der BFH-Entscheidung X R 35/17 ist § 37 Abs. 2 AO über die Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Leistungen auch bei Altersvorsorgezulagen anzuwenden, da speziellere Regelungen nicht eingreifen. Insbes. kommt eine Rückforderung über den Anbieter (vgl. § 90 Abs. 3 EStG) nicht in Betracht, da das Konto des Zulagenempfängers beim Anbieter infolge der Beendigung des Altersvorsorgevertrages nicht mehr existiert hat und damit auch nicht mehr belastet werden kann. Ob der Zulagenempfänger oder der Anbieter die fehlerhafte Mitteilung über die Zulageberechtigung zu vertreten hat, ist für § 37 Abs. 2 AO unerheblich, da die Vorschrift kein Verschulden voraussetzt. Der Umstand, dass die ZfA über mehrere Jahre hinweg eine Auszahlung von Zulagen allein aufgrund der ihr vom Anbieter übermittelten Daten veranlasst und erst nachträglich eine Prüfung der Zulageberechtigung des Zulagenempfängers vorgenommen hat, führt auch nicht zur Verwirkung des Rückforderungsanspruchs. Denn dieser Geschehensablauf entspricht in typischer Weise der gesetzlichen Ausgestaltung des Zulageverfahrens. Der Zulagenempfänger ist daher im Vertrauen auf das Behaltendürfen der unberechtigt erhaltenen Zulagen nicht schutzwürdig (s.a. BFH Pressemitteilung Nr. 55/2019 vom 29.8.2019, LEXinform 0450214).

BFH vom 23.8.2023

Bzgl. der Rückforderung von Altersvorsorgezulage vom Zulageempfänger nach Schaffung des § 90 Abs. 3a EStG nahm der BFH mit Urteil vom 23.8.2023 (X R 9/21, BStBl II 2023, 1047) Stellung.

5. Zusätzliche Altersvorsorge durch Sonderausgabenabzug

5.1. Allgemeiner Überblick

Die zum begünstigten Personenkreis gehörenden Stpfl. können ihre Altersvorsorgebeiträge zzgl. der zustehenden Zulage bis zu 2 100 € als Sonderausgaben nach § 10a EStG geltend machen. Der zusätzliche Sonderausgabenabzug kommt nur dann in Betracht, wenn er günstiger als die Altersvorsorgezulage ist (§ 10a Abs. 2 EStG). Ist der Sonderausgabenabzug günstiger, erhöht sich die tarifliche ESt um den »Anspruch« auf die Zulage. Der Stpfl. hat also nicht die Möglichkeit, zugunsten des Sonderausgabenabzugs auf die Zulage zu verzichten. Bei dieser Günstigerprüfung sind die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG nur dann zu berücksichtigen, wenn sie auch nach der Günstigerrechnung des § 31 EStG zum Ansatz kommen. Die Günstigerprüfung wird dann von Amts wegen vorgenommen, wenn der Stpfl. den Sonderausgabenabzug nach § 10a Abs. 1 EStG im Rahmen seiner ESt-Erklärung beantragt.

Bei Ehegatten/Lebenspartnern, die nach § 26b EStG zusammen zur ESt veranlagt werden, kommt es nicht darauf an, ob der Ehemann oder die Ehefrau bzw. welcher der Lebenspartner die Altersvorsorgebeiträge geleistet hat. Altersvorsorgebeiträge gelten auch dann als eigene Beiträge des Stpfl., wenn sie i.R.d. betrieblichen Altersversorgung direkt vom ArbG an die Versorgungseinrichtung gezahlt werden.

Bei der Ermittlung des nach § 10a Abs. 1 EStG anzusetzenden Anspruchs auf Zulage ist der Erhöhungsbetrag von 200 € nach § 84 Sätze 2 und 3 EStG nicht zu berücksichtigen (§ 10a Abs. 1 Satz 5 EStG).

Ist der Sonderausgabenabzug günstiger als die Zulage, wird der Betrag der Steuerermäßigung vom FA gesondert festgestellt und der zentralen Stelle mitgeteilt (§ 10a Abs. 4 EStG). Das Ergebnis der gesonderten Feststellung benötigt die zentrale Stelle zur Ermittlung des Rückzahlungsbetrages, falls der Zulageberechtigte das Altersvorsorgevermögen einer schädlichen Verwendung zuführt (§ 93 Abs. 1 EStG).

Hinweis:

Durch das JStG 2022 vom 20.12.2022 (BGBl I 2022, 2294) wurde durch den neuen § 10a Abs. 1a EStG das Verfahren bei der Riester-Förderung bei Personen, die wegen der Anrechnung von Kindererziehungszeiten bei inländischen gesetzlichen Rentenversicherungsträgern förderberechtigt sind, ab 1.1.2023 vereinfacht. Stpfl., die eine Kinderzulage für ein Kind beantragen, das im Beitragsjahr sein viertes Lebensjahr noch nicht vollendet hat und für das gegenüber dem Stpfl. oder seinem Ehegatten Kindergeld festgesetzt worden ist, werden einem in der inländischen gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherten gleichgestellt, wenn eine Anrechnung von Kindererziehungszeiten nach § 56 SGB VI nur aufgrund eines fehlenden oder noch nicht beschiedenen Antrags auf Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten bislang nicht erfolgt ist (§ 10a Abs. 1a Satz 1 EStG).

5.2. Umfang des Sonderausgabenabzugs bei Ehegatten

  • § 10a Abs. 3 EStG

  • BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 100 und 101

5.2.1. Beide Ehegatten sind unmittelbar begünstigt

Der Abzugsbetrag steht im Fall der Veranlagung von Ehegatten nach § 26 Abs. 1 EStG jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen des § 10a Abs. 1 EStG gesondert zu.

Ein nicht ausgeschöpfter Höchstbetrag eines Ehegatten kann dabei nicht auf den anderen Ehegatten übertragen werden.

5.2.2. Nur ein Ehegatte ist unmittelbar begünstigt

Ein Sonderausgabenabzug bis zu der in § 10a Abs. 1 EStG genannten Höhe kommt grundsätzlich nur für die Altersvorsorgebeiträge des unmittelbar begünstigten Ehegatten sowie die beiden Ehegatten zustehenden Zulagen in Betracht.

Voraussetzung für das Bestehen einer mittelbaren Zulageberechtigung ist ab dem Beitragsjahr 2012, dass der nicht unmittelbar begünstigte Ehegatte für jedes Beitragsjahr einen Betrag i.H.v. mindestens 60 € zugunsten des auf seinen Namen lautenden Altersvorsorgevertrags einzahlt (§ 79 Satz 2 EStG). Der Höchstbetrag nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG von 2 100 € erhöht sich in den Fällen des § 10a Abs. 3 Satz 2 EStG (mittelbare Zulageberechtigung) um 60 €. Dabei sind die von dem Ehegatten, der zu dem nach § 10a Abs. 1 EStG begünstigten Personenkreis gehört (unmittelbare Zulageberechtigung), geleisteten Altersvorsorgebeiträge vorrangig zu berücksichtigen, jedoch mindestens 60 € der von dem anderen Ehegatten geleisteten Altersvorsorgebeiträge.

Zum Sonderausgabenabzug gem. § 10a EStG für nicht aktiv in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte und für Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke nahm der BFH mit Urteil vom 29.7.2015 (X R 11/13, BStBl II 2016, 18) Stellung.

Leitsatz

Ein Stpfl. ist nicht berechtigt, seine Altersvorsorgebeiträge als Sonderausgaben gem. § 10a EStG abzuziehen, wenn er nicht mehr »aktiv«, sondern lediglich in früheren Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert gewesen ist.

5.3. Materielle Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug

5.3.1. Nachweis

  • § 10a Abs. 5 EStG

  • BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 95

Der Anbieter als mitteilungspflichtige Stelle hat – auch unter Angabe der Vertragsdaten – die Höhe der im jeweiligen Beitragsjahr zu berücksichtigenden Altersvorsorgebeiträge sowie die Zulage- oder die Versicherungsnummer an die zentrale Stelle zu übermitteln. Hierzu hat der Stpfl. gegenüber dem Anbieter schriftlich darin einzuwilligen, dass dieser die im jeweiligen Beitragsjahr zu berücksichtigenden Altersvorsorgebeiträge unter Angabe der steuerlichen Identifikationsnummer (§ 139b AO) an die ZfA übermittelt. Die Einwilligung muss dem Anbieter spätestens bis zum Ablauf des zweiten Kj., das auf das Beitragsjahr folgt, vorliegen. Die Einwilligung gilt auch für folgende Beitragsjahre, wenn der Stpfl. sie nicht gegenüber seinem Anbieter schriftlich widerruft. Sind beide Ehegatten unmittelbar zulageberechtigt oder ist ein Ehegatte unmittelbar zulageberechtigt und ein Ehegatte mittelbar berechtigt, müssen beide Ehegatten die Einwilligungserklärung abgeben. Die Einwilligung gilt auch ohne gesonderte Erklärung als erteilt, wenn

  • der Zulageberechtigte seinen Anbieter bevollmächtigt hat, für ihn den Zulageantrag zu stellen, oder

  • dem Anbieter für das betreffende Beitragsjahr ein Zulageantrag vorliegt.

Liegt eine solche Einwilligungsfiktion vor, ist ein Widerruf der Einwilligung nicht möglich. Eine Einwilligungsfiktion entfällt, wenn der Zulageberechtigte seine Bevollmächtigung nach § 89 Abs. 1a EStG widerrufen bzw. seinen Zulageantrag zurückgenommen hat. Der Zulageberechtigte kann in diesen Fällen die Einwilligung zur Datenübermittlung nach § 10a Abs. 5 EStG gesondert erteilen, wenn er eine Steuerermäßigung beanspruchen möchte. Wird der Zulageantrag zurückgenommen und eine gesonderte Einwilligung nicht erteilt, ist ein bereits übermittelter Datensatz nach § 10a Abs. 5 EStG vom Anbieter zu stornieren.

Bei der Übermittlung der zu berücksichtigenden Altersvorsorgebeiträge an die zentrale Stelle sind die Grundsätze des § 93c AO zu beachten (§ 10a Abs. 5 EStG).

Der Stpfl. wird i.R.d. jährlich vom Anbieter zu erstellenden Bescheinigung nach § 92 EStG über die von diesem an die zentrale Stelle gesandten Daten informiert. Das BMF-Schreiben vom 18.8.2011 (BStBl I 2011, 788) enthält das Vordruckmuster für die Bescheinigung nach § 92 EStG.

Beachte:

Mit dem zweiten Gesetz zur Anpassung des Datenschutzes an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Zweites Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetz EU – 2. DSAnpUG-EU) vom 20.11.2019 (BGBl I 2019, 1626) wird durch Art. 74 Nr. 2 Buchst. b § 10a Abs. 2a EStG aufgehoben.

Der Sonderausgabenabzug setzt nach bisher geltendem Recht voraus, dass die stpfl. Person nach § 10 Abs. 2a EStG gegenüber dem Anbieter als mitteilungspflichtige Stelle in die Datenübermittlung eingewilligt hat. Bei bestimmten Fallgestaltungen, beispielsweise bei Bevollmächtigung des Anbieters nach § 89 Abs. 1a EStG (sog. Dauerzulageantrag), wurde diese Einwilligung fingiert.

Wie bei den Sonderausgaben nach § 10 EStG ist auch bei den zusätzlichen Sonderausgaben nach § 10a EStG die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Finanzbehörden zulässig, wenn sie für die Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe erforderlich ist (Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. e der Verordnung (EU) 2016/679). Somit können die Daten zu den Altersvorsorgebeiträgen auch nach der Verordnung (EU) 2016/679 ohne Einwilligung rechtmäßig verarbeitet werden. Um sicherzustellen, dass die FinVerw die Vorsorgeaufwendungen in zutreffender Höhe entsprechend ihrer gesetzlichen Aufgabe berücksichtigen kann und um eine Gleichbehandlung aller Stpfl. zu erreichen, wird künftig bei den Altersvorsorgebeiträgen bei allen Stpfl. auf eine Einwilligung verzichtet. Im Interesse einer zutreffenden Besteuerung wird auf der Basis von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c und Buchst. e i.V.m. Abs. 3 Satz 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2016/679, § 10a Abs. 5 EStG als datenschutzrechtliche Ermächtigungsgrundlagen neu gefasst. Die mitteilungspflichtigen Stellen haben die erforderlichen Daten künftig aufgrund dieser rechtlichen Verpflichtung zu übermitteln.

Als Folgeänderung wird § 10a Abs. 2a EStG aufgehoben, sodass die bisher für die Berücksichtigung der Altersvorsorgebeiträge erforderliche Einwilligung sowie die Einwilligungsfiktionen entfallen. Die Regelungen zur Einwilligung und zum Widerruf der Einwilligung werden ebenfalls aufgehoben.

5.3.2. Günstigerprüfung

  • § 10a Abs. 2 EStG

  • BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 102 bis 113

Der Sonderausgabenabzug nach § 10a Abs. 1 EStG ist nur möglich, wenn er zu einem günstigeren Ergebnis führt als der Anspruch auf die Altersvorsorgezulage i.S.d. §§ 88–85 EStG. Diese Prüfung erfolgt von Amts wegen. Dies setzt voraus, dass der Stpfl. die Anlage AV zur Einkommensteuererklärung bis spätestens zum Eintritt der Bestandskraft des Steuerbescheids abgegeben hat. Die Vorlage der elektronisch übermittelten Informationen über die von dem/von den Stpfl. geleisteten Altersvorsorgebeiträge ohne eine ausgefüllte Anlage AV reicht nicht aus, damit das FA eindeutig erkennen kann, dass in dem vorliegenden Fall eine Günstigerprüfung gem. § 10a Abs. 2 EStG mit dem Ergebnis eines Sonderausgabenabzugs hätte durchgeführt werden müssen.

5.4. Rechtsprechung

BFH vom 29.7.2015

In seinem Urteil vom 29.7.2015 (X R 11/13, BStBl II 2016, 18) entschied der BFH über die Frage des Sonderausgabenabzugs nach § 10a EStG für nicht aktiv in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte und für Mitglieder berufsständischer Versorgungswerke. Nach § 10a Abs. 1 EStG können in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherte Altersvorsorgebeiträge neben der entsprechenden Zulage als Sonderausgaben geltend machen.

Leitsätze

  1. Ein Stpfl. ist nicht berechtigt, seine Altersvorsorgebeiträge als Sonderausgaben gem. § 10a EStG abzuziehen, wenn er nicht mehr »aktiv«, sondern lediglich in früheren Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert gewesen ist.

  2. Eine Berechtigung zum zusätzlichen Sonderausgabenabzug ergibt sich ebenfalls nicht aus einer bestehenden Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk.

  3. Die Abzugsberechtigung gem. § 10a EStG ist auch nicht daraus abzuleiten, dass der Stpfl. über seinen Ehegatten gem. § 79 Satz 2 EStG mittelbar einen Anspruch auf die Altersvorsorgezulage hat.

  4. Die Nichtgewährung des zusätzlichen Sonderausgabenabzugs verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz.

Sachverhalt

Der Kläger war als selbstständiger Steuerberater tätig. Er war zunächst nahezu lückenlos Pflichtmitglied in der Rentenversicherung. Seine bis dahin erworbenen Rentenansprüche sind nicht unerheblich. Er ist befreit von der Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung und Mitglied im berufsständischen Versorgungswerk der Steuerberater und Rechtsanwälte.

Die mit dem Kläger zusammenveranlagte Ehefrau ist in den Streitjahren rentenversicherungspflichtig angestellt. Beide haben jeweils einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag (Riester-Vertrag) abgeschlossen. Die beantragten Zulagen wurden den Eheleuten von der ZfA ungekürzt gewährt und auf dem jeweiligen Vertrag gutgeschrieben.

Nach der von Amts wegen durchzuführenden Günstigerprüfung (§ 10a Abs. 2 Satz 3 EStG) hätte der beantragte zusätzliche Sonderausgabenabzug gem. § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG eine Wirkung entfalten können. Er wurde jedoch nur der Ehefrau gewährt, nicht hingegen dem Ehemann.

Entscheidungsgründe

Ein Stpfl. ist nicht berechtigt, seine Altersvorsorgebeiträge als Sonderausgaben gem. § 10a EStG abzuziehen, wenn er nicht mehr »aktiv«, sondern lediglich in früheren Jahren in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert gewesen ist. Eine Berechtigung zum zusätzlichen Sonderausgabenabzug ergibt sich ebenfalls nicht aus einer bestehenden Pflichtmitgliedschaft in einem berufsständischen Versorgungswerk. Die Abzugsberechtigung gem. § 10a EStG ist auch nicht daraus abzuleiten, dass der Stpfl. über seinen Ehegatten gem. § 79 Satz 2 EStG mittelbar einen Anspruch auf die Altersvorsorgezulage hat. Die Nichtgewährung des zusätzlichen Sonderausgabenabzugs verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz.

Hinweis

Nach § 10a EStG sind die »in einer gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherten« Anspruchsberechtigte. Das Gesetz drückt nicht direkt aus, dass damit nur die derzeit »aktiv« in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherten gemeint sind.

Hessisches FG vom 28.1.2019

Zum Sonderausgabenabzug bei fehlender Anlage AV nimmt das Hessisches FG mit Urteil vom 28.1.2019 (9 K 1382/18, EFG 2019, 751, LEXinform 5022007, rkr.) Stellung.

Leitsätze

  1. Der Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG setzt voraus, dass der Stpfl. die Anlage AV zur Einkommensteuererklärung abgegeben hat. Die Vorlage der elektronisch übermittelten Informationen über die von den Klägern geleisteten Altersvorsorgebeiträge ohne eine ausgefüllte Anlage AV reicht nicht aus, damit der Beklagte eindeutig erkennen kann, dass in dem vorliegenden Fall eine Günstigerprüfung gem. § 10a Abs. 2 EStG mit dem Ergebnis eines Sonderausgabenabzugs hätte durchgeführt werden müssen. Wird in solchen Fällen vom FA der Sonderausgabenabzug nicht durchgeführt, scheidet nach Bestandskraft des Bescheides eine Korrektur aus.

  2. Auch ein Stpfl., dem einschlägige steuerrechtliche Kenntnisse fehlen, muss im Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte Fragen beantworten und dem Steuererklärungsformular beigefügte Erläuterungen mit der von ihm zu erwartenden Sorgfalt lesen und beachten, um eine grobe Fahrlässigkeit für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 AO auszuschließen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn solche Fragen und Hinweise ausreichend verständlich sowie klar und eindeutig sind.

Sachverhalt

Die Kläger wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie leisteten Altersvorsorgebeiträge i.S.d. § 82 EStG. Auch eine Einwilligung zur Datenübermittlung gem. § 10a Abs. 2a EStG hatten sie abgegeben. Die entsprechenden Daten lagen dem FA im Zeitpunkt der Veranlagung vor. Die Kläger hatten jedoch den Steuererklärungen keine Anlagen AV beigefügt.

Das FA gewährte keinen Sonderausgabenabzug für die Altersvorsorgebeiträge. Die Bescheide wurden mit Ablauf der Rechtsbehelfsfristen bestandskräftig. Die Kläger stellten Anträge auf Änderung nach § 129 AO, was das FA jedoch ablehnte.

Das Hessische FG hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen.

FG Düsseldorf vom 21.3.2019

Das FG Düsseldorf hat mit Urteil vom 21.3.2019 (11 K 311/16, EFG 2019, 892, LEXinform 5022117, Revision eingelegt, Az. BFH: X R 16/19, LEXinform 0952385) zum Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen entschieden. Nach § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG ist dem FA durch die ZfA mitzuteilen, wenn eine Überprüfung der Voraussetzungen zur Gewährung der Altersvorsorgezulage i.S.d. §§ 79 ff. EStG eine Abweichung von dem in der Steuerfestsetzung berücksichtigten Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG oder der gesonderten Feststellung nach § 10a Abs. 4 EStG ergibt; die Steuerfestsetzung oder die gesonderte Feststellung ist insoweit zu ändern.

Leitsätze

  1. Sind Altersvorsorgebeiträge eines nicht unmittelbar abzugsberechtigten Stpfl. aufgrund der mittelbaren Zulageberechtigung seines Ehegatten gem. § 10a Abs. 3 Satz 2 EStG zu Recht als Sonderausgaben abgezogen worden, berechtigt eine Mitteilung der ZfA zur fehlenden Zulageberechtigung dieses Stpfl. das FA nicht gem. § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG, diese Altersvorsorgebeiträge im Rahmen einer Änderung der Steuerfestsetzung unberücksichtigt zu lassen.

  2. Die Änderungsbefugnis des § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG beinhaltet lediglich eine nicht mit Bindungswirkung für das FA ausgestattete, sondern dessen eigene Prüfungskompetenz nicht berührende Rechtsgrundverweisung, die eine Versagung des Sonderausgabenabzugs nur erlaubt, wenn die Voraussetzungen des § 10a Abs. 1–3 EStG nicht vorliegen (entgegen Urteil des FG Hamburg vom 5.12.2018, 1 K 326/16, EFG 2019, 435).

Sachverhalt

Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. In den Streitjahren 2010 und 2011 war die Klägerin unmittelbar und der Kläger mittelbar zulageberechtigt. Das beklagte FA berücksichtigte die Riester-Beiträge beider Ehegatten zunächst erklärungsgemäß als Sonderausgaben der Klägerin.

Nach Bestandskraft der Steuerbescheide erhielt das FA Mitteilungen der ZfA, wonach der Kläger nicht zu den zulageberechtigten Personen gehöre. Daraufhin ergingen geänderte Steuerbescheide, in denen die Beiträge des Klägers nicht mehr als Sonderausgaben seiner Ehefrau berücksichtigt wurden.

Dagegen wehrten sich die Kläger erfolgreich. Mit seinem Urteil hat das FG die Änderungsbescheide aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die entgegenstehende Mitteilung der ZfA zur fehlenden Zulageberechtigung des Klägers berechtigt das FA nicht gem. § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG, dessen Altersvorsorgebeiträge in den Grenzen des Höchstbetrages von insgesamt 2.100 € bei der Klägerin vom Sonderausgabenabzug unberücksichtigt zu lassen. Bei der Mitteilung über eine Abweichung gem. § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG handelt es sich mangels Außenwirkung nicht um einen Grundlagenbescheid, sondern um einen Vorgang innerhalb der Verwaltung.

Beachte

Das FG Düsseldorf weicht mit seiner Entscheidung vom Urteil des FG Hamburg vom 5.12.2018 (1 K 326/16, EFG 2019, 435, LEXinform 5021835, Revision eingelegt, Az. BFH: X R 2/19, LEXinform 0952227) ab. Nach dem Urteil des FG Hamburg begründet die Vorschrift des § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG nicht nur eine Mitteilungspflicht, sondern stellt auch eine spezialgesetzliche Änderungsnorm i.S.d. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO dar.

BFH vom 8.9.2020

In seinem Urteil vom 8.9.2020 (X R 2/19, BStBl II 2022, 157) entschied der BFH über die Änderung von Einkommensteuerbescheiden nach § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG.

Leitsatz

Die Mitteilung der ZfA führt bei Abweichungen in Bezug auf den Sonderausgabenabzug nach § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG nicht dazu, dass das FA ungeprüft den Inhalt dieser Mitteilung umzusetzen hat; die Mitteilung nach § 91 Abs. 1 Satz 4 EStG ist im Verhältnis zum Einkommensteuerbescheid weder ein Grundlagenbescheid noch kommt ihr grundlagenbescheidähnliche Wirkung zu.

BFH vom 19.1.2022

In seinem Urteil vom 19.1.2022 (X R 32/20, BStBl II 2022, 617) entschied der BFH über die nachträgliche Geltendmachung des Wahlrechts auf einen Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG.

Leitsätze

  1. Die Inanspruchnahme des Sonderausgabenabzugs für eine zusätzliche Altersvorsorge gem. § 10a EStG steht im Wahlrecht des Stpfl. Dieses Wahlrecht muss nicht zwingend durch Abgabe der Anlage AV zur Einkommensteuererklärung ausgeübt werden, sondern kann auch formlos geltend gemacht werden.

  2. Die Änderung eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO i.V.m. § 10a Abs. 5 Satz 2, § 10 Abs. 2a Satz 8 Nr. 1 EStG in der bis einschließlich des Veranlagungszeitraums 2016 geltenden Fassung kommt nicht in Betracht, wenn der Stpfl. den Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG erstmals nach Eintritt der materiellen Bestandskraft begehrt.

Sachverhalt

Streitig ist u.a., ob für die Geltendmachung des Sonderausgabenabzugs nach § 10a EStG ein Antrag in Form der Anlage AV erforderlich ist.

6. Nachgelagerte Besteuerung

  • § 22 Nr. 5 EStG.

  • BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 128 bis 196.

6.1. Allgemeines zur Anwendung des § 22 Nr. 5 EStG

6.1.1. Anwendungsbereich

§ 22 Nr. 5 EStG ist anzuwenden

  • auf Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen i.S.d. § 82 Abs. 1 EStG sowie

  • auf Leistungen aus Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen (→ Betriebliche Altersversorgung).

Korrespondierend mit der Freistellung der Beiträge, Zahlungen, Erträge und Wertsteigerungen von steuerlichen Belastungen in der Ansparphase werden die Leistungen erst in der Auszahlungsphase besteuert (nachgelagerte Besteuerung), und zwar auch dann, wenn zugunsten des Vertrags ausschließlich Beiträge geleistet wurden, die nicht nach § 10a/Abschn. XI EStG gefördert worden sind. § 22 Nr. 5 EStG ist gegenüber anderen Vorschriften des EStG eine vorrangige Spezialvorschrift. Dies bedeutet auch, dass die ab dem 1.1.2009 geltende Abgeltungsteuer in diesen Fällen keine Anwendung findet.

Die Leistungen unterliegen in der Auszahlungsphase in vollem Umfang der Besteuerung, wenn die Leistungen ausschließlich auf geförderten Altersvorsorgebeiträgen beruhen.

Die Besteuerung von Leistungen, die auf nicht geförderten Beiträgen beruhen, richtet sich nach der Art der Leistung. Es werden insoweit drei Gruppen unterschieden:

  1. Leistungen in Form einer lebenslangen Rente oder einer Berufsunfähigkeits-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG),

  2. andere Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen (zertifizierten Versicherungsverträgen), Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b EStG),

  3. übrige Leistungen (z.B. aus zertifizierten Bank- oder Fondssparplänen oder aus zertifizierten Bausparverträgen, § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG).

Die Regelungen über die Erhebung der KapESt sind nicht anzuwenden. In der Ansparphase fallen keine kapitalertragsteuerpflichtigen Kapitalerträge an; die Leistungen in der Auszahlungsphase unterliegen nach § 22 Nr. 5 EStG der Besteuerung i.R.d. ESt-Veranlagung, sodass auch in der Auszahlungsphase kein KapESt-Abzug vorzunehmen ist. Da es sich um Einkünfte nach § 22 Nr. 5 EStG handelt, ist kein Sparer-Pauschbetrag nach § 20 Abs. 9 EStG anzusetzen. Der Pauschbetrag für WK bestimmt sich nach § 9a Satz 1 Nr. 3 EStG.

6.1.2. Mitteilung über steuerpflichtige Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag ab dem Kalenderjahr 2020

Nach § 22 Nr. 5 Satz 7 EStG hat der Anbieter eines Altersvorsorgevertrags oder einer betrieblichen Altersversorgung bei erstmaligem Bezug von Leistungen, zu Beginn der Auszahlungsphase bei Bestehen eines Wohnförderkontos, in den Fällen der steuerschädlichen Verwendung nach den §§ 92a und 93 EStG sowie bei Änderung der im Kj. auszuzahlenden Leistungen dem Stpfl. nach amtlich vorgeschriebenem Muster den Betrag der im abgelaufenen Kj. zugeflossenen Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 5 Satz 1 bis 3 EStG jeweils gesondert mitzuteilen. Das gilt auch für die Abschluss- und Vertriebskosten eines Altersvorsorgevertrages, die dem Stpfl. erstattet werden.

Das BMF-Schreiben vom 9.11.2020 (BStBl I 2020, 1061) enthält ein neues Vordruckmuster für die Mitteilung nach § 22 Nr. 5 Satz 7 EStG. Das Vordruckmuster ist erstmals zur Bescheinigung von Leistungen des Kj. 2020 zu verwenden. Wird der Vordruck maschinell hergestellt, enthält das Schreiben ergänzende Regelungen.

6.2. Leistungen, die ausschließlich auf geförderten Altersvorsorgebeiträgen beruhen

6.2.1. Geförderte Beiträge

Zu den geförderten Beiträgen gehören die geleisteten Eigenbeiträge zuzüglich der für das Beitragsjahr zustehenden Altersvorsorgezulage, soweit sie den Höchstbetrag nach § 10a EStG nicht übersteigen, mindestens jedoch die gewährten Zulagen und die geleisteten Sockelbeträge i.S.d. § 86 Abs. 1 Satz 4 EStG (vgl. BMF vom 5.10.2023, BStBl I 2023, 1726, Rn. 133).

Bei einem mittelbar zulageberechtigten Ehegatten gehören die im Rahmen des Sonderausgabenabzugs nach § 10a Abs. 1 EStG berücksichtigten Altersvorsorgebeiträge und die für dieses Beitragsjahr zustehende Altersvorsorgezulage zu den geförderten Beiträgen.

6.2.2. Steuerliche Erfassung

Leistungen aus einem Altersvorsorgevertrag werden in der Auszahlungsphase in vollem Umfang als sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG steuerlich erfasst, insbes. wenn die gesamten Altersvorsorgebeiträge in der Ansparphase nach § 10a/Abschn. XI EStG gefördert worden sind. Die Vorschrift ordnet die Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen i.S.d. § 10a EStG den sonstigen Einkünften zu. Diese Leistungen setzen sich zusammen aus den in der Ansparphase geleisteten Beiträgen und Zulagen, den daraus erwirtschafteten Erträgen (z.B. Kapitalerträgen, Veräußerungsgewinnen, anderen Erträgen) sowie den in der Leistungsphase weiterhin erwirtschafteten Erträgen. Da § 22 Nr. 5 für Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen i.S.d. § 10a als Spezialvorschrift den anderen Vorschriften des EStG vorgeht, besteht die Steuerpflicht für die gesamten Leistungen ohne Rücksicht darauf, dass einzelne Bestandteile nach den anderen Vorschriften anders behandelt würden (z.B. Nichtsteuerbarkeit der zurückerhaltenen eigenen Beiträge oder bestimmter Zinsen bei Lebensversicherungen).

Beispiel 7:

Der Stpfl. hat über 25 Jahre einschließlich der Zulagen immer genau die förderbaren Höchstbeträge zugunsten eines begünstigten Altersvorsorgevertrages eingezahlt. Er erhält ab Vollendung des 65. Lebensjahres eine monatliche Rente i.H.v. 500 €.

Lösung 7:

Die Rentenzahlung ist mit 12 × 500 € = 6 000 € i.R.d. Est-Veranlagung nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG voll stpfl.

BFH vom 6.11.2019

Mit Urteil vom 6.11.2019 (X R 39/17, BStBl II 2020, 217, LEXinform 0951713) hat der BFH zur steuerlichen Behandlung von Kapitalabfindungen für Kleinbetragsrenten aus Altersvorsorgeverträgen Stellung genommen.

Leitsätze

  1. Die auf der Grundlage des § 93 Abs. 3 EStG förderunschädlich ausgezahlte Kapitalabfindung einer Kleinbetragsrente ist nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in vollem Umfang einkommensteuerpflichtig.

  2. Die Anwendung des § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG auf Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen setzt nicht voraus, dass der Vertrag im Zeitpunkt der Auszahlung der Leistung noch zertifiziert ist. Es genügt in diesem Zusammenhang vielmehr, wenn für den einzelnen zuvor geleisteten Beitrag die Voraussetzungen des § 10a oder des Abschn. XI des EStG – zu denen auch die Zertifizierung gehört – vorgelegen haben.

  3. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Kapitalabfindungen von Kleinbetragsrenten aus Altersvorsorgeverträgen kann in der Zeit vor dem Inkrafttreten des § 22 Nr. 5 Satz 13 EStG nicht allein mit der Begründung bejaht werden, der ursprüngliche Altersvorsorgevertrag habe eine solche Kapitalisierungsmöglichkeit nicht vorgesehen.

Sachverhalt

Die Klägerin schloss mit einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag. Der Vertrag sah vor, dass die Auszahlung ausschließlich in Form einer lebenslangen monatlichen Leibrente oder eines Auszahlungsplans mit monatlichen Teilraten und anschließender lebenslanger Teilkapitalverrentung möglich sein sollte. Im Jahr 2014 vereinbarte die – zu diesem Zeitpunkt 64-jährige – Klägerin mit dem Anbieter, das vorhandene Altersvorsorgeguthaben zu Beginn des Jahres 2015 in Form einer Einmalleistung auszuzahlen. Dies war möglich geworden, weil – zeitlich nach dem Vertragsschluss – durch das AltEinkG vom 5.7.2004 mit Wirkung zum 1.1.2005 in § 93 Abs. 3 EStG eine Regelung geschaffen worden war, wonach die Kapitalabfindung einer Kleinbetragsrente zu Beginn der Auszahlungsphase als unschädliche Verwendung anzusehen ist. Der Anbieter zahlte daraufhin als Kapitalabfindung einen Betrag X an die Klägerin aus. Das FA besteuerte die Kapitalabfindung als »Leistung aus einem Altersvorsorgevertrag« gem. § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG in vollem Umfang und die nicht geförderten Zinsen gem. § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG ebenfalls in vollem Umfang. Ein Teilbetrag blieb unversteuert, da er nicht gefördert worden war.

Einspruch und Klage hiergegen blieben ohne Erfolg.

Der BFH hob das Urteil des FG Köln auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Entscheidungsgründe

Die Kapitalabfindung ist in dem Umfang, mit dem das FA sie im angefochtenen Bescheid angesetzt hat, einkommensteuerpflichtig. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Begriff des »Altersvorsorgevertrags« in § 82 Abs. 1 Satz 1 EStG dahingehend definiert wird, dass es sich um einen Vertrag handeln muss, der nach § 5 AltZertG zertifiziert ist. Denn die vorliegende Vertragsänderung im Jahr 2014 wird durch § 14 Abs. 1 Satz 2 AltZertG von der Notwendigkeit einer Zertifizierung ausgenommen. Außerdem kommt es nach der Systematik des § 22 Nr. 5 EStG nicht auf die (aktuelle) Zertifizierung des Vertrags im Ganzen an, sondern vielmehr darauf, ob für den einzelnen zuvor geleisteten Beitrag die Voraussetzungen des § 10a oder des Abschn. XI des EStG – zu denen die Zertifizierung gehört – vorgelegen haben (vgl. § 22 Nr. 5 Satz 2 EStG).

6.3. Leistungen, die zum Teil auf geförderten, zum Teil auf nicht geförderten Altersvorsorgebeiträgen beruhen

6.3.1. Nicht geförderte Beiträge

Zu den nicht geförderten Beiträgen gehören Beträge,

  • die zugunsten eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags in einem Beitragsjahr eingezahlt werden, in dem der Anleger nicht zum begünstigten Personenkreis gehört,

  • für die er keine Altersvorsorgezulage und keinen steuerlichen Vorteil aus dem Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG erhalten hat oder

  • die den Höchstbetrag nach § 10a EStG abzüglich der individuell für das Beitragsjahr zustehenden Zulage übersteigen (Überzahlungen), sofern es sich nicht um den Sockelbetrag handelt.

Vgl. auch BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 136.

6.3.2. Steuerliche Erfassung

Hat der Stpfl. in der Ansparphase sowohl geförderte als auch nicht geförderte Beiträge zugunsten des Vertrags geleistet, sind die Leistungen in der Auszahlungsphase aufzuteilen (§ 22 Nr. 5 Satz 1 und 2 EStG).

Soweit die Altersvorsorgebeiträge nach § 10a/Abschn. XI EStG gefördert worden sind, sind die Leistungen nach § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG voll zu besteuern (s.o.).

Aufteilungsfälle liegen z.B. vor, wenn

  • ein Vertrag, der die Voraussetzungen des AltZertG bisher nicht erfüllt hat, in einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag umgewandelt worden ist (§ 1 Abs. 1 AltZertG),

  • ein zertifizierter Altersvorsorgevertrag nicht in der gesamten Ansparphase gefördert worden ist, weil z.B. in einigen Jahren die persönlichen Fördervoraussetzungen nicht vorgelegen haben, aber weiterhin Beiträge eingezahlt worden sind,

  • der Begünstigte höhere Beiträge eingezahlt hat, als im einzelnen Beitragsjahr nach § 10a EStG begünstigt waren.

Die Besteuerung von Leistungen, die auf nicht geförderten Beiträgen beruhen, richtet sich nach der Art der Leistung. Es werden insoweit drei Gruppen unterschieden:

  1. Leistungen in Form einer lebenslangen Rente oder einer Berufsunfähigkeits-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a EStG). Die Besteuerung erfolgt nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG mit dem entsprechenden Ertragsanteil.

  2. Andere Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen (zertifizierten Versicherungsverträgen), Pensionsfonds, Pensionskassen und Direktversicherungen (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. b EStG). Es handelt sich insbesondere um Kapitalauszahlungen aus einem Altersvorsorgevertrag i.S.d. § 82 EStG. Die Besteuerung erfolgt nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG in der jeweils geltenden Fassung.

    Wenn der Versicherungsvertrag, der die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004 erfüllt, vor dem 1.1.2005 abgeschlossen wurde und die Auszahlung vor Ablauf von 12 Jahren seit Vertragsabschluss erfolgt, werden die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen bescheinigt.

    Erfolgt bei einem vor dem 1.1.2005 abgeschlossenen Versicherungsvertrag die Kapitalauszahlung erst nach Ablauf von zwölf Jahren seit Vertragsabschluss und erfüllt der Vertrag die weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der am 31.12.2004 geltenden Fassung, unterliegt die Kapitalauszahlung insgesamt nicht der Besteuerung.

    Wenn der Versicherungsvertrag nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurde, enthält die Mitteilung den positiven oder negativen Unterschiedsbetrag zwischen der Versicherungsleistung und der Summe der auf sie entrichteten Beiträge oder – wenn die Auszahlung erst nach Vollendung des 60. Lebensjahrs erfolgt und der Vertrag im Zeitpunkt der Auszahlung mindestens 12 Jahre bestanden hat – die Hälfte dieses Unterschiedsbetrags. Der bescheinigte Betrag unterliegt in diesem Umfang der Besteuerung. Für nach dem 31.12.2011 abgeschlossene Verträge ist grundsätzlich auf die Vollendung des 62. Lebensjahres abzustellen.

  3. Übrige Leistungen (§ 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG). Zu versteuern ist der Unterschiedsbetrag zwischen der ausgezahlten Leistung und den auf sie entrichteten Beiträgen.

6.4. Leistungen, die ausschließlich auf nicht geförderten Altersvorsorgebeiträgen beruhen

Hat der Stpfl. in der Ansparphase ausschließlich nicht geförderte Beiträge zugunsten eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags eingezahlt, gelten für die gesamte Auszahlungsleistung die obigen Ausführungen.

Die Auszahlung von Altersvorsorgeaufwendungen, die aus nicht geförderten Beiträgen stammen, stellt keine schädliche Verwendung i.S.v. § 93 EStG dar. Bei Teilauszahlungen aus einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag gilt das nicht geförderte Kapital als zuerst ausgezahlt.

6.5. Vertragswechsel

Dazu nimmt die FinVerw im BMF-Schreiben vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 151 bis 168 Stellung. Das BMF-Schreiben geht in den entsprechenden Rn. insbes. ein auf:

  • Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 55c EStG.

  • Besteuerung beim überlebenden Ehegatten/Lebenspartner.

  • Übertragung von ungefördertem Altersvorsorgevermögen.

6.6. Zusammenfassende Übersicht

Die folgende Übersicht zeigt die Besteuerung der Leistungen aus Altersvorsorgeverträgen nach § 22 Nr. 5 EStG

Abb.: Nachgelagerte Besteuerung nach § 22 Nr. 5 EStG

6.7. Wohnförderkonto

  • § 92a Abs. 2 EStG

  • BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 169 bis 189

Das Wohnförderkonto dient der Erfassung der Tilgungsbeiträge, die für eine eigengenutzte Wohnung vom Anleger aufgewendet wurden.

Das im Wohneigentum gebundene steuerlich geförderte Altersvorsorgekapital wird nach § 22 Nr. 5 EStG nachgelagert besteuert und zu diesem Zweck in einem vertragsbezogenen Wohnförderkonto (virtuelles Konto) erfasst (Altersvorsorgevertrag mit Wohnförderkonto). Es wird unabhängig vom Zeitpunkt der Eröffnung durch die ZfA geführt. Die ZfA hat die geförderten Tilgungsbeiträge, die hierfür gewährten Zulagen sowie den entnommenen Altersvorsorge-Eigenheimbetrag im Wohnförderkonto gesondert zu erfassen und teilt dem Anbieter des Altersvorsorgevertrags jährlich den Stand des Kontos nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung mit. Vgl. dazu BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 169.

7. Unschädliche und schädliche Verwendung von Altersvorsorgevermögen

7.1. Unschädliche Verwendung

Nach den Regelungen des AltZertG und des § 93 EStG darf Altersvorsorgevermögen nur unter bestimmten Voraussetzungen an den Zulagenberechtigten ausgezahlt werden:

frühestens

  • mit Vollendung des 62. Lebensjahres;

    oder

  • mit Beginn der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte;

    oder

  • mit Beginn einer Versorgung nach beamten- oder soldatenversorgungsrechtlichen Regelungen wegen Erreichens der Altersgrenze;

in monatlichen Leistungen in Form

  • einer lebenslangen gleichbleibenden oder steigenden monatlichen Leibrente (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 4 Buchst. a AltZertG) oder

  • eines Auszahlungsplans mit gleichbleibenden oder steigenden Raten und unmittelbar anschließender lebenslanger Teilkapitalverrentung spätestens ab dem 85. Lebensjahr des Zulageberechtigten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a AltZertG) oder

  • einer lebenslangen Verminderung des monatlichen Nutzungsentgeltes für eine vom Zulageberechtigten selbst genutzte Genossenschaftswohnung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b AltZertG) oder

  • einer zeitlich befristeten Verminderung des monatlichen Nutzungsentgeltes für eine vom Zulageberechtigten selbst genutzte Genossenschaftswohnung mit einer anschließenden Teilkapitalverrentung ab spätestens dem 85. Lebensjahr des Zulageberechtigten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. b AltZertG) oder

  • einer Hinterbliebenenrente (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AltZertG) oder

  • einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Dienstunfähigkeit (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AltZertG).

Nach § 93 Abs. 3 Satz 1 EStG sind auch Auszahlungen zur Abfindung einer Kleinbetragsrente keine schädliche Verwendung.

7.2. Schädliche Verwendung

Wann eine schädliche Verwendung vorliegt, klärt § 93 Abs. 1 EStG.

7.2.1. Fallgestaltungen

Folgende Fallgestaltungen können zu einer schädlichen Verwendung von gefördertem Altersvorsorgevermögen führen:

  • (Teil-)Kapitalauszahlung aus einem geförderten Altersvorsorgevertrag an den Zulageberechtigten während der Ansparphase oder nach Beginn der Auszahlungsphase (§ 93 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG), soweit das Kapital nicht als Altersvorsorge-Eigenheimbetrag (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 Buchst. c AltZertG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 EStG), im Rahmen einer Rente, eines Auszahlungsplans oder einer Verminderung des monatlichen Nutzungsentgeltes für eine vom Zulageberechtigten selbst genutzte Genossenschaftswohnung i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Buchst. a und b AltZertG oder als Abfindung einer Kleinbetragsrente ausgezahlt wird;

  • (Teil-)Kapitalauszahlung aus gefördertem Altersvorsorgevermögen bei einer externen Teilung (§ 14 VersAusglG) i.R.d. Versorgungsausgleichs, soweit das Kapital nicht unmittelbar zur Begründung eines Anrechts in einem Altersvorsorgevertrag oder in einer nach § 82 Abs. 2 EStG begünstigten betrieblichen Altersversorgung (einschließlich Versorgungsausgleichskasse) verwendet wird;

  • Weiterzahlung der Raten oder Renten aus gefördertem Altersvorsorgevermögen an die Erben im Fall des Todes des Zulageberechtigten nach Beginn der Auszahlungsphase (§ 93 Abs. 1 Satz 2 EStG), sofern es sich nicht um eine Hinterbliebenenversorgung i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AltZertG handelt (§ 93 Abs. 1 Satz 4 Buchst. a EStG);

  • (Teil-)Kapitalauszahlung aus gefördertem Altersvorsorgevermögen im Fall des Todes des Zulageberechtigten an die Erben (§ 93 Abs. 1 Satz 2 EStG).

7.2.2. Rechtsprechung

Mit Urteil vom 16.12.2020 (X R 21/19, BStBl II 2021, 527) nahm der BFH Stellung zur schädlichen Verwendung von Altersvorsorgevermögen aufgrund eines Fehlers des Anbieters.

Leitsatz

Eine förderschädliche Auszahlung von Altersvorsorgevermögen liegt aufgrund der gebotenen objektiven Betrachtungsweise vor, wenn der Anbieter Zahlungen entgegen den in § 93 Abs. 1 Satz 1 EStG genannten Voraussetzungen – wenn auch irrtümlich – vorgenommen hat.

Sachverhalt

Streitig ist, ob ein Fehlverhalten des Anbieters eines Altersvorsorgevertrages dem Vorsorgesparer zuzurechnen ist, wenn er ohne dessen entsprechende Anweisung handelte: Die Klägerin unterhielt einen (zertifizierten) Altersvorsorgevertrag bei der Anbieterin von Altersvorsorgeverträgen. Sie beantragte bei der Beklagten, der Deutschen Rentenversicherung Bund, ZfA, die Verwendung des im Altersvorsorgevertrag gebildeten Kapitals zur Tilgung des Immobilien-Darlehens.

Irrtümlich sandte die Anbieterin anschließend eine Meldung an die ZfA, wonach über das Guthaben des Altersvorsorgevertrages schädlich verfügt worden sei. Die ZfA bestätigte diese Meldung durch eine Mitteilung unter der Bezeichnung »ZA06«. Die Anbieterin ihrerseits wertete dies als Mitteilung i.S.d. § 92b Abs. 1 Satz 3 EStG und zahlte das Guthaben auf das Darlehenskonto der Klägerin bei der Bank, allerdings nach Abführung der Zulagen und eines nach § 10a Abs. 4 EStG festgestellten Betrags.

Den Antrag der Klägerin auf Gestattung der wohnungswirtschaftlichen Verwendung lehnte die ZfA daraufhin ab und erließ gleichzeitig einen Bescheid über die Festsetzung des Rückzahlungsbetrags (§ 94 Abs. 2 Satz 1 EStG), da die Klägerin eine weitere Zahlung an die ZfA zu leisten habe.

Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe

Der Erlass eines Bescheides über die Festsetzung des Rückzahlungsbetrags nach § 94 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 EStG war rechtmäßig. Die auf das im Rahmen der schädlichen Verwendung (§ 93 Abs. 1 Satz 1 EStG) ausgezahlte geförderte Altersvorsorgevermögen entfallenden Zulagen und die nach § 10a Abs. 4 EStG gesondert festgestellten Beträge sind teilweise nicht zurückgezahlt worden. Der Erlass eines Rückforderungsbescheides setzt gem. § 94 Abs. 1 Satz 1 EStG u.a. die schädliche Verwendung des Altersvorsorgevermögens i.S.d. § 93 Abs. 1 EStG voraus. Dies ist hier der Fall, da die Anbieterin das Bausparguthaben nicht unter den hier allein relevanten Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 Buchst. c AltZertG ausgezahlt hat.

7.2.3. Folgen

7.2.3.1. Rückzahlung der Förderung

In Fällen der schädlichen Verwendung sind die während der Ansparphase gewährten Altersvorsorgezulagen und die nach § 10a Abs. 4 EStG gesondert festgestellten Beträge (Rückzahlungsbetrag) zurückzuzahlen (§ 93 Abs. 1 Satz 1 EStG).

Vgl. dazu BMF vom 5.10.2023 (BStBl I 2023, 1726), Rn. 218.

7.2.3.2. Besteuerung nach § 22 Nr. 5 EStG

Die Rückzahlung des gekündigten Altersvermögens ist wie folgt nach § 22 Nr. 5 Satz 2 und 3 EStG zu versteuern:

Altersvorsorgevermögen ./. Zulagen = ausgezahlter Betrag ./. Eigenbeiträge = verbleibender Betrag = Vermögenserträge und Wertsteigerungen. Dieser verbleibende Betrag ist nach § 22 Nr. 5 Satz 3 EStG in voller Höhe als sonstige Einkünfte zu versteuern (→ Besteuerung von Versorgungsleistungen). Ein besonderer Tarif ist für diese Einkünfte nicht vorgesehen. Der Versicherungsanbieter hat dem Stpfl. nach Ablauf des Kj. den zu versteuernden Betrag mitzuteilen (§ 22 Nr. 5 Satz 7 EStG).

Beispiel 8:

Der Stpfl. hat zugunsten eines Altersvorsorgevertrages ausschließlich geförderte Beiträge i.H.v. 38 000 € eingezahlt. Nach einer Kündigung soll das Altersvorsorgevermögen i.H.v. 55 000 € in einer Summe ausgezahlt werden (schädliche Verwendung). Dem Vertrag wurden Zulagen i.H.v. insgesamt 3 500 € gutgeschrieben. Die Steuerermäßigungen nach § 10a EStG wurden i.H.v. 5 000 € festgestellt.

Lösung 8:

Die zentrale Stelle teilt dem Versicherungsanbieter den vom auszuzahlenden Altersvorsorgevermögen i.H.v. 55 000 € einzubehaltenden Rückzahlungsbetrag mit (§ 94 Abs. 1 EStG). Dieser Rückzahlungsbetrag setzt sich aus der Zulage i.H.v. 3 500 € und dem Steuervorteil i.H.v. 5 000 € zusammen und beträgt somit insgesamt 8 500 €. Der Auszahlungsbetrag beträgt 46 500 €. Das Altersvorsorgevermögen i.H.v. 55 000 € gekürzt um die Zulagen i.H.v. 3 500 € ergibt die Leistung i.S.d. § 22 Nr. 5 Satz 3 EStG i.H.v. 51 500 €. Diese Leistung gekürzt um die Eigenbeträge i.H.v. 38 000 € ergibt den zu versteuernden Betrag i.H.v. 13 500 €. Dieser Betrag ist nach § 22 Nr. 5 Satz 2 Buchst. c EStG in vollem Umfang zu versteuern.

8. Literaturhinweise

Kußmaul u.a., Günstigerprüfung bei der »Rürup-Rente«, Günstigerprüfung bei der »Riester-Rente« und Günstigerprüfung beim Kindergeld im Zusammenspiel, Steuer & Studium 2008, 44; Gunsenheimer, Die steuerliche Förderung der Riester-Rente, Steuer & Studium 2008, 470; Weißflog, Die »Riester-Förderung«, Steuer & Studium 2010, 629; Myßen u.a., Steuerlich geförderte private Altersvorsorge und betriebliche Altersversorgung, NWB 2010, 2050; Myßen u.a., Grundzüge der Riester-Förderung, NWB 2011, 4304; Schrehardt, Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge und der betrieblichen Altersversorgung, DStR 2013, 2489; Myßen u.a., AltvVerbG: Mehr Transparenz bei geförderten Altersvorsorgeprodukten, NWB 2013, 2062; Myßen u.a., Basisvorsorge im Alter und Wohn-Riester, NWB 2013, 1977; Herrmann, Riester-Rente und Sonderausgabenabzug, NWB 2014, 748; Myßen u.a., Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge, DB 2014, 617; Emser u.a., Steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge – Die Neuregelungen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes, NWB 33/2017, 2490.

9. Verwandte Lexikonartikel

Besteuerung von Versorgungsleistungen

Betriebliche Altersversorgung

Eigenheimrentengesetz

Förderung von Wohneigentum

Fristen und Termine

Kinder

Kinderfreibetrag

Kindergeld

Sonderausgaben

Sonstige Einkünfte

Vorsorgeaufwendungen/Altersvorsorgeaufwendungen

 

Redaktioneller Hinweis:© Schäffer-Poeschel Verlag für Wirtschaft, Steuern, Recht, Stuttgart.

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